02.06.2022

Messkonzepte: Messstellen richtig planen und effizient umsetzen

Die Optimierung der Energieeffizienz ist in Unternehmen wie in Privathaushalten nur auf der Grundlage verlässlicher Daten möglich. Um diese zu erhalten, setzt man auf Messkonzepte. Dieser Beitrag klärt grundlegende Fragen im Bereich „Messkonzepte für Energiemessungen“, z.B.: Was sind Messkonzepte? Welche Fragen müssen Sie beim Erstellen eines Messkonzepts berücksichtigen? Ein Beispiel aus der Praxis veranschaulicht den Aufbau eines Messkonzepts.

Veranschaulichung eines Messkonzepts über Lupe mit Daten und mehrere Datenpunkte

Ein Messkonzept im Energiebereich ist ein durchdachtes System, das sicherstellt, dass im Unternehmen alle relevanten energiebezogenen Daten erhoben werden und das letztlich die Energieeffizienz voranbringen soll. Messkonzepte können je nach Unternehmen sehr unterschiedlich ausfallen. Sie sollten

  • der Größe des Unternehmens,
  • der Anzahl der Verbraucher und
  • der Komplexität der energieverbrauchenden Anlagen und Prozesse

Rechnung tragen.

In manchen Unternehmen kann ein Messkonzept deshalb aus wenigen Zählern bestehen, die monatlich manuell abgelesen werden, um anschließend die Verbrauchswerte in eine Tabelle einzutragen, ggf. ergänzt mit Lastgängen.

In anderen Unternehmen kann ein Messkonzept mit Installation einer großen Zahl von Messstellen mit vollautomatischer, hochfrequenter Datenerfassung in einer Online-Datenbank sowie automatisierter Datenverarbeitung sinnvoll sein.

Warum braucht es Messkonzepte?

Ohne eine ausreichende Datengrundlage erkennen Sie Ihre Einsparpotenziale nicht. Erst wenn handfeste Zahlen beweisen, dass z.B. eine Anlage oder ein Prozess wesentlich mehr Energie verbraucht als angenommen (oder als ein Vergleichsprozess/eine Vergleichsanlage), können Sie ein Defizit in der Energieeffizienz erkennen.

Die Daten können im nächsten Schritt helfen, passende Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs abzuleiten. Zeigt z.B. ein Lastgang überraschend hohe Stand-by-Verbräuche von Geräten, lässt sich daraus die Forderung ableiten, Geräte bei längerem Stillstand komplett abzuschalten.

Oft reichen die Daten, die durch den Energieversorger zur Abrechnung erhoben werden, und die immer vorhanden sind, nicht aus, da sie nicht die nötige räumliche (= einzelne Anlagen oder Prozesse abbildende) oder zeitliche (ggf. nur Monatsverbräuche vorhanden) Auflösung haben. Dann kann ein eigenes, genaueres Messkonzept mit eigenen Zählern helfen.

Aus diesen Gründen sind Messkonzepte auch ein wesentlicher Ausgangspunkt für jegliches Energiemanagement und werden auch von Energiemanagementsystemen wie dem nach ISO 50001 gefordert.

Messkonzept und die ISO 50001: Plan zur Datensammlung

Kern des Energiemanagementsystems nach der Norm ISO 50001 ist nach wie vor die energetische Bewertung. Um die entsprechenden Energiedaten zu erhalten, verpflichtet die Norm Sie zur Erstellung eben eines solchen Messkonzepts, oder, wie sie es nennt, zur Planung der Energiedatensammlung. Wie ein Messkonzept aussehen soll, beschreibt die ISO 50001 in Kapitel 6.6 detaillierter.

Zu überwachen sind mindestens:

  • die Wirksamkeit der Aktionspläne bezüglich der Zielerreichung
  • die Energieleistungskennzahlen (EnPIs)
  • die Funktion der Bereiche mit wesentlichem Energieeinsatz
  • ein Vergleich zwischen dem erwarteten und dem tatsächlichen Energieverbrauch

In diesem Messkonzept tragen Sie eben jene Daten zusammen, die Sie zur Überwachung der oben stehenden Hauptmerkmale ermitteln müssen. Außerdem legen Sie Methode und Häufigkeit der Datenermittlung und die Art der Aufbewahrung fest.

So kann jeder zu jeder Zeit nachvollziehen, welche Messpunkte in welcher Regelmäßigkeit erfasst werden.

Messkonzept erstellen: Wichtige erste Fragen, die Sie klären müssen

Bei der Erstellung eines Messkonzepts ist zunächst die zentrale Frage: Welche Daten sollen erhoben werden? Die Antwort darauf (bei einem energiebezogenen Messkonzept): jene Daten, die es erlauben, die Energieeffizienz (und -ineffizienz) im Betrieb möglichst aussagekräftig abzubilden!

Aber welche Daten leisten das?

Aussagen zur Energieeffizienz von Anlagen und Prozessen erlauben vor allem sogenannte relative Kennzahlen. Das „relativ“ bezieht sich darauf, dass diese das Verhältnis/den Quotienten von zwei absoluten Größen darstellen. Beispiele wären:

  • der Gasverbrauch pro produzierter Einheit (kWh/Stück) oder
  • der Stromverbrauch pro Euro Wertschöpfung (kWh/€).

Für die oben genannten Kennzahlen benötigen Sie nun also den Gasverbrauch und die produzierte Stückzahl in einem definierten Zeitraum bzw. den Stromverbrauch und die Wertschöpfung in einem definierten Zeitraum. Produzierte Stückzahl und Wertschöpfung zu erfassen, ist nicht die primäre Aufgabe eines (energetischen) Messkonzepts. Diese Daten werden in der Regel schon anderweitig erfasst; wir wollen uns hier auf Energiemessstellen beschränken. Den Gas- und Stromverbrauch (und den Verbrauch aller anderen relevanten Energieträger) auf die richtige Weise zu erfassen, ist dagegen das Kernziel unseres Messkonzepts.

Nun stellt es natürlich noch kein Messkonzept dar, einfach zu sagen: „Wir messen die Verbrauchsmengen aller Energieträger.“ Eine ganze Reihe von Fragen müssen geklärt werden, um festzulegen, was, wie, wann und wo genau gemessen werden soll. Hier sind einige dieser Fragen aufgeführt.

Welche Energieträger in welchen Mengen?

Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, sollten Sie sich zunächst fragen, welche Energieträger (z.B. Gas, Strom, Treibstoffe) im Unternehmen in welchen Mengen eingesetzt werden. Dies ist ein erster Hinweis auf die Relevanz genauer Messungen bezüglich eines Energieträgers. Während bei sehr geringen Verbräuchen zur Verbrauchserfassung der Eingangszähler ausreichend sein kann, können Sie sich bei relevanten Verbrauchsmengen überlegen, eigene Subzähler zu installieren.

Subzähler ja/nein?

Hier stellen sich dann die nächsten Fragen: Wie viele Subzähler? Bei welchen Anlagen/Prozessen lohnen sich eigene Zähler besonders? Genügt ein Zähler pro Anlage/Prozess oder soll der Stromverbrauch weiter nach Anlagenmodulen/Teilprozessen aufgeschlüsselt werden? Dies hängt nicht zuletzt davon ab, ob in einzelnen Anlagen Verbrauchsschwerpunkte liegen oder auch bereits bekannte oder vermutete relevante Defizite. Dies würde ggf. eine engmaschigere Überwachung durch Zähler rechtfertigen.

Frequenz der Datenerhebung?

Als Nächstes stellt sich die Frage, in welcher Frequenz Daten erhoben werden sollen: Genügt eine monatliche Ablesung oder sollten die Daten wöchentlich, stündlich oder gar jede Minute oder noch häufiger erfasst werden? Das hängt ganz von den Anlagen und Prozessen ab, die überwacht werden.

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Messkonzepte erstellen: So machen Sie es sich leichter

Oft ist nicht von Anfang an klar, welcher Verbraucher wie relevant ist und wie genau gemessen werden sollte. Darum gehen Sie beim Aufbau eines Messkonzepts schrittweise vor:

  1. Als Erstes schätzen Sie die Priorität der verschiedenen Verbräuche ab. Was von Anfang an schon an Daten vorliegt, nutzen Sie: die Verbrauchsdaten, die Sie durch das EVU bekommen können, Herstellerangaben zum Verbrauch verschiedener Geräte und − falls bereits installiert − Daten eigener zusätzlicher Zähler. Konzetrieren Sie sich auf die größten Energieverbraucher. Prüfen Sie auch, wo Sie auf bereits vorhandene Messstellen in Ihrem Unternehmen für Ihr Energiemanagement zurückgreifen können.
  2. Als Zweites erfolgt eine Überprüfung. Vor allem bei vermuteten wichtigen Verbrauchern oder bei Geräten und Anlagen, bei denen Unsicherheiten über ihren Energieverbrauch bestehen, kann es sich lohnen, die vorhandenen Daten zu präzisieren, bevor Sie feste Zähler installieren. Hierzu können temporäre Messungen dienen, auch Plausibilisierungsrechnungen (z.B. Abgleich der Höhe einzelner Energieverbräuche mit dem durch das EVU gemessenen Gesamtenergieverbrauch) können Sie vornehmen. Weiterhin können Sie bei Nutzung mehrerer baugleicher Anlagen ggf. nur eine repräsentative Anlage auswählen, die Energiedaten an dieser Anlage erfassen und die Messergebnisse auf andere Anlagen übertragen.
  3. Nachdem nun eine verbesserte Datengrundlage besteht, können Sie das Messkonzept ausarbeiten. Sie entscheiden, ob, wo und welche Messgeräte installiert werden, wie die Datenspeicherung, -auswertung usw. erfolgt.

Wenn sich die Verbraucher ändern bzw. neue hinzukommen, muss das Messkonzept aktualisiert werden.

Beispiel Messkonzepte

Sehen wir uns einmal ein konkretes Messkonzept für den Energieträger „Strom“ im tabellarischen Überblick an. Hier werden exemplarisch einige Messstellen/Zähler aufgeführt und charakterisiert, die es in einem Industrieunternehmen geben könnte.

Was? Wo? Wie? Wann? Zählertyp
Stromverbrauch Netzanschluss automatisch mit Übermittlung an EVU Viertelstündlich Smart Meter, geeicht
Kompressor automatische Erfassung in Datenbank stündlich digitaler Zähler
Mehrstufige Pumpe automatische Erfassung in Datenbank minütlich digitaler Zähler, kalibriert
Labor manuelle Erfassung monatlich Ferraris-Zähler
Beleuchtung
kein eigener Zähler, Erfassung nur über Netzanschlusszähler
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Schematische Darstellungen wie die hier gezeigte können helfen, ein Messkonzept zu visualisieren.

  • Die blauen Linien sind die Stromleitungen mit Zählern.
  • Die grünen Linien sind die Datenflüsse von den Zählern.
  • Die Messstellen des Kompressors sind ebenso deutlich zu sehen wie die der mehrstufigen Pumpe und des Labors sowie der übergeordnete Zähler des Energieversorgungsunternehmens.
  • Für die Beleuchtung ist kein eigener Zähler installiert.

Wie Sie hier sehen, gelangen die Daten vom Kompressor und von der mehrstufigen Pumpe automatisch direkt in eine Datenbank. Dort können sie ausgelesen und in Auswertungsdateien weiterverarbeitet werden (zur Visualisierung, Berechnung von Kennzahlen usw.). Auch der Lastgang des Energieversorgungsunternehmens, die Daten vom Labor sowie der (berechnete, nicht gemessene) Verbrauch durch die Beleuchtung werden jeweils separat ausgewertet. Mit dem so gewonnenen Wissen lässt sich eine Menge über die Energieverbräuche im Betrieb und mögliche Einsparpotenziale lernen.

Erstberatung Messkonzepte

Für all jene Betriebe, die sich im Bereich der Energieversorgung zum ersten Mal mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen, empfiehlt sich eine Erstberatung Messkonzepte. Dabei werden Unternehmen vor Ort von einem Messexperten aufgesucht. Der Experte legt verschiedene Messpunkte fest, analysiert die bestehende Kommunikationstechnik und schlägt auf dieser Basis ein geeignetes Messsystem vor. Er kann einschätzen, ob eine temporäre Datenerfassung oder eine stationäre Lösung für das jeweilige Unternehmen die beste Entscheidung ist.

Damit die Unternehmensführung die Kosten für ein neues Messkonzept im Vorfeld einschätzen kann, erstellt der Messexperte ein Leistungsverzeichnis, das sowohl die Materialkosten als auch die Kosten für Dienstleistungen umfasst.

Autor*innen: FutureCamp Climate GmbH, Susanne Niemuth-Engelmann