27.03.2020

Corona im Bau! Wie Sie jetzt mit Störungen & Stillstand auf der Baustelle umgehen

Die Corona-Krise spitzt sich immer mehr zu. Sie können Verzögerungen oder sogar den Stillstand der Baustelle nicht mehr verhindern. Deshalb kommt es jetzt darauf an, dass Sie richtig auf diese Behinderungen reagieren! Wir beantworten Ihnen, welche rechtlichen Auswirkungen die Störungen im Bauablauf durch den Coronavirus COVID-19 haben.

Behinderung auf der Baustelle

Verlängern sich durch Corona (COVID-19) alle Fristen auf dem Bau?

Nein! Termine gelten trotz Corona (COVID-19) weiterhin. Nur wenn der Bauablauf durch den Coronavirus nachweislich beeinträchtigt ist, können vertraglich vereinbarte Termine angepasst werden. Das ist der Fall wenn:

  • Mitarbeiter auf dem Bau am Coronavirus erkranken
  • Ihr Betrieb oder die Baustelle unter Quarantäne gestellt wird
  • Material nicht geliefert wird
  • Mitarbeiter fehlen, weil sie nicht einreisen dürfen

Müssen Sie Mehrkosten in Kauf nehmen, um den Bau trotz Corona fortzuführen?

Ja. Generell gilt: Sie sind verpflichtet, Mehrkosten zu übernehmen, um Ihre Leistungen fortzuführen. In der Vergangenheit haben Gerichte entschieden, dass Auftragnehmer erhebliche wirtschaftliche Anstrengungen unternehmen müssen, um mit ihren Arbeiten weiterzumachen.

Aber: Eine Krise wie diese gab es in den letzten Jahrzehnten nicht! Beachten Sie deshalb: Dokumentieren Sie, welche Maßnahmen Sie ergreifen, um die Baustelle trotz der Corona-Krise am Laufen zu halten. So können Sie beweisen, dass Sie alles dafür getan haben, Ihre Leistung zu erbringen. Heben Sie sich z.B. Anfragen bei anderen Unternehmen auf. Damit weisen Sie später nach, dass diese keine freien Kapazitäten hatten oder nicht reagiert haben.

Behinderungsanzeige an Ihren Auftraggeber schicken?

Eine Behinderungsanzeige ist zwingend notwendig, wenn:

  • Mitarbeiter an Corona (COVID-19) erkranken
  • Material nicht geliefert wird
  • die Baustelle vom Auftraggeber gesperrt wird.

In der Behinderungsanzeige muss stehen, welche konkreten Umstände Sie daran hindern, Ihre Leistung zu erbringen.

Legt der Auftraggeber die Baustelle still oder können Sie aufgrund anderer Umstände aus dem Bereich des Auftraggebers Ihre Arbeit nicht ausführen, müssen Sie ausdrücklich klarstellen, dass Sie weiter leistungsbereit sind. Zum Beispiel, wenn Vorleistungen oder bauseits nicht geliefertes Material fehlen. Nur wenn Sie anbieten, Ihre Leistung weiter zu erbringen, können Sie später Entschädigung verlangen.

Die Behinderungsanzeige

Unterlässt der Auftragnehmer die Behinderungsanzeige, kann er sich grundsätzlich nicht auf die Behinderung berufen (§ 6 Abs. 1 VOB/B).

Zeigt der Auftragnehmer die Behinderung ordnungsgemäß an, hat das für ihn diese Vorteile:

– Er kann eine Verlängerung der Ausführungsfrist verlangen.

– Kommt es wegen der Behinderung zu Mehrkosten, kann er diese beim Auftraggeber geltend machen (§ 6 Abs. 6 VOB/B und § 642 BGB).

– Der Auftraggeber kann keine Ansprüche wegen Vertragsstrafe oder Verzugsschaden geltend machen.

– Der Auftraggeber kann dem Auftragnehmer nicht wegen Verzugs kündigen (§ 5 Abs. 4 i.V.m. 8 Abs. 3 VOB/B).

Die Behinderungsanzeige muss schriftlich erfolgen (§ 6 Abs. 1 VOB/B). Richten Sie die Behinderungsanzeige immer direkt an den Auftraggeber. Der Architekt erhält nur eine Durchschrift. Lassen Sie sich den Empfang der Behinderungsanzeige durch Unterschrift bestätigen oder versenden Sie die Behinderungsanzeige als Einwurfeinschreiben.

Die Behinderungsanzeige muss inhaltlich konkret sein: Schildern Sie Ihrem Auftraggeber ausführlich die Folgen der Behinderung. Machen Sie ihm klar, welche hindernden Umstände gegeben sind und welche konkreten Folgen das für den Bauablauf hat.

Muss Ihr Auftraggeber Stillstands-Kosten bezahlen, wenn die Gesundheitsbehörde die Baustelle aufgrund von Corona stilllegt?

Nein. Wenn die Behörde die Baustelle stilllegt, darf dort niemand arbeiten. Ihr Auftraggeber muss Sie nicht entschädigen, weil es Ihnen in dieser Situation gar nicht möglich ist, Ihre Leistung zu erbringen. Sie verstoßen nämlich gegen eine behördliche Anweisung, wenn Sie trotzdem auf der Baustelle arbeiten.

Steht Ihnen eine Entschädigung zu, wenn Ihr Auftraggeber aus Vorsicht vor dem Coronavirus die Arbeit stoppt?

Ja. Ihnen steht eine Entschädigung zu, wenn Ihr Auftraggeber ohne ein behördlich angeordnetes Arbeitsverbot die Arbeiten aufgrund von COVID-19 unterbricht.

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Wenn Ihr Auftraggeber Ihnen zusagt, die Stillstands-Kosten zu übernehmen, sollten Sie ihm nicht kündigen. Ist nicht klar, ob Ihr Auftraggeber die Kosten zeitnah übernimmt, können Sie über eine Kündigung nachdenken, um den Zustand der Unsicherheit zu beenden.

Gilt Corona als höhere Gewalt?

Ja. Der unkontrollierte Ausbruch von Epidemien/Pandemien ist höhere Gewalt. Die Weltgesundheitsorganisation hat Corona als Pandemiefall eingestuft. Deshalb ist auch die Ausbreitung von Corona als ein Fall von höherer Gewalt einzustufen. Prüfen Sie also in Ihren Verträgen und AGBs, ob es dort Klauseln zu „höherer Gewalt“ gibt.

Was ist bei Neuaufträgen im Bau in Zeiten des Coronavirus zu beachten?

Machen Sie bei allen Angeboten an private Auftraggeber klar, dass Sie davon ausgehen:

  • dass Materiallieferungen pünktlich erfolgen
  • dass der Einsatz von Mitarbeitern ohne Einschränkungen möglich ist
  • dass sich die Fertigstellungstermine wegen Corona verlängern können

Wenn Sie jetzt einen neuen Vertrag abschließen, müssen Sie Folgendes beachten: Bei Abschluss des Vertrags ist Ihnen die Corona-Epidemie bereits bekannt. Deshalb zählt Corona nicht als höhere Gewalt. Höhere Gewalt ist nur ein Ereignis, das unvorhersehbar ist. Halten Sie daher schriftlich in der Auftragsbestätigung fest:

  • dass sich möglicherweise wegen Corona am Bau die Fertigstellungstermine verlängern
  • dass Sie keine Mehrkosten bei Ausfällen von Mitarbeitern, Nachunternehmern oder Lieferanten übernehmen

 

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Autor*in: WEKA Redaktion