Häufige Fehler bei Nachträgen nach VOB
Macht der Auftragnehmer im Zusammenhang mit Nachträgen Fehler, so führt dies im günstigsten Fall nur zu einer zeitlichen Verzögerung, im schlimmsten Fall zum völligen Verlust der Vergütungsansprüche. Deshalb sollten Sie sich als Auftragnehmer über die Folgen informieren.
Der Auftragnehmer kennt den Unterschied zwischen einer Anordnung und einem Auftrag nicht
Vielen Auftragnehmern ist der Unterschied zwischen einer Anordnung (§ 2 Abs. 5 und § 2 Abs. 6 VOB/B) und einem Auftrag nicht klar.
Auftrag: Erteilt der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf Basis eines Angebots einen Auftrag, dann kommt damit ein Vertrag zustande. Die Parteien einigen sich darauf, dass der Auftragnehmer eine Bauleistung zu einem bestimmten oder bestimmbaren Preis ausführen soll. Bei einem Auftrag geht es also um beiderseitige Erklärungen der Vertragsparteien, in deren Ergebnis ein (vergütungspflichtiger) Vertrag geschlossen wird.
Anordnung: Dabei handelt es sich um eine einseitige Erklärung des Auftraggebers. Der Auftraggeber ordnet z.B. an, dass eine ganz bestimmte Bauleistung ausgeführt werden soll. Über die Vergütung dieser Leistung ist mit der Anordnung allein noch nichts gesagt.
Die Unterscheidung zwischen Auftrag und Anordnung ist insbesondere für die Frage der Vergütung wichtig.
Der Auftragnehmer ist der Meinung, er erhalte eine Vergütung nur für beauftragte Leistungen
Eine der Besonderheiten eines VOB/B-Vertrags besteht darin, dass der Auftragnehmer auch Leistungen ausführen muss, die vom Auftraggeber angeordnet wurden. Der Auftraggeber kann Leistungen beim VOB/B-Vertrag einseitig anordnen. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die Bauleistungen (nach Maßgabe der §§ 1 Abs. 3 und 1 Abs. 4 VOB/B) auszuführen.
Wenn aber eine Partei eine Leistung einseitig anordnen kann, dann muss der anderen Partei gezwungenermaßen das Recht zustehen, dafür eine Vergütung zu verlangen. Dieses Recht ist in den §§ 2 Abs. 5 und 2 Abs. 6 VOB/B für den Auftragnehmer verbrieft. Es besteht also ein Automatismus: Ordnet der Auftraggeber eine Änderungsleistung oder eine zusätzliche Leistung an, dann muss er sie auch vergüten.
Dagegen hängt ein Vergütungsanspruch des Auftragnehmers bei einem VOB/B-Vertrag nicht davon ab, dass auch ein Vertrag über die Nachtragsleistung zustande kommt. Insbesondere bedarf es keines „Auftrags“ des Auftraggebers. Eine bloße Anordnung genügt.
Der Auftragnehmer dokumentiert die Anordnung des Auftraggebers nicht
Der Auftraggeber kann Nachtragsleistungen in jeder erdenklichen Form anordnen, etwa schriftlich, in Form von Plänen oder mündlich.
Ergibt sich die Anordnung des Auftraggebers aus einem Schriftstück oder einem Plan, so kann sie später im Streitfall relativ einfach bewiesen werden. Zu Problemen kommt es dagegen, wenn der Auftraggeber eine Anordnung nur mündlich ausgesprochen hat und sich später im Streitfall daran nicht mehr erinnern möchte. Kann aber der Auftragnehmer eine (mündliche) Anordnung nicht beweisen, so läuft er Gefahr, seinen Vergütungsanspruch für den Nachtrag nicht durchsetzen zu können. Dann nämlich steht vor Gericht häufig Aussage gegen Aussage.
Da der Auftragnehmer die Anordnung beweisen müsste, wird er insoweit im Prozess unterliegen. Bei technisch zwingend notwendigen Nachtragsleistungen könnte sich der Auftragnehmer zwar noch auf die Regelung des § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B stützen. Indes ist auch dies nicht unproblematisch, da Vergütungsansprüche hier nur bei technisch zwingend notwendigen Vorleistungen in Betracht kommen, die im mutmaßlichen Interesse des Auftraggebers lagen.
Der Auftragnehmer sollte sich niemals auf eine Zeugenaussage oder Ansprüche nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B verlassen. Vielmehr muss er von Beginn an darauf achten, dass er die mündliche Anordnung des Auftraggebers beweisen kann. Dazu stehen grundsätzlich mehrere Wege zur Verfügung:
- Der Auftragnehmer bittet den Auftraggeber, die mündlich erteilte Anordnung noch einmal schriftlich zu wiederholen, etwa in Form eines Anschreibens oder eines Protokolls.
- Der Auftragnehmer notiert die mündliche Anordnung selbst in einem Protokoll und lässt dieses vom Auftraggeber gegenzeichnen, oder
- der Auftragnehmer bedient sich eines sog. kaufmännischen Bestätigungsschreibens.
Für die Baupraxis ist insbesondere der dritte Weg besonders geeignet. Solange der Auftraggeber kein privater Bauherr ist, kann der Auftragnehmer auf die Grundsätze des sog. kaufmännischen Bestätigungsschreibens zurückgreifen. Das bedeutet, dass er dem Auftraggeber zeitnah (innerhalb von ein bis zwei Tagen) schriftlich die mündlich erteilte Anordnung bestätigen kann.
Wenn der Auftraggeber dann der Bestätigung nicht innerhalb einer kurzen Frist (drei bis fünf Werktage) widerspricht, dann gilt der Inhalt des Bestätigungsschreibens als richtig. Der Auftraggeber kann sich dann später nicht darauf berufen, die Anordnung hätte es niemals gegeben.
Als Auftragnehmer sollten Sie besonders darauf achten, dass Sie den Zugang des kaufmännischen Bestätigungsschreibens auch beweisen können (z.B. durch Versendung als Einwurf-Einschreiben oder durch Empfangsquittung).
Der Auftragnehmer vertraut auf Anordnungen bzw. Aufträge des Architekten
Ein Architekt oder Fachingenieur hat regelmäßig keine Vollmacht, den Auftraggeber bei der Anordnung oder Beauftragung von Nachtragsleistungen zu vertreten, soweit diese zu Mehrkosten führen. Die Vollmacht des Architekten endet am Portemonnaie des Auftraggebers. Sollte also eine Anordnung des Architekten zu Vergütungsansprüchen des Auftragnehmers führen, so erfolgt die Anordnung grundsätzlich vollmachtslos. Der Auftraggeber ist an die Anordnung nicht gebunden. Er muss die Nachtragsleistung grundsätzlich nicht vergüten.
Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Auftraggeber das Verhalten des Architekten auf der Baustelle duldet. Das ist der Fall, wenn der Auftraggeber weiß oder jedenfalls ernsthaft damit rechnet, dass der Architekt auf der Baustelle Nachtragsleistungen anordnet. Das kann sich z.B. aus Baubesprechungsprotokollen ergeben, von denen der Auftraggeber eine Durchschrift erhält. Schreitet der Auftraggeber nicht ein, so kann das dazu führen, dass der Architekt letztendlich doch als bevollmächtigt gilt, nämlich nach den Grundsätzen der Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht. Im Ergebnis muss dann der Auftraggeber Nachtragsleistungen bezahlen, die er an sich gar nicht wünschte.
Bei einem Pauschalvertrag kommen angeblich keine Nachträge in Betracht
Auftraggeber vertreten immer wieder die Ansicht, bei einem Pauschalvertrag könne der Auftragnehmer entweder gar keine Nachträge geltend machen oder nur in sehr beschränktem Umfang. Davon lassen sich Auftragnehmer häufig beeinflussen. Zu Unrecht:
Ordnet der Auftraggeber eine Leistung an, die entweder im Vertrag anders oder gar nicht vorgesehen war, dann steht dem Auftragnehmer bei Mehrkosten ein Vergütungsanspruch zu (§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B). Das gilt auch beim Pauschalvertrag, und zwar sowohl beim Detail- als auch beim Global-Pauschalpreisvertrag (§ 2 Abs. 7 Nr. 2 VOB/B).
Mit dem Pauschalpreis sind nämlich nicht alle erdenklichen Leistungen abgegolten. Auch beim Pauschalvertrag ist entscheidend, wovon die Parteien im Moment des Vertragsabschlusses ausgegangen sind, was also Bausoll war.
Beispiel
Der Auftragnehmer soll eine Lüftungsanlage für ein Bistro errichten. Es handelt sich um einen Global-Pauschalpreisvertrag, eine detaillierte Planung des Auftraggebers existiert nicht. Im Vertrag heißt es, die Anlage sei „je nach Erfordernis“ zu bauen. Zum Zeitpunkt der Auftragserteilung ist vorgesehen, das Bistro mit getrennten Küchen- und Gasträumen zu betreiben. Nach Vertragsabschluss ändert der Auftragnehmer sein Nutzungskonzept. Er plant nunmehr eine Showküche mitten im Gastraum. Die Lüftungsanlage muss deshalb völlig neu konzipiert werden. Der Auftraggeber meint, ein Nachtrag käme nicht in Betracht, da auch die neue Lüftungsanlage der Formulierung „je nach Erfordernis“
Der Auftraggeber verkennt aber: Selbst bei einem Global-Pauschalpreisvertrag darf der Auftragnehmer seine Leistungen natürlich auf Basis der Angaben des Auftraggebers bei Vertragsabschluss kalkulieren. Ändert der Auftraggeber seine Planung – oder fordert er zusätzliche Leistungen –, so kommt ein Nachtrag in Betracht. Das gilt bei einem Detail-Pauschalvertrag erst recht.
Komplettheitsklauseln sind häufig unwirksam
In vielen Verträgen befindet sich eine Klausel, nach der der Auftragnehmer die Bauleistung „vollständig, mangelfrei und funktionstüchtig“ zu erstellen habe und dabei auch sämtliche Leistungen schulde, die zur Erreichung dieses Ziels notwendig seien. Das gelte insbesondere auch für solche Leistungen, die in den Vertragsunterlagen „nicht ausdrücklich genannt“
Ziel solcher Klauseln ist es, dem Auftragnehmer auch solche Leistungen abzuverlangen, die zwar im Leistungsverzeichnis nicht genannt sind, aber zur funktionsgerechten Herstellung des Bauwerks (z.B. eines Daches) notwendig sind.
Solche Klauseln sind allerdings häufig unwirksam. Das gilt immer dann, wenn dem Vertrag ein Leistungsverzeichnis zugrunde liegt, welches vom Auftraggeber selbst (bzw. dessen Architekten) stammt. Wenn nämlich der Auftraggeber selbst ein Leistungsverzeichnis erstellt hat, dann muss er für dessen Richtigkeit und Vollständigkeit einstehen. Er kann das Risiko von Fehlern bzw. Unvollständigkeiten nicht durch formularmäßige Klauseln auf den Auftragnehmer überwälzen. Deshalb sind formularmäßige Komplettheitsklauseln (wie oben zitiert) in Einheitspreis- und in Detail-Pauschalpreisverträgen unwirksam.
Wirksam sind Komplettheitsklauseln allenfalls bei Global-Pauschalpreisverträgen sowie dann, wenn die Klausel individuell zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ausgehandelt wurde. Ein Aushandeln setzt aber voraus, dass der Auftragnehmer tatsächlich Einfluss auf die Komplettheitsklausel hätte nehmen können. Das ist bei solchen Klauseln nahezu niemals der Fall, da sie vom Auftraggeber einseitig vorgegeben und nicht verhandelt werden.
Mehrkostenanzeige ist nicht immer notwendig
Es kommt noch immer gelegentlich vor, dass Auftraggeber die Vergütung von Nachtragsleistungen mit dem Hinweis verweigern, die entsprechenden Mehrkosten seien nicht angemeldet worden. Mit diesem Argument werden Auftraggeber heute kaum noch durchdringen können.
Zu beachten ist zunächst, dass eine Mehrkostenanmeldung für viele Nachtragsleistungen überhaupt nicht notwendig ist:
- Geht es um bloße Mengenmehrungen (der Auftraggeber hatte falsche Mengen benannt), dann ist vor Ausführung der Mehrmengen eine Mehrkostenanzeige nicht notwendig (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B).
- Auch bei der Anordnung von Änderungsleistungen (z.B. Planänderungen) ist eine Anmeldung von Mehrkosten in der VOB/B nicht vorgesehen (§ 2 Abs. 5 VOB/B).
- Letztlich sieht die VOB nur bei Zusatzleistungen (§ 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 2 VOB/B) die Ankündigung von Mehrkosten vor.
Mittlerweile existiert eine sehr weitgefächerte Rechtsprechung, die vom Erfordernis der Mehrkostenanmeldung erhebliche Ausnahmen macht. Hier die wichtigsten Fälle:
- Das Fehlen einer Mehrkostenanmeldung ist dann nicht schädlich, wenn dem Auftraggeber hieraus kein Schaden entsteht; legt der Auftraggeber nicht dar, dass er die Leistungen bei angemeldeten Mehrkosten anderweitig billiger vergeben hätte, kann er sich auf die fehlende Mehrkostenanmeldung nicht berufen.
- Haben die Zusatzleistungen einen derartigen Umfang, dass dem Auftraggeber die Mehrkosten bewusst sein mussten, kann er sich nicht auf eine fehlende Mehrkostenanmeldung berufen.
Dennoch gilt: Auf diese Ausnahmefälle sollten Sie sich als Auftragnehmer nur im Notfall berufen. Besser ist es, von Anfang an eine Mehrkostenanmeldung zu schreiben. Dann müssen Sie später nicht über deren Notwendigkeit diskutieren.
Dabei ist zu empfehlen, die Mehrkostenanmeldung bei jedweder Art von Nachtragsleistungen zu schreiben. Häufig nämlich lässt sich nicht sicher danach differenzieren, ob es sich bei der Nachtragsleistung um eine Änderungsleistung, eine Zusatzleistung oder schlicht eine Mehrmenge handelt.
Mehrmengen müssen nicht angezeigt werden
Mehrmengen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B) fallen an, wenn der Auftraggeber die tatsächlich notwendigen Mengen in den Ausschreibungsunterlagen falsch ermittelt hatte. Er hat sich also z.B. bei der Schätzung einer Fläche vertan oder bei der Ermittlung einer notwendigen Stückzahl schlichtweg verzählt.
Dagegen spricht man von sog. „angeordneten“ Mehrmengen, wenn Mehrmengen daher rühren, dass der Auftraggeber nach Vertragsabschluss die Planung ändert, d.h. eine Leistungsänderung oder eine Zusatzleistung anordnet.
Beispiel
Um eine klassische Mehrmenge handelt es sich, wenn der Auftraggeber die Dachfläche seines Gebäudes im LV mit 200 m² angibt, sich bei einem genauen Aufmaß des (unveränderten!) Daches aber ergibt, dass es in Wirklichkeit 207 m² sind. Dagegen liegt eine angeordnete Mehrmenge vor, wenn sich die Dachfläche dadurch erhöht, dass der Auftraggeber nachträglich noch vier Gauben plant, die ursprünglich nicht vorgesehen waren. Eine Mehrmenge ist auch dann angeordnet, wenn der Auftraggeber nachträglich wünscht, dass nicht nur das Haupthaus, sondern nunmehr auch ein Anbau neue Dachziegel erhalten soll.
Der Auftragnehmer ist bei „angeordneten“ Mehrmengen in der Regel verpflichtet, die damit zusammenhängenden Mehrkosten dem Auftraggeber anzuzeigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei den Mehrmengen um zusätzliche Leistungen i.S.d. § 2 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B handelt.
Dagegen ist der Auftragnehmer nicht verpflichtet, den Anfall von klassischen Mehrmengen anzuzeigen. Denn bei diesen Mehrmengen handelt es sich letztlich nicht um einen Nachtrag oder um irgendwie zusätzlich beauftragte Leistungen. Wenn (wie im ersten Beispiel) eine Dachfläche im Leistungsverzeichnis des Auftraggebers mit 200 m² angegeben ist, das Dach aber tatsächlich 207 m² groß ist, dann ging der ursprünglich erteilte Auftrag von Beginn an dahin, das gesamte Dach (207 m²) zu decken. Der Auftrag des Auftragnehmers endete nicht etwa bei 200 m².
Der Auftragnehmer muss daher die über 200 m² hinausgehende Menge nicht gesondert anzeigen.
Der Auftragnehmer verlangt die ortsübliche Vergütung, nicht die aus der Urkalkulation hergeleitete
Auch heute wird von Auftraggebern und Architekten teilweise noch angenommen, dem Auftragnehmer stehe bei Nachtragsleistungen eine „angemessene“ oder „ortsübliche“ Vergütung zu. Das ist indes nur bei Verträgen richtig, die nicht auf Basis der VOB/B geschlossen wurden (sog. BGB-Verträge). Ist hier der Auftragnehmer mit der Ausführung von Nachtragsleistungen beauftragt worden, ohne dass es zu einer Einigung über den Preis gekommen ist, dann steht dem Auftragnehmer nach § 632 Abs. 2 BGB die „übliche“ Vergütung zu.
Ganz anders ist dies jedoch beim VOB/B-Vertrag. Hier finden sich die maßgeblichen Nachtragsregelungen in § 2 Abs. 5 Satz 1 und § 2 Abs. 6 Nr. 2 VOB/B. Nach beiden Vorschriften steht dem Auftragnehmer nicht etwa die ortsübliche Vergütung zu, sondern diejenige, die sich aus der Ursprungskalkulation herleiten lässt. Das geschieht regelmäßig durch Heranziehen einer sog. „Bezugsposition“. Das bedeutet, dass der Auftragnehmer sich diejenige Leistung aus dem Hauptvertrag heraussucht, die der Nachtragsleistung am ähnlichsten ist. Der Auftragnehmer muss dann aus der Kalkulation der Bezugsposition diejenigen Kalkulationsbestandteile übernehmen, die auch auf die Nachtragsleistung unverändert zutreffen. Dabei handelt es sich regelmäßig jedenfalls um die kalkulierten Umlagen für Baustellengemeinkosten, allgemeine Geschäftskosten und Wagnis und Gewinn. Aber auch die Höhe des kalkulierten Stundensatzes für Mitarbeiter kann und muss fortgeschrieben werden.
Nur soweit die Kostenansätze nicht vergleichbar sind (z.B. bei den Materialkosten) erfolgt eine Fortschreibung grundsätzlich nicht. Mit dieser Technik soll ermittelt werden, wie der Auftragnehmer die Nachtragsleistung kalkuliert hätte, wenn ihm deren Notwendigkeit schon bei der Kalkulation des Hauptauftrags bekannt gewesen wäre.
Auf die „ortsübliche“ Vergütung kommt es dagegen beim VOB/B-Vertrag nur ganz ausnahmsweise an. Das ist nur dann der Fall, wenn im Rahmen des Nachtrags völlig neue Leistungen anfallen, die bisher noch überhaupt nicht in der Kalkulation des Hauptauftrags aufgetaucht sind (z.B. Einsatz bislang nicht kalkulierter Baustoffe).
Der Auftragnehmer legt die Ursprungskalkulation nicht offen
Im Falle von Nachträgen kann der Auftragnehmer beim VOB/B-Vertrag nicht frei kalkulieren. Er muss die Nachtragsvergütung grundsätzlich auf Basis der Ursprungskalkulation ermitteln (§ 2 Abs. 5 und Abs. 6 Nr. 2 VOB/B). Dazu muss er insbesondere die Kalkulationsbestandteile der Ursprungskalkulation fortschreiben (z.B. die Höhe der Umlage für die allgemeinen Geschäftskosten).
Ob der Auftragnehmer diese Grundsätze einhält, kann der Auftraggeber nur bei Vorlage der Ursprungskalkulation prüfen. Der Auftragnehmer muss die Urkalkulation daher spätestens bei einem Streit über die Höhe der Nachtragsvergütung offenlegen.
Legt der Auftragnehmer dagegen die Ursprungskalkulation nicht offen, so hat er seinen Nachtrag insgesamt nicht prüfbar dargelegt. Der Auftraggeber muss diesen Nachtrag dann nicht bezahlen. Es kommt dann schlichtweg nicht darauf an, ob der Auftragnehmer die Leistung ausgeführt hat und ggf. bereits selbst Mehrkosten hatte. Solange der Nachtrag nicht prüfbar dargelegt wird, muss ihn der Auftraggeber nicht bezahlen.
Der Auftragnehmer verlangt bei Mindermengen keinen neuen Einheitspreis
Führt der Auftragnehmer bei einem Einheitspreisvertrag geringere Mengen aus als ursprünglich ausgeschrieben, dann führt dies häufig zu einer sog. Unterdeckung bei den Baustellengemeinkosten (BGK). Denn in aller Regel führen die Mindermengen nicht zu proportional geringeren Kosten, insbesondere im Hinblick auf die Baustelleneinrichtung.
Beispiel
Der Auftragnehmer hat als Baustellengemeinkosten die Einrichtung und den Abbau der Baustelleneinrichtung kalkuliert. Die Kosten hierfür sinken auch bei Mindermengen nicht, jedenfalls nicht zwingend proportional mit den Mindermengen.
Der Auftraggeber ist bei Mehrkosten infolge von Mindermengen nicht „automatisch“ verpflichtet, einen höheren Einheitspreis zu gewähren. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B ist ein neuer Einheitspreis nur „auf Verlangen“ zu vereinbaren.
Gelten vereinbarte Nachlässe auch für Nachträge?
Bei vielen Bauvorhaben einigen sich Auftraggeber und Auftragnehmer bei Abschluss des Hauptvertrags auf teilweise nicht unerhebliche Nachlässe. Diese werden häufig erst in der letzten Verhandlungsrunde, unmittelbar vor Vertragsabschluss, ausgehandelt und sind nicht Bestandteil der Ursprungskalkulation.
Fraglich ist deshalb, inwieweit Nachlässe, die nicht in die Ursprungskalkulation eingeflossen sind, bei der Kalkulation von Nachträgen zu berücksichtigen sind. Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 und § 2 Abs. 6 Nr. 2 VOB/B erfolgt die Berechnung der Nachtragsvergütung auf Basis der Ursprungskalkulation. Deshalb vertreten viele Baujuristen die Ansicht, dass Nachlässe, die nicht in die Ursprungskalkulation einbezogen wurden, bei Nachträgen nicht berücksichtigt werden müssen.
Das kann natürlich ausdrücklich anders geregelt werden. Es ist ohne Weiteres zulässig, in den Bauvertrag eine Klausel aufzunehmen, wonach Nachlässe, die im Rahmen des Hauptvertrags gewährt wurden, auch für Nachträge gelten. Sinnvollerweise sollte dann natürlich der auf den Hauptauftrag gewährte Nachlass schriftlich ausgewiesen werden, und zwar mit einem Prozentsatz.
Fehlt eine solche Klausel, so ist zumindest unsicher, ob der Nachlass auch für die Nachträge anwendbar ist. Dann muss der Vertrag ausgelegt werden. Ist in einem Vertrag z.B. von einem „Nachlass auf alle Einheitspreise“ die Rede, dann wird das so zu verstehen sein, dass der Nachlass auch auf Einheitspreise bei Nachtragsleistungen zu gewähren ist.
Müssen doppelt beauftragte Leistungen auch doppelt bezahlt werden?
Es kommt gelegentlich vor, dass der Auftraggeber einen Nachtrag für Leistungen beauftragt, die an sich schon nach dem Hauptvertrag geschuldet waren. Denkbar sind hier z.B. folgende Fälle:
- Der Auftragnehmer hat einen Nachtrag für eine Leistung gestellt, die nach der einschlägigen DIN eine Nebenleistung ist, die er also ohnehin in seine Einheitspreise hätte einkalkulieren müssen. Der Auftraggeber übersieht dies und beauftragt die Nebenleistung im Rahmen eines gesonderten Nachtrags.
- Die Bauleistungen des Auftragnehmers werden vor der Abnahme zerstört. Die Gefahr solcher Zerstörungen liegt bis zur Abnahme regelmäßig beim Auftragnehmer (§ 644 BGB). Dennoch fordert dieser für die Wiederherstellung seiner Arbeiten einen Nachtrag, welcher vom Auftraggeber auch beauftragt wird.
- Der Auftragnehmer überschreitet die ursprünglich vorgesehene Bauzeit, sodass die Baustelle wegen schlechterer Witterungsverhältnisse beheizt werden muss. Der Auftraggeber beauftragt einen entsprechenden Nachtrag, übersieht dabei aber, dass der Auftragnehmer die Bauzeitverlängerung selbst verschuldet hat.
- Der Auftragnehmer hat einen Nachtrag für den Ausbau eines krumm und schief eingebauten Bauteils verlangt. Der Auftraggeber beachtet nicht, dass es sich dabei an sich um eine Mängelbeseitigung handelt, und beauftragt den Nachtrag.
In sämtlichen o.g. Fällen schuldete der Auftragnehmer die Nachtragsleistung an sich schon nach dem Hauptvertrag. Der Auftragnehmer erhält also für die Nachtragsleistung bereits eine Vergütung, und zwar diejenige für den Hauptvertrag. Ihm steht deshalb an sich eine zusätzliche Nachtragsvergütung nicht zu. Beauftragt der Auftraggeber dennoch den jeweiligen Nachtrag, so hat er die Leistungen letztlich doppelt beauftragt. Muss er sie nun auch doppelt bezahlen? Entgegen weitverbreiteter Ansicht muss der Auftraggeber die doppelt beauftragte Leistung nicht doppelt bezahlen. Der Auftraggeber kann sich vielmehr von dem schon beauftragten Nachtrag lösen.
Das gilt selbst dann, wenn über die Nachtragsleistung eine gesonderte (auch schriftliche) Vereinbarung zustande gekommen ist. Auch von einem solchen Vertrag kann sich der Auftraggeber noch lösen.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Auftraggeber bei Beauftragung des Nachtrags bewusst war, dass er damit eine Leistung doppelt beauftragt, bzw. wenn er damit jedenfalls rechnete. Dazu folgendes Beispiel:
Hinweis für die Praxis
Der Auftragnehmer fordert einen Nachtrag für die Neuherstellung einer vor der Abnahme beschädigten Leistung. Der Auftraggeber weist darauf hin, dass er die Leistung nach den Grundsätzen der Gefahrtragung nicht ein zweites Mal bezahlen müsste. Die Parteien verhandeln, im Ergebnis erklärt sich der Auftraggeber bereit, den Nachtrag zu 50 % anzuerkennen. In diesem Fall wusste der Auftraggeber, dass er die Nachtragsleistung letztlich doppelt beauftragt. Er muss sie dann auch doppelt vergüten.