Das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG)
Wenn Sie mit dem Transport gefährlicher Güter zu tun haben, müssen Sie es kennen – oder kennenlernen: das Gefahrgutbeförderungsgesetz. Dieser Beitrag widmet sich im Detail diesem wichtigsten Gesetz für den Transport gefährlicher Güter in Deutschland. Sie erhalten hier eine leicht verständliche Zusammenfassung seiner Inhalte, seiner Strafbestimmungen, Ermächtigungen und Ausnahmen.
Das Gefahrgutbeförderungsgesetz, auch Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (GGBefG), ist die Grundlage für den Transport gefährlicher Güter in Deutschland. Darüber hinaus enthält das Gesetz die Ermächtigung für das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften für den Transport gefährlicher Güter zu erlassen.
Rechtssystematische Stellung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes
Das Gefahrgutbeförderungsgesetz gilt für alle Verkehrsträger sowie für die Magnetschwebebahn und ist Basis für Verordnungen, die speziell die Beförderung gefährlicher Güter regeln. Das Gesetz wurde erstmalig 1975 erlassen und mehrfach geändert.
Aufbau und Inhalt des Gefahrgutbeförderungsgesetzes
Das Gefahrgutbeförderungsgesetz selbst enthält nur grundsätzliche Bestimmungen. Die Detailregelungen für einzelne Verkehrsträger finden sich in den jeweiligen Verordnungen, die auf diesem Gesetz basieren. Dies sind u.a. die Rechtsvorschriften wie z.B. GGVSEB, GGVSee, GbV.
§ 1 Geltungsbereich
1 Abs. 1 GGBefG regelt den Bereich, den das Gefahrgutbeförderungsgesetz abdeckt. Das Gesetz gilt für die Beförderung gefährlicher Güter mit allen Verkehrsträgern. Vom Gesetz erfasst ist nicht nur die Beförderung, sondern auch das Herstellen, Einführen und das Inverkehrbringen der Verpackungen, Beförderungsbehältnisse und Fahrzeuge für die Beförderung gefährlicher Güter. Damit wird laut Gesetzesbegründung berücksichtigt, dass „in den internationalen Regelwerken nicht nur deren Verwendung geregelt ist, sondern auch Anforderungen enthalten sind, die die Herstellung betreffen“.
Vom Geltungsbereich des Gefahrgutbeförderungsgesetzes ausgenommen sind:
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Die Beförderung innerhalb von Betrieben oder mehrerer miteinander verbundener Betriebsgelände (Industriepark), soweit sie auf einem abgeschlossenen Gelände stattfindet. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass dann, wenn ein Gefahrgut von einem abgeschlossenen Betriebsgelände auf/über eine öffentliche Straße befördert wird, der gesamte Beförderungsvorgang beginnend mit dem Verpacken/Beladen dem Gefahrgutbeförderungsgesetz unterliegt.
Anmerkung: Industrieparks sind an die Voraussetzung geknüpft, dass das Gelände durch geeignete Einrichtungen wie Tore, Schranken, Zäune etc. vom öffentlichen Verkehrsraum getrennt sind.
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Beförderungen im grenzüberschreitenden Verkehr
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Beförderungen mit Bergbahnen
1 Abs. 2 GGBefG hält fest, dass bestimmte andere Gesetze, die gefährliche Güter betreffen, wie z.B. das Abfallgesetz, Atomgesetz, Wasserhaushaltsgesetz, neben dem GGBefG anwendbar bleiben, sofern sie „aus anderen Gründen als solchen der Sicherheit im Zusammenhang mit der Beförderung erlassen sind“. Damit stellt das GGBefG klar, dass Spezialgesetze, die zum Teil schärfere Bestimmungen – wie etwa die Transportgenehmigung für die Beförderung radioaktiver Stoffe – enthalten, durch das GGBefG nicht außer Kraft gesetzt werden.
§ 2 Begriffsbestimmungen
2 Abs. 1 GGBefG definiert allgemein, was gefährliche Güter im Sinne des Gesetzes sind. Gefährliche Güter sind sowohl Stoffe, also z.B. Säuren und Laugen, als auch Gegenstände, wie etwa Airbag-Module.
2 Abs. 2 GGBefG definiert den Begriff „Beförderung“ und erläutert, dass nicht nur der Vorgang der reinen Ortsveränderung davon erfasst ist. Die Beförderung im Sinne des Gesetzes umfasst die Übernahme, den zeitweiligen Aufenthalt bis hin zur Ablieferung des Guts ebenso wie Vorbereitungs- und Abschlusshandlungen, wie z.B. Verpacken und Auspacken der Güter, Be- und Entladen, Herstellen, Einführen und Inverkehrbringen von Verpackungen, Beförderungsmitteln und Fahrzeugen für die Beförderung gefährlicher Güter.
Als „zeitweiligen Aufenthalt“ definiert das Gefahrgutbeförderungsgesetz, wenn im Rahmen einer Beförderung gefährliche Güter für den Wechsel der Beförderungsart oder des Beförderungsmittels zeitweilig abgestellt werden.
§ 3 Ermächtigungen
3 GGBefG ermächtigt das BMVI mit Zustimmung des Bundesrats, Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter zu erlassen. Aufgrund dieser Ermächtigungen ist für den Erlass der unterhalb des Gesetzes stehenden Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften ein formelles Gesetzgebungsverfahren nicht erforderlich, was eine schnelle Reaktion auf einen u.U. plötzlich auftretenden Regelungsbedarf ermöglichen soll.
In Abs. 1 sind beispielhaft zahlreiche Sachgebiete aufgezählt, in deren Bereich das BMVI mit Zustimmung des Bundesrats Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften betreffend die Beförderung gefährlicher Güter erlassen kann. Damit wird für den Erlass von im Detail regelnden Verordnungen, wie z.B. GGVSEB, GbV, eine einheitliche und umfassende Rechtsgrundlage geschaffen. Dieser Paragraf ist gewissermaßen die rechtssystematische Grundlage für das gesamte Gefahrgutrecht.
Abs. 4 enthält den Appell an den Verordnungsgeber, die nach den Verkehrsträgern getrennten Vorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter so weit wie möglich zu vereinheitlichen. Eine vereinfachte Handhabung der Transportvorschriften ist sowohl unter Sicherheitsaspekten als auch im Interesse der betroffenen Wirtschaftskreise sinnvoll. Mit der Zusammenführung der Verkehrsträger Straße, Schiene und Binnenschiff in eine gemeinsame Verordnung – der GGVSEB – wurde dies vollzogen.
§ 5 Zuständigkeiten
In diesem Paragraf werden die Stellen bestimmt, die für die Ausführung des GGBefG zuständig sind. Ferner ist hier geregelt, inwieweit hierfür eine Zustimmung des Bundesrats erforderlich ist.
§ 6 Allgemeine Ausnahmen
6 GGBefG sieht vor, dass das BMVI Ausnahmen im Sinne von Erleichterungen von den auf dem Gesetz fußenden Rechtsverordnungen zulassen kann. Mit Inkraftsetzung der „Gefahrgutausnahmeverordnung“ wurde dies umgesetzt.
§ 7 Sofortmaßnahmen
7 GGBefG gibt dem BMVI die Möglichkeit, Sofortmaßnahmen anzuordnen, wenn sich die geltenden Sicherheitsvorschriften als unzureichend herausstellen und eine besondere Dringlichkeit gegeben ist; d.h., wenn die Änderung der betroffenen Rechtsvorschriften nicht abgewartet werden kann.
Für die Beförderung mit Wasser- und Luftfahrzeugen kann das BMVI direkt Anordnung treffen. Sofortmaßnahmen für den Straßen- und Schienenverkehr sind nach der EU-Richtlinie 2008/68 nur mit Zustimmung der EG-Kommission möglich.
Hierzu Artikel 5 der EU-Richtlinie:
„Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass sich die geltenden Sicherheitsvorschriften bei einem Unfall oder Zwischenfall auf seinem Hoheitsgebiet als zur Eindämmung der Beförderungsrisiken unzureichend herausgestellt haben, und besteht dringender Handlungsbedarf, so teilt er der Kommission die beabsichtigten Maßnahmen bereits mit, wenn diese sich noch in der Planung befinden. Die Kommission entscheidet, ob die Durchführung dieser Maßnahmen genehmigt werden soll und legt ihre Dauer fest“.
§ 7a Anhörung
7a GGBefG bestimmt, welche (namentlich genannten) Sicherheitsbehörden und -organisationen vor dem Erlass von Rechtsverordnungen verpflichtend anzuhören sind, sowie die Anhörung von Verbänden und Sachverständigen der beteiligten Wirtschaft.
§ 7b Beirat
Der in § 7b GGBefG genannte Gefahrgut-Verkehrs-Beirat (Beirat) berät das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in Fragen von grundsätzlicher gefahrgutpolitischer Bedeutung hinsichtlich der sicheren Beförderung gefährlicher Güter. Die vom BMVI benannten Mitglieder des Beirats sind in § 2 der Geschäftsordnung vom 01.05.2020 (VkBl. Heft 6, 2020, S. 187) veröffentlicht.
In § 7 der Geschäftsordnung des Beirats ist festgelegt, dass zur kontinuierlichen Beratung des BMVI der „Ständige Ausschuss Gefahrgutbeförderung (AGGB)“ eingerichtet wird. Die Mitglieder des AGGB sind ebenfalls in § 7 aufgeführt.
Der AGGB berät das BMVI in allen Fragen, die die Sicherheit bei der Beförderung gefährlicher Güter fachübergreifend betreffen. Wichtig ist er insbesondere bei grundsätzlichen Fragen, die in den Arbeitsgruppen nicht abschließend oder nicht umfänglich zu klären sind. Darüber beraten Arbeitsgruppen des AGGB das BMVI in Fragen, die nicht grundsätzlicher Natur sind.
Die Arbeitsgruppen sind gegliedert nach klassenbezogenen Sachgebieten (Klasse 1, Klasse 2, Klasse 6.2, Klasse 7) und allgemeinen Sachgebieten (Klassifizierung, Verpackungen, Tanks (drucklos)/BK1-/BK2-Container/MEMU, Tank (Druck und Sonstige), Technik/Straße, Technik/Eisenbahn, Binnenschifffahrt, Seeschifffahrt, Beförderung, Risikobewertung). Den Beratungsgremien gehören sachverständige Personen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften, Ländern, Verbänden und der Sicherheitsbehörden und -organisationen an. Welche Sicherheitsbehörden oder -organisationen den einzelnen Sachgebieten angehören, ist in der Anlage 1 zur Geschäftsordnung des Gefahrgutbeirats aufgeführt.
§ 8 Maßnahmen der zuständigen Behörden
8 GGBefG legitimiert die Behörden, Maßnahmen der Gefahrenabwehr an dem Transportfahrzeug (Abs. 1) und an der Ladung (Abs. 2) zu ergreifen. Die für die Überwachung zuständigen Behörden werden im Gefahrgutbeförderungsgesetz berechtigt, das Fahrzeug bis zur Behebung des Mangels festzuhalten oder auch die Fahrt zu untersagen, wenn eine angeordnete Sicherheitsleistung nicht oder nicht vollständig erbracht wird.
§ 9 Überwachung
9 GGBefG enthält zugunsten der Überwachungsbehörden eine Fülle von Instrumentarien, die zum Teil erheblich in die Rechte der für die Beförderung gefährlicher Güter verantwortlichen Unternehmer eingreifen.
Die Behörden werden durch das Gefahrgutbeförderungsgesetz berechtigt, den geschäftlichen Bereich zu betreten sowie geschäftliche Unterlagen einzusehen. Hieraus ergeben sich für die betroffenen Personen entsprechende Duldungspflichten. Die Überwachungsbehörden sind berechtigt, von den für die Beförderung verantwortlichen Unternehmern Auskünfte zu verlangen. Die Betroffenen haben auf Verlangen den Behörden Proben und Muster von gefährlichen Stoffen und Gegenständen sowie Muster von Verpackungen auszuhändigen (Mitwirkungspflicht). Abs. 4 räumt dem zur Auskunft Verpflichteten ein Auskunftsverweigerungsrecht insofern ein, dass er sich nicht selbst oder einen nahen Angehörigen der Gefahr einer Strafverfolgung oder eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens aussetzen muss.
§ 9a Amtshilfe und Datenschutz
In § 9a GGBefG werden Details zum Umgang mit personenbezogenen Daten und deren Speicherung geregelt. Die zuständigen Stellen dürfen zum Zweck der Feststellung von wiederholten Verstößen auch personenbezogene Daten über abgeschlossene Bußgeldverfahren in Dateien speichern und verändern.
§ 10 Ordnungswidrigkeiten
10 GGBefG regelt die Ordnungswidrigkeiten, die durch vorsätzliche oder fahrlässige Rechtsverstöße begangen werden können. Davon erfasst werden z.B. auch Verstöße gegen Rechtsverordnungen im Sinne von § 3 GGBefG. Dies gilt allerdings nur, soweit in der entsprechenden Vorschrift auf die Bußgeldvorschrift des § 10 GGBefG verwiesen wird. Beispiele hierfür sind § 37 GGVSEB und § 10 GbV, die jeweils auf § 10 GGBefG verweisen. Im Fall von Ordnungswidrigkeiten können Geldbußen von 1.000 Euro, in bestimmten Fällen auch bis zu einer Höhe von 50.000 Euro verhängt werden.
Da weder das GGBefG noch GGVSEB oder GbV eine Verjährungsfrist für eine Ordnungswidrigkeit festlegt, richtet sich die Verjährung für die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit nach § 31 Abs. 2 OWiG. Danach ist für die Verfolgungsverjährung das Höchstmaß der jeweiligen Geldbuße entscheidend. Ordnungswidrigkeiten verjähren – je nach Höhe der Geldbuße – innerhalb von sechs Monaten bis drei Jahren (Verfolgungsverjährung, § 31 OWiG).
§ 11 Strafvorschriften
Verstöße gegen sicherheitsrelevante Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter, die vorsätzlich begangen und beharrlich wiederholt werden und zu einer Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Personen oder von fremden Tieren oder Sachen von bedeutendem Wert führen, werden mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Der Begriff „beharrlich“ wird als wiederholtes Handeln oder andauerndes Verhalten interpretiert, verbunden mit einer besonderen Hartnäckigkeit und einer gesteigerten Gleichgültigkeit des Täters gegenüber dem gesetzlichen Verbot.
§ 12 Kosten
12 GGBefG bildet die Basis für die Erhebung von Kosten für Amtshandlungen, die auch Prüfungen umfassen.