Bauvertragsnovelle: Neuregelungen des BGB 2018, die zur Unwirksamkeit von Regelungen der VOB führen
Aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur sogenannten AGB-Inhaltskontrolle der VOB kann es vorkommen, dass die Regelung des BGB 2018 die Bestimmung der VOB „verdrängt“, weil sie unwirksam ist.
Es gibt Fälle im Bauvertragsrecht, in denen sowohl das BGB 2018 als auch die VOB Regelungen treffen.
Folgende Beispiele verdeutlichen das:
- Das BGB 2018 enthält für Bauleistungen eine Verjährungsfrist von fünf Jahren. Die VOB sieht dagegen nur eine (regelmäßige) Gewährleistungsfrist von vier Jahren vor.
- Sowohl das BGB 2018 als auch die VOB enthalten Regelungen zur Minderung der Vergütung bei Mängeln. Die VOB sieht hierfür allerdings andere Voraussetzungen vor als das BGB 2018.
Man könnte nun annehmen, dass die Regelungen der VOB dem BGB 2018 stets vorgehen und folglich bei Verträgen nach VOB die Regelung der Bauvertragsnovelle 2018 irrelevant sei. Das ist jedoch nicht richtig. Aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur sogenannten AGB-Inhaltskontrolle der VOB kann es vorkommen, dass die Regelung des BGB 2018 die Bestimmung der VOB „verdrängt“, weil sie unwirksam ist.
Aufgrund der Inhaltskontrolle der VOB gilt: Die Regelungen der VOB zur Schlusszahlungserklärung (§ 16 Abs. 3 Nr. 2 bis Nr. 6 VOB/B) sind unwirksam. Nach diesen Regelungen der VOB müsste der Auftragnehmer im Falle einer Schlusszahlungserklärung des Auftraggebers innerhalb von 28 Tagen einen Vorbehalt erklären und diesen auch innerhalb von weiteren 28 Tagen begründen. Versäumt er die eine oder die andere Frist, so sind nach der VOB ausgeschlossen.
Diese Regelungen weichen ganz erheblich vom BGB ab, denn das BGB kennt solche Fristen schlicht nicht. Deshalb hat der Bundesgerichtshof die Regelung der VOB in diesem Punkt für unwirksam erklärt.
Von dieser sogenannten Inhaltskontrolle gibt es im Bauvertragsrecht allerdings zwei wichtige Ausnahmen:
Verträge nur auf der Grundlage der VOB
Die Regelungen der VOB unterliegen dann nicht der Inhaltskontrolle, wenn die VOB „als Ganzes“, d.h. ohne jede inhaltliche Änderung, vereinbart wurde. Das ist nur dann der Fall, wenn im Bauvertrag an keiner einzigen Stelle von der VOB abgewichen wird. Es muss sich also quasi um einen reinen VOB/B-Vertrag handeln. Solche Verträge existieren heute in der Praxis nicht mehr. Es ist letztlich undenkbar, dass die Parteien die VOB ohne jede Änderung vereinbaren.
Dazu mag man sich vor Augen führen, dass nach der Rechtsprechung schon die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme eine Abweichung von der VOB darstellen soll. Ebenso die Vereinbarung einer längeren Gewährleistungsfrist als vier Jahre. Auch die Verlängerung der Rückgabefrist für die Mängelsicherheit (nach VOB nur zwei Jahre!) stellt eine Abweichung der VOB dar; das Gleiche gilt für den Ausschluss des Sperrkontos.
Reine Verträge nach VOB – ohne jede Abweichung – gibt es also heute in der Baupraxis nicht mehr.
Keine Inhaltskontrolle zugunsten des AGB-Verwenders
Das oben bereits angesprochene AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB) schützt nicht den sogenannten AGB-Verwender, sondern nur dessen Vertragspartner. AGB-Verwender ist derjenige, auf dessen Wunsch eine vorformulierte Klausel in den Vertrag einbezogen wurde. Bei der VOB ist das also derjenige, auf dessen Wunsch die VOB in den Vertrag einbezogen wurde.
Beispiele
- Bereits in den Ausschreibungsunterlagen des Auftraggebers heißt es, die VOB solle gelten. In diesem Fall ist der Auftraggeber der Verwender der VOB, weil dieser auf seinen Wunsch in den Vertrag einbezogen wurde.
- In den Ausschreibungsunterlagen findet sich kein Hinweis auf die VOB. Im Angebot des Auftragnehmers heißt es allerdings: „Wir erbringen unsere Leistung auf Basis der VOB/B.“ In diesem Fall ist die VOB auf Wunsch des Auftragnehmers in den Vertrag einbezogen worden. Dieser ist Verwender.
Derjenige, auf dessen Wunsch die VOB in den Vertrag einbezogen wurde, kann sich nicht auf den Schutz des AGB-Rechtes berufen. Zu seinen Gunsten findet keine Inhaltskontrolle statt. Beispiel: Die VOB wurde auf Wunsch des Auftragnehmers in den Vertrag einbezogen. In diesem Fall ist die Schlusszahlungserklärung nach § 16 Abs. 3 VOB/B zwar für den Auftragnehmer sehr nachteilig. Er kann sich aber nicht auf die Unwirksamkeit dieser Regelung berufen, da die VOB auf seinen Wunsch einbezogen wurde.