01.10.2024

Flexible Arbeitszeiten im Handwerk: Entdecken Sie Ihre Möglichkeiten

Je mehr Menschen in einem Unternehmen beschäftigt sind, desto mehr Lebensentwürfe treffen aufeinander. Nicht immer ist die klassische Vollzeitarbeitswoche mit fünf Arbeitstagen machbar. Insbesondere jüngere Beschäftigte wünschen sich flexiblere Arbeitszeiten im Handwerk, wie Studien zeigen. Welche Arbeitszeitmodelle im Handwerk möglich sind, erfahren Sie hier.

Uhr und Tastatur auf einem Schreibtisch

Arbeitszeiten im Handwerk: Zwischen Tradition und modernen Bedürfnissen

Die klassische Vollzeitwoche in Deutschland bewegt sich in einem Stundenspektrum zwischen 35 und 40 Stunden pro Woche, verteilt auf fünf Tage – je nach Branche. Im Handwerk sind Arbeitszeiten von 40 Stunden und mehr pro Woche an der Tagesordnung. Doch nicht für jeden Mitarbeiter ist dies das richtige Konzept. Flexible Arbeitszeitmodelle sind gefragt.

Auch bei langjährigen Vollzeitarbeitskräften können sich die Lebensumstände dahingehend ändern, dass eine schnelle Reaktion des Arbeitgebers erforderlich ist. Sei es eine schwere Erkrankung des Mitarbeiters selbst, ein Pflegefall in der Familie, die Gründung einer Familie oder auch die Ausübung eines Ehrenamts: Die Gründe, warum ein Arbeitnehmer seine Stundenanzahl reduzieren muss oder auf eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung angewiesen ist, sind vielfältig.

Flexible Arbeitszeitmodelle werden immer wichtiger

Um Fachkräfte langfristig an sich zu binden, müssen sich heutzutage auch Handwerksunternehmer etwas einfallen lassen. In jüngsten Umfragen gaben vor allem Berufseinsteiger an, dass sie sich die Möglichkeit wünschen, die tägliche Stundenzahl individuell vertraglich zu regeln. Das heißt aber nicht, dass der klassische Tarifvertrag ausgedient hat. Für den einen Beschäftigten ist die Wochenarbeitszeit im Tarifvertrag genau richtig, der andere möchte seine Stunden lieber reduzieren oder umverteilen. Profitieren Sie als Arbeitgeber von den Vorteilen flexibler Arbeitszeitmodelle.

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Gesteigerte Produktivität durch neue Arbeitszeitmodelle

Flexible Arbeitszeit im Handwerk muss nicht unbedingt heißen, dass Sie die Gesamtwochenarbeitszeit im Unternehmen reduzieren müssen oder dass im schlimmsten Fall Aufgaben liegen bleiben. Praxisberichte und Feldversuche dazu (u.a. in Island und Spanien) haben bereits erfolgreich gezeigt, dass bei einer Reduzierung um bis zu 20 % der Arbeitszeit bei gleichem Lohn die Produktivität keinesfalls leidet. Im Gegenteil, die Produktivität steigt sogar, wenn die Aufgabenverteilung gut organisiert ist.

Mitarbeiterbindung stärken

Während für viele Arbeitgeber die Nachteile flexibler Arbeitszeitmodelle auf den ersten Blick überwiegen, profitieren die meisten Unternehmen doch von der Bindung guter Fachkräfte sowie der gesteigerten Motivation der Mitarbeiter durch eine bessere Work-Life-Balance. Mitarbeiter, die sich weniger Sorgen um ihr Privatleben machen müssen, sind in der Arbeitszeit produktiver und auch gerne mal bereit, Überstunden zu leisten, wenn diese sinnvoll und notwendig sind. Dadurch bieten sich dem Unternehmen viele Vorteile.

Vielfalt an Arbeitszeitmodellen

Neben Vollzeit wird den meisten Unternehmern als nächstbestes Beispiel die klassische Teilzeitstelle einfallen, wenn es um eine reduzierte Stundenanzahl geht. Oftmals wird dieses Modell bei Familien mit zu betreuenden Kindern gewählt, da Mitarbeitende so Arbeit und Kinderbetreuung leichter gewährleisten können. Für den Arbeitgeber lässt sich auf diese Weise auch leicht sicherstellen, dass bestimmte Kernarbeitszeiten täglich bedient werden (z.B. immer vormittags). Der folgende Überblick beweist aber, dass es damit noch lange nicht getan ist. Flexible Arbeitszeitmodelle können vielfältig ausgestaltet sein – so ist für jedes Unternehmen das richtige dabei.

6 Flexible Arbeitszeitmodelle für das Handwerk

Lernen Sie verschiedene Arbeitszeitmodelle kennen, um die Arbeitszeiten der Handwerkerinnen und Handwerker zeitgemäß und flexibel zu gestalten.

#1 Vollzeit/ 5-Tage-Woche/ 4-Tage-Woche

Bei einer Vollzeittätigkeit leistet der Arbeitnehmer die volle vom Unternehmen vorgegebene Wochenarbeitszeit. Im Handwerk ist das das gängigste Arbeitszeitmodell. In der Regel handelt es sich dabei um 40 Stunden à fünf Tage, also acht Stunden am Tag. Dies kann aber auch vertraglich auf andere Tage umgelegt werden, um zum Beispiel sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer am Freitag bereits mittags ins Wochenende starten können. Hierbei kommt es auf betriebliche Abmachungen oder vertragliche Vereinbarungen an, wie die 40 Stunden abgeleistet werden.

Höchstarbeits- und Pausenzeiten

Wichtig ist zu beachten, dass die tägliche Arbeitszeit von 10 Stunden (ohne Pausen) nicht überschritten werden darf. Der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, auf die Einhaltung der Pausenzeiten zu achten (ab sechs Stunden 30 Minuten und ab neun Stunden 45 Minuten). Zudem können Überstunden angeordnet werden. Die Gesamtwochenstundenanzahl darf dann jedoch 48 Stunden nicht überschreiten, was dazu führt, dass die Woche in Ausnahmefällen auf eine Sechs-Tage-Woche ausgeweitet werden kann.

Vorschriften für minderjährige Auszubildende

Ein besonderes Augenmerk muss auch auf die Höchstarbeitszeit und Pausenzeiten für Auszubildende gelegt werden, die noch nicht volljährig sind. Für sie gilt eine gesonderte Fürsorgepflicht durch den Arbeitnehmer (30 Minuten Pause bei viereinhalb bis sechs Stunden Arbeit und 60 Minuten Pause bei über sechs Stunden Arbeit). Auch Überstunden sind bei minderjährigen Auszubildenden nur in sehr seltenen Ausnahmefällen erlaubt und müssen noch in derselben Woche ausgeglichen werden.

Reduzierte Arbeitstage bei Vollzeittätigkeit

Vollzeit arbeitende Mitarbeiter können durch eine Sondervereinbarung im Vertrag ihre Arbeitstage reduzieren, ohne dabei weniger Stunden abzuleisten. Das heißt, ein Mitarbeiter könnte zum Beispiel 38,5 Stunden in einer Vier-Tage-Woche absolvieren. Auch dabei handelt es sich noch um eine Vollzeitstelle, bietet dem Mitarbeiter aber einen ganzen weiteren Tag in der Woche zur freien Verfügung. Einige Handwerksbetriebe haben dieses Modell bereits sehr erfolgreich für sich umgesetzt.

Beispiel: Einzelne Mitarbeiter oder der gesamte Betrieb arbeiten beispielsweise nur noch von Montag bis Donnerstag, erreichen aber dennoch, je nach Vertrag, die vereinbarten 35 bis 40 Stunden. Die Mitarbeiter können das Wochenende besser genießen und dadurch in den vier Tagen produktiver sein. Hier ist gerade im Handwerk aber eine gute Kundenkommunikation unerlässlich, um diese durch den arbeitsfreien Freitag nicht vor den Kopf zu stoßen.

#2 Teilzeit

Bei einer Teilzeit-Stelle lassen sich die Stunden je nach Bedarf vertraglich vereinbaren. Dabei gibt es sogenannte vollzeitnahe Teilzeitbeschäftigte. Sie arbeiten zwischen 30 und 35 Stunden pro Woche. Bei eine Wochenarbeitszeit von um die 20 Stunden spricht man von einer klassischen Teilzeitkraft (Hälfte der Vollzeitkraft). Jedoch lassen sich hier individuell noch mehr oder weniger Wochenstunden vereinbaren. Vertraglich sollte auch geregelt sein, ob die Wochenstunden an festgelegten Tagen abgearbeitet werden, oder flexibel von dem Mitarbeiter nach Bedarf gestaltet werden dürfen. Um Kernarbeitszeiten und die Erreichbarkeit im Unternehmen zu sichern, sowie Planbarkeit zu haben, ist es aber sinnvoll, sich auf bestimmte Tage festzulegen.

Obwohl statistisch gesehen diese Art des Arbeitszeitmodells eher bei Frauen zu finden ist und dort auch verstärkt bei Bürokräften und im Einzelhandel, kann es durchaus sinnvoll sein, diese Arbeitszeiten im Handwerk anzubieten: Beispielsweise wenn ein Mitarbeiter alleinerziehend ist und nur so die Kinderbetreuung sicherstellen kann, oder wenn ein langjähriger Mitarbeiter aufgrund seines Alters oder seines Gesundheitszustands kürzer treten will oder muss.

Erster Tag in der Schule. Vater führt kleines Schulmädchen in die erste Klasse.
Flexible Arbeitszeitmodelle sind nicht nur für Mütter relevant – auch gesundheitliche Gründe, Kinderbetreuungszeiten oder Ehrenämter können neue Arbeitszeiten im Handwerk erfordern.

#3 Arbeitszeitkonten

Gerade im Handwerk und auf dem Bau ist diese Art der flexiblen Arbeitszeit ein beliebtes Instrument, um die Wellen von Mehrarbeit und Flauten managen zu können. Manchmal liegt es an der Auftragslage, manchmal aber macht gerade auf Baustellen das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Während man im Sommer alle Baustellen abarbeiten kann, sorgen strenge Winter mit Eiseskälte und viel Schnee häufig für einen Baustellenstopp. Die Mitarbeiter sind allerdings in Vollzeit angestellt und müssen auch weiterhin entlohnt werden. In diesen Fällen können Jahresarbeitszeitkonten oder gar Lebensarbeitszeitkonten hilfreich sein.

Funktionsweise

Beim Arbeitszeitkonto wird gearbeitet, wenn wirklich Arbeit da ist. Handwerker kommen nicht in den Betrieb, wenn keine Aufträge vorhanden sind, nur um bloße Stunden der Stechuhr zu erfüllen. Ist die Auftragslage gut oder eilt ein Auftrag, dann ist mühelos auch Mehrarbeit in Form von angeordneten Überstunden möglich. Diese Überstunden landen auf einem sogenannten Arbeitszeitkonto. Ist die Auftragslage im Nachgang eher mau, oder erlaubt die Witterung schlichtweg das Arbeiten nicht, werden die angesammelten Überstunden in Form von freien Tagen abgegolten.

Beispiel: Stellen Sie sich das Arbeitszeitkonto ähnlich wie ein Sparkonto vor, nur dass darauf kein Geld, sondern Arbeitszeit angesammelt wird, die dann bei Bedarf/nach Möglichkeit abgefeiert wird.

Jahres- und Lebensarbeitszeitkonto im Vergleich

Beim Lebensarbeitszeitkonto gibt es keine Frist, bis wann die Stunden abgebaut werden müssen – mit Ausnahme des Renteneintritts. Beim Jahresarbeitszeitkonto hingegen müssen die geleisteten Überstunden noch im gleichen Jahr mit Freizeit abgegolten werden. Ist dies nicht möglich, müssen die restlichen Überstunden mit dem letzten Jahresgehalt ausbezahlt werden. Auch der Aufbau von Minusstunden ist bei diesem Konzept möglich. Der Arbeitgeber ist dann jedoch auch weiterhin verpflichtet, das volle Gehalt zu bezahlen, sozusagen als Vorschuss, der dann abgearbeitet werden muss.

#4 Blockarbeitszeit

Eine weitere beliebte Lösung auf dem Bau ist die Blockarbeitszeit. Damit lassen sich Arbeitsspitzen gut abfedern und Jahreszeiten, in denen weniger gearbeitet wird, besser planen und von den Mitarbeitenden anderweitig nutzen. Bei der Blockarbeitszeit vereinbaren Sie für verschiedene Phasen im Jahr unterschiedliche Wochenarbeitsstunden.

Beispiel: Ein Handwerker hat im Vertrag für die Sommermonate von April bis Oktober eine vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit von 40 Stunden, während für die kalten Monate, also von November bis März, pauschal im Vertrag nur 30 Stunden die Woche vereinbart werden. Auch heruntergebrochen auf einzelne feste Monate/ Wochen im Jahr ist solch eine Vertragsgestaltung möglich.

#5 Arbeit auf Abruf

Gerade für Hilfskräfte auf dem Bau kann dieses Modell einen Mehrwert bieten. Mit der Arbeit auf Abruf lässt sich vertraglich vereinbaren, dass Mitarbeiter nur dann tatsächlich auch im Betrieb sind, wenn für sie Arbeit anfällt. Dabei kann eine Vergütung nach Stunden vereinbart sein, oder aber eine pauschale Vergütung (dann in Kombination mit einem Jahresarbeitszeitkonto). Der Arbeitgeber muss seinem Beschäftigten allerdings vier Tage vorher Bescheid geben, wenn Arbeit anfällt. Dadurch hätte der entsprechende Mitarbeiter Zeit, die Kinderbetreuung oder ähnliches zu organisieren.

Schneebedeckte Baustelle
Saisonal bedingte Flauten sind mit entsprechend vertraglich geregelten Arbeitszeiten im Handwerk kein Problem. Arbeitszeitkonten, Blockarbeitszeit oder Vergütung nach Stunden sind mögliche Lösungen.

#6 Schichtarbeit

Ab einer bestimmten Betriebsgröße kann es sinnvoll sein, auch im Handwerk Schichtarbeit anzubieten. Auf diese Weise könnten Mitarbeiter, die sich mit dem Partner die Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen teilen, beispielsweise erst nachmittags mit der Arbeit beginnen, wenn der Partner zuhause übernimmt. Natürlich ist dieses Modell nicht für alle Unternehmen geeignet, jedoch lässt sich ein Zwei-Schicht-Modell in vielen Betrieben verwirklichen. Ein Drei-Schicht-Modell kommt natürlich nur für Unternehmen, die auch viel in der Werkstatt fertigen, in Frage. Auf der Baustelle oder bei Kundenterminen ist Nachtschicht natürlich nicht möglich.

 

FAQ: Die wichtigsten Fragen rund um Arbeitszeiten im Handwerk

Was bedeuten flexible Arbeitszeitmodelle?

Flexible Arbeitszeitmodelle bedeuten, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit nicht mehr strikt an der 40-Stundenwoche verteilt auf fünf Arbeitstage orientieren müssen. Moderne Lebensentwürfe erfordern neue Arbeitszeiten, um Produktivität zu fördern und Mitarbeiterzufriedenheit zu stärken. Mögliche flexible Arbeitszeitmodelle sind Arbeitszeitkonten, Blockarbeitszeit oder Arbeit auf Abruf.

Ab wann zählt die Arbeitszeit bei Handwerkern?

Als Arbeitszeit zählt die Zeit, die Handwerker mit Tätigkeiten verbringen, die im Auftrag des Arbeitsgebers erbracht werden. Dazu zählt demnach auch das Beladen von Fahrzeugen oder anderweitige Vorbereitungen für den Arbeitseinsatz. Details lesen Sie in unserem Beitrag zur Arbeitszeiterfassung im Handwerk.

Zählt bei Handwerkern die Fahrtzeit zur Arbeitszeit?

Ja, im Handwerk ist die Fahrtzeit zur Baustelle Arbeitszeit – unabhängig davon, ob die Mitarbeitenden von zuhause oder der Dienststelle aus starten. Der Weg von zuhause zur Dienststelle zählt dagegen nicht als Arbeitszeit.

Arbeitszeiten im Handwerk zu modernisieren ist Chefsache

Um flexible Arbeitszeitmodelle im eigenen Betrieb umzusetzen, braucht es natürlich die nötige Organisation. Mit einigen Tipps lässt sich ein gutes Miteinander im Betrieb verwirklichen und alle profitieren davon. Die Mitarbeiter können Arbeit und Privatleben besser vereinbaren und der Arbeitgeber sichert sich durch attraktive Arbeitszeitgestaltung Fachkräfte.

Wichtig ist zunächst, für verschiedene Modelle offen zu sein und im Mitarbeitergespräch Augen und Ohren offen zu halten: Gibt es vorher motivierte Mitarbeiter, die nun mit den Aufgaben hadern? Hat sich die Lebenssituation oder die Gesundheit eines Mitarbeiters verändert? Als Arbeitgeber hat man immer auch eine Fürsorgepflicht und muss auf veränderte Situationen bei den Mitarbeitern reagieren.

Außerdem ist es ratsam, bei der Stundenverwaltung im Unternehmen digital zu werden. Laufen Sie nicht länger unleserlichen Stundenzetteln hinterher; das war gestern – Zeiterfassung für Handwerker kann auch einfach sein! Digitalisieren Sie die Handwerker-Arbeitszeiten – so vereinfachen Sie sich die Umstellung auf moderne Arbeitszeitmodelle in der Buchhaltung.

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Autor*in: WEKA Redaktion