06.06.2017

Hände weg vom Zahngold

Wie schrieb schon Goethe im Faust so treffend: „Nach dem Golde drängt, am Golde hängt doch alles. Ach wir Armen!“ Auch Krematoriumsmitarbeiter können oftmals der Verlockung nicht widerstehen und nehmen das Zahngold der Verstorbenen an sich. Dürfen sie das? Mit dieser Frage beschäftigen sich immer wieder die Gerichte. Hier ein abgewandelter Fall aus der Praxis.

Zahngold

Strafbar oder nicht?

Ein Krematorium, eine Anstalt öffentlichen Rechts, sammelte die Edelmetalle aus der Kremationsasche. Es hatte seinen Angestellten mitgeteilt, dass es die von ihnen gefundenen Stücke als sein Eigentum betrachte. Ein Mitarbeiter steckte jedoch das Zahngold lieber selbst ein, was ihm über die Jahre ein hübsches sechsstelliges Sümmchen einbrachte. Sein Arbeitgeber zeigte ihn an.

Der Mitarbeiter ist verurteilt worden,

  • wegen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall. Wird beim Verbrennen die Verbindung von Zahngold und Körper aufgehoben, kann Eigentum am Edelmetall erworben werden. Vorrangig haben die Erben und totensorgeberechtigten Angehörigen das Recht dazu. Üben sie es nicht aus, kann das Krematorium aber nicht davon ausgehen, dass sie damit einverstanden sind, dass es sich die „Werte“ aneignet. Der Mitarbeiter hat zwar das Gold in seine Tasche gesteckt und mit nach Hause genommen, aber es stand nicht, wie er dachte, im Eigentum des Krematoriums (§ 958 Abs. 2 BGB), sondern war herrenlos. Daher lag nur ein untauglicher Versuch des Diebstahls vor.
  • wegen Verwahrungsbruchs, weil der Mitarbeiter Edelmetalle aus Kremationsrückständen, die sich in dienstlicher Verwahrung befanden, der dienstlichen Verfügung entzog (§ 133 Abs. 1 StGB).
  • wegen Störung der Totenruhe. Zur Asche im Sinne des § 168 StGB gehören sämtliche nach der Einäscherung verbleibenden Rückstände, das heißt auch die vormals fest mit dem Körper verbundenen nicht verbrennbaren Rückstände wie das Zahngold. Der Mitarbeiter hat die Asche unbefugt aus dem Gewahrsam der Berechtigten weggenommen. Berechtigte waren sowohl die totensorgeberechtigten nächsten Angehörigen als auch der Krematoriumsbetreiber aufgrund seiner hoheitlichen Aufgabe, die Feuerbestattung durchzuführen.

(s.a. OLG Hamburg, Beschluss vom 19.12.2011 – 2 Ws 123/11; BGH, Beschluss vom 30.06.2015 – 5 StR 71/15)

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Autor*in: Astrid Hedrich (Rechtsanwältin und Dozentin in Augsburg. Beschäftigt sich mit Wirtschaftsrecht.)