Eingruppieren nach TVöD?
Mit dem Inkrafttreten der Entgeltordnung für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber (TVöD-VKA) wurde die Eingruppierung der Beschäftigten auf eine völlig neue Rechtsgrundlage gestellt. Ziel der Tarifreform vom BAT zum TVöD war es, die Eingruppierung zu vereinfachen. Der BAT war nämlich im Laufe der Jahre zu einem ziemlich undurchschaubaren Vergütungssystem geworden.
Vom BAT zum TVöD: Eine ziemlich langwierige Sache
Obwohl der TVöD bereits 2005 abgeschlossen wurde, trat die neue Entgeltordnung erst 2017 – also 12 Jahre später – in Kraft. Die Stellen wurden deshalb bis 31.12.2016 weiterhin nach den Merkmalen der Entgeltordnung des BAT bewertet. Erst seit der Überleitung am 01.01.2017 wurden die Merkmale der neuen Entgeltordnung zugrunde gelegt.
Grundsätzlich: Was ist anders, was ist neu?
An die Stelle der Regelungen nach dem altehrwürdigen, sozialorientierten BAT (mit seiner Vergütungsordnung) sind die neuen Bestimmungen des TVöD-VKA mit seiner neuen, eher leistungsorientierten Entgeltordnung getreten. Statt nach Dienstalter und Familienstand wird nun nach Erfahrungen und Leistung der Beschäftigten bezahlt.
Verändert sich eine Tätigkeit nicht, gibt es praktisch keine Bewährungs-, Zeit- und Tätigkeitsaufstiege mehr. Ein Aufstieg in eine höhere Entgeltgruppe ist nur dann möglich, wenn sich die Tätigkeit auf Dauer ändert. Dies kann z.B. von Gesetzen, Tarifverträgen oder Richtlinien ausgelöst werden, ohne dass sich die Arbeit aufgrund von Programmen oder neuen Arbeitsstrukturen verändert hat. In der Praxis verbleiben dadurch viele Beschäftigte lebenslang in derselben Entgeltgruppe.
Die neue Entgeltordnung gilt für die ehemaligen Angestellten genauso wie für Arbeiter und Pflegebeschäftigte. Allerdings ergänzen die landesbezirklichen Tarifverträge bei den Arbeitern nach wie vor die neue Entgeltordnung.
Die Vergütung: Jetzt einheitlich geregelt
Mit dem TVöD gelten nun drei einheitliche Entgelttabellen für alle Tarifbeschäftigten:
- Entgelttabelle für Beschäftigte des Bundes
- Entgelttabelle für Beschäftigte der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA)
- Entgelttabelle für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst
Es gibt jeweils 15 Entgeltgruppen (Entgeltgruppe 1 bis 15), 2 Grundstufen (1 und 2) und 4 Entwicklungsstufen (3 bis 6). Der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe erfolgt in der Regel nach der Dauer der Berufserfahrung bei dem gleichen Arbeitgeber. Durch dieses Prinzip sollen jüngere Beschäftigte zunächst ein relativ höheres Entgelt erzielen und Ältere dann ein entsprechend geringeres als im früheren BAT.
Konkret läuft der Aufstieg so ab:
- Neu eingestellte Beschäftigte erhalten Stufe 1.
Bei mehrjähriger Berufserfahrung können sie auch bis Stufe 3 zugeordnet werden. - Aufstieg von Grundstufe 1 auf 2 nach 1 Jahr.
- Aufstieg von Stufe 2 auf 3 nach weiteren 2 Jahren.
- Aufstieg von Stufe 3 auf 4 nach weiteren 3 Jahren, usw.
Ab Stufe 3 kann die Dauer der Aufstiegszeiten leistungsbezogen verlängert oder verkürzt werden. - Die höchste Stufe 6 wird also nach fünf Jahren in Stufe 5 erreicht.
- In den Entgeltgruppen 9 bis 15 findet die Erfahrungsstufe 6 nur Anwendung für Beschäftigte der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Für Beschäftigte des Bundes und der Länder endet der Aufstieg mit der Erfahrungsstufe 5.
Ein Beschäftigter, der nach dem 01. Oktober 2005 neu eingestellt wurde und immer in der gleichen Entgeltgruppe bleibt, benötigt also 15 Jahre, um von der Grundstufe 1 in die Erfahrungsstufe 6 zu kommen.
Konsequenzen für die Praxis: Seit 01.01.2017 muss nach der vorher festgelegten Frist nicht mehr geprüft werden, ob sich der Beschäftigte in seiner Vergütungsgruppe bewährt hat und damit in eine höhere Vergütungsgruppe aufsteigen kann – denn dies wurde bereits in die zu erfüllenden Tätigkeitsmerkmale der neuen Entgeltgruppen miteinbezogen. Für viele Beschäftigte ergibt sich dadurch bei gleicher Tätigkeit und damit der Erfüllung der gleichen Tätigkeitsmerkmale nach dem TVöD eine bessere Eingruppierung als vorher!
Besonderheiten & Ausnahmen: Hauptsächlich im Arbeiterbereich
Im TVöD gibt es den „besonderen Teil“. Hier findet man spezielle Regelungen für den Sozial- und Erziehungsdienst, für Pflege- und Betreuungseinrichtungen, für das Pflegepersonal und den Bereich der Sparkassen. Geregelt werden hier u.a. Arbeitszeiten, Entgelt-Gruppierungen, Kündigungsfristen, Urlaubstage, u.v.m.
Anders ist auch, dass die Verschwiegenheitspflicht nun über das Arbeitsverhältnis hinaus gilt, und dass eine entgeltliche Nebentätigkeit dem Arbeitgeber rechtzeitig schriftlich mitzuteilen ist. Neu aufgenommen wurde außerdem die Personalgestellung. Sie gilt immer dann, wenn ein Beschäftigter auf Dauer bei einem Dritten arbeitet.
Eine große Ausnahme bildet der Tätigkeitsbereich der Arbeiter, die bis 31.12.2016 im Bereich der Kommunen nach dem BMT-G II bewertet wurden. Neben den Tarifvorschriften des BMT-G II waren hier die Tarifregelungen der landesrechtlichen Lohngruppenverzeichnisse maßgeblich.
In die neue Entgeltordnung wurden zwar die „Allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 2 bis 9a für handwerkliche Tätigkeiten“ mit einbezogen. Allerdings waren sich die Tarifpartner bei den bisherigen Tarifverhandlungen einig, dass auch weiterhin die landesrechtlichen Lohngruppenverzeichnisse für die konkrete Eingruppierung im Arbeiterbereich gelten sollen.
Das bedeutet:
- Für die handwerklichen Tätigkeiten gelten für die Eingruppierung auf Länderebene auch nach Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung VKA weiterhin die landesrechtlichen Bezirkstarifverträge (Lohngruppenverzeichnisse). Das sind z.B. in Bayern die Bezirkstarifverträge Nr. 2 für Arbeiter der Städte und Gemeinden und Nr. 12 für Straßenbauarbeiter der bayerischen Landkreise.
- Die in den bisher abgeschlossenen Lohngruppenverzeichnissen vereinbarten Beispiele, die „Ferner“-Merkmale und Ausschließlichkeitsmerkmale sind weiterhin nach der Anlage 3 zum TVÜ-VKA den Entgeltgruppen des TVöD zuzuordnen. Nur die bisherigen Oberbegriffe der Lohngruppenverzeichnisse werden durch die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für die Entgeltgruppe 2 bis 9a (handwerkliche Tätigkeiten) ersetzt.
Wie lange wird es noch bei dieser komplizierten Vorgehensweise bleiben?
Fakt ist, dass die bestehenden Merkmale in den Lohngruppenverzeichnissen nun schon seit Jahrzehnten nicht mehr überarbeitet wurden. Nach Meinung der Tarifvertragspartner sollten diese längst der Realität angepasst werden: Die gewachsenen Anforderungen bei alten Tätigkeitsmerkmalen müssen nachvollzogen bzw. neue Tätigkeitsfelder im Arbeiterbereich angemessen tariflich erfasst werden.
Bis heute wurden allerdings noch keine aktuellen Lohngruppenverzeichnisse auf Landesebene vereinbart. Damit bleibt es weiterhin bei der Verpflichtung für die kommunalen Arbeitgeber, die Stellen im Arbeiterbereich sowohl nach den Oberbegriffen der Tätigkeitsmerkmale für handwerkliche Tätigkeiten (in der neuen Entgeltordnung) als auch nach den „alten“ Lohngruppenverzeichnissen auf Landesebene zu bewerten. Man kann nur hoffen, dass sich diese Situation bald ändert!
Konkret: In 5 Schritten zur richtigen Eingruppierung nach TVöD
Voraussetzung, um einen Arbeitsplatz richtig bewerten zu können, ist eine Stellen- oder Arbeitsplatzbeschreibung. Diese zeigt Im Idealfall, welche Arbeitsvorgänge der Stelleninhaber tatsächlich nach seinem Arbeitsvertrag zu erledigen hat. Am besten ist es, wenn die Arbeitsvorgänge nach Zeitanteilen aufgeschlüsselt sind. Außerdem sollte die Stellenbeschreibung zeigen,
- welchen Schwierigkeitsgrad die einzelnen Tätigkeiten haben,
- wie groß das Maß an selbstständigen Leistungen ist und
- wie hoch der Umfang der für die Tätigkeiten erforderlichen Fachkenntnisse ist.
Tipp
Um eine Stellenbeschreibung richtig zu erstellen, beginnen Sie am besten mit Arbeitsaufzeichnungen. Dabei erfasst der zu bewertende Mitarbeiter ca. 4 Wochen lang seine Arbeitsvorgänge – exakt, vollständig und mit Zeitanteil. Damit
kann der Arbeitsplatz optimal bewertet werden!
Schritt 1: Richtige Entgeltgruppe finden
Dazu vergleichen Sie die auszuübende Tätigkeit laut Arbeitsvertrag mit dem maßgeblichen Teil der Entgeltordnung.
Schritt 2: Prüfen, ob ein Funktionsmerkmal vorliegt
Funktionsmerkmal heißt, dass die Tätigkeit in der Entgeltordnung ausdrücklich genannt ist und keine unbestimmten Rechtsbegriffe wie z.B. gründliche und vielseitige Fachkenntnisse oder selbstständige Leistungen beinhaltet. Liegt ein Funktionsmerkmal vor, wird die Entgelt-und Fallgruppe einfach abgelesen. Fertig! Das Tätigkeitsmerkmal spiegelt die Tätigkeit laut Arbeitsvertrag genau wieder.
Ca. 50 % aller Eingruppierungen werden davon in der Praxis erfasst!
Möglich ist dieses Vorgehen z.B. für diese Mitarbeiter:
-
Beschäftigte in Kassen, die verantwortlich Personen- oder Sachkonten führen und verwalten = Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 1 Teil B Besonderer Teil Abschnitt XIII (Beschäftigte im Kassen-und Rechnungswesen) der Entgeltordnung
-
Erzieherinnen/Erzieher mit entsprechender Tätigkeit = Entgeltgruppe S 8, einzige Fallgruppe Teil B Besonderer Teil Abschnitt Nr. XXIV (Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst) der Entgeltordnung
-
Ingenieurinnen und Ingenieure mit entsprechender Tätigkeit = Entgeltgruppe 10, einzige Fallgruppe Teil A Allgemeiner Teil Abschnitt II Nr. 3 (Ingenieure und Ingenieurinnen) der Entgeltordnung
-
Pflegehelferinnen und Pflegehelfer mit entsprechender Tätigkeit = Entgeltgruppe P 5 einzige Fallgruppe Teil B Besonderer Teil Abschnitt Nr. XI Nr. 1 (Beschäftigte in der Pflege)
Schritt 3: Klären, ob ein allgemeines Tätigkeitsmerkmal oder ein Funktionsmerkmal mit unbestimmten Rechtsbegriffen vorliegt
Ist die Tätigkeit laut Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich in der Entgeltordnung zu finden oder nur im Zusammenhang mit unbestimmten Rechtsbegriffen (schwierige Tätigkeit, selbstständige Leistungen), dann wird sie einem allgemeinen Tätigkeitsmerkmal oder einem Funktionsmerkmal mit unbestimmten Rechtsbegriffen zugeordnet. Es bewertet die Qualität der Arbeitsleistung und ermöglicht so eine Zuordnung zu unterschiedlich hohen Entgeltgruppen – allerdings ist diese Form der Eingruppierung in der Praxis sehr schwierig.
Beispieltätigkeiten
Beschäftigte im Bauamt, Beihilfesachbearbeiter, Chefsekretär, Personalsachbearbeiter oder Sachbearbeiter Kassen- und Mahnwesen
Typischer Fall
Ein Mitarbeiter arbeitet in einer Kasse mit verantwortlicher Sachkontenführung und ist in Entgeltgruppe 5 eingruppiert. Durch Gesetzesänderungen bei der Auszahlung der Sozialhilfe fallen seit einiger Zeit neue, umfangreiche, schwierige buchhalterische Tätigkeiten an. Die neuen Arbeitsaufgaben, die das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 6 erfüllen, sind dem Beschäftigten „zugewachsen“. Da der Mitarbeiter nun zusätzlich besonders schwierige, selbstständige Leistungen erbringt, ist zu prüfen, ob eine höhere Entgeltgruppe gerechtfertigt ist.
Für einfachste Tätigkeiten gibt es Entgeltgruppe 1, wer gründliche Fachkenntnisse hat, bekommt die 5, wer gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen bringt, erhält Entgeltgruppe 9b. Wird die entsprechende Tätigkeit zu 100 % ausgeübt, bekommt der Beschäftigte das entsprechende Entgelt.
In der Praxis tritt dieser Fall aber selten ein. Meistens liegen sogenannte „Mischtätigkeiten“ vor, dann müssen Sie Schritt 4 berücksichtigen.
Schritt 4: Untersuchen, ob Mischtätigkeiten vorliegen
Werden Tätigkeiten nicht zu 100 % ausgeübt, spricht man von Mischtätigkeiten. Da aber keine Mischbezüge gezahlt werden, gilt das „Hälfteprinzip“. Das bedeutet, dass 50 % der höherwertigen Anforderungen genügen, um eine 100%ige Eingruppierung in der höheren Gruppe zu erhalten.
Beispiel
Ein Personalsachbearbeiter übt zu 50 % seiner gesamten Arbeitszeit eine Tätigkeit aus, die der Entgeltgruppe 8 entspricht, und zu 50 % seiner Arbeitszeit eine Tätigkeit, die der Entgeltgruppe 9b entspricht. Nach dem Hälfteprinzip wird der Personalsachbearbeiter in die Entgeltgruppe 9b eingruppiert und bekommt zu 100 % die Bezüge aus der Entgeltgruppe 9b.
Schritt 5: Arbeitsvorgänge den Anforderungsmerkmalen zuordnen
Jetzt teilen Sie die einzelnen Arbeitsvorgänge (also Einzeltätigkeiten) nach Anforderungsmerkmalen (Qualitätsmerkmale), Entgeltgruppe und Fallgruppe ein. Denn Arbeitsvorgänge unterscheiden sich von ihren Anforderungen und ihrer Qualität und sind daher unterschiedlich zu bewerten und damit auch unterschiedlich zu bezahlen.
Beispiel
Wenn Sie prüfen, welche Entgeltgruppe (EG) maßgebend ist, beginnen Sie immer mit der höchsten. Nehmen wir an, der Mitarbeiter erbringt Leistungen, die in EG 11 zugeordnet werden können. Allerdings kommt eine Eingruppierung in diese Entgeltgruppe nicht infrage, da dieser Arbeitsvorgang nicht mindestens die Hälfte (50 %) der gesamten Arbeitszeit in Anspruch nimmt; diese Qualitätsanforderung (besondere Schwierigkeit und Bedeutung) erreicht nur 13 %.
Auch eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9c kommt nicht in Betracht, da auch hier keine 50 % der gesamten Arbeitszeit vorliegen, sondern nur 20 %. Zwar müssen hier 13 % der Entgeltgruppe 11 hinzugerechnet werden, weil sie ja die Qualitätsanforderungen von EG 9c erfüllen, aber auch dann werden die maßgeblichen 50 % der gesamten Arbeitszeit nicht erreicht, sondern nur 33 %.
Da auch die EG 9c nicht zutrifft, müssen Sie mit der Prüfung wiederum in der nächstniedrigeren Entgeltgruppe fortfahren, das ist die EG 9a. Neben den 34 % aus den Tätigkeiten 2 und 3 (8 % und 26 %) müssen noch die 20 % aus der EG 9c und die 13 % aus der EG 11 hinzugerechnet werden. Damit sind die maßgeblichen 50 % (über-)erfüllt.
Fazit: Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9a