Expertenwissen zur dokumentierten Informationen nach ISO 50001:2018
Die ISO 50001:2018 macht keine expliziten Vorgaben darüber, wie eine dokumentierte Information genau auszusehen hat. Diese Freiheit kann überfordern – schließlich stehen Unternehmen (fast) alle Möglichkeiten offen. Wir haben unsere EnMS-Experten deshalb gebeten, häufige Fragen beim Umgang mit Dokumenten im EnMS zu skizzieren und Hinweise zu Lösungsansätzen zu geben.
Wie umfangreich soll die dokumentierte Information nach ISO 50001:2018 sein?
Wann eine dokumentierte Information umfangreich genug ist, hängt immer vom Leser ab. Ist dieser gut informiert, kennt er die Zusammenhänge, weiß gegebenenfalls, wen er fragen muss, und kommt mit weniger Informationen zurecht als jemand, der mit dem System immer nur am Rande oder vielleicht zum ersten Mal zu tun hat.
Dokumentierte Informationen sind im Prinzip Nachrichten, welche zwischen einem Sender und einem Empfänger ausgetauscht werden. Hierbei kommt es immer zu unterschiedlichen Interpretationen, da eine Bewertung einer Nachricht stets im Kontext mit eigenen Erfahrungen und dem eigenen Kenntnisstand erfolgt. Diesem Umstand ist besondere Beachtung zu schenken. Was für den einen ein Zuviel Information sein kann, ist für eine zweite Person ein Zuwenig.
Um also eine ausufernde Dokumentation zu verhindern, ist es wichtig, ein geeignetes Schulungskonzept zu entwickeln und dieses in die Praxis einzuführen.
Des Weiteren fordert die Norm, dass eine angemessene Prüfung auf Eignung und Angemessenheit der dokumentierten Information stattfindet. Dieser an und für sich einfach klingende Prozess ist mitunter im betrieblichen Alltag eine Schwierigkeit, da die Angemessenheit von Dokumenten von verschiedenen Personen durchaus unterschiedlich bewertet werden kann. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, bei der Erstellung der dokumentierten Information bestimmte Kriterien festzulegen und auch die Zuständigkeiten für die einzelnen Schritte klar und für jeden verständlich zu formulieren.
Wie die Dokumente angemessen kennzeichnen?
Typische Bestandteile aller dokumentierten Information müssen sein:
- Titel des Dokuments
- Datum des Dokuments
- Autor
- Kennung des Dokuments
- Revisionsstand
- Herkunft
Hier wird deutlich, dass dokumentierte Information zwar auch aus E-Mails, Handaufschreibungen und ähnlichen Elementen bestehen kann, sich der Kern der dokumentierten Information jedoch um ordnungsgemäß gelenkte Dokumente bewegen muss. Der Zweck dahinter: Dass Sie einerseits auf die Dokumente schnell zugreifen und auf der anderen Seite – im Falle von Fragen – auch entsprechend auf den Urheber der dokumentierten Information zugehen können.
Vor einer allzu komplexen Kennzeichnung von Dokumenten sei übrigens gewarnt. Wenn möglich, sollte im Titel eindeutig erkennbar sein, um was es sich bei dem Dokument handelt, aber nicht mehr. Kennzeichnungen, die aus ausgiebigen Zahlenketten, gemixt mit einem Buchstabenschlüssel bestehen, sind häufig nur Eingeweihten verständlich und werden demzufolge nicht aktiv vom Großteil der Beteiligten genutzt. Einfache Kennung und klarer Bezug des Titels zum Inhalt erleichtern die Dokumentation und das Auffinden der dokumentierten Information ganz entscheidend.
Welches Format ist das richtige?
Einer der wesentlichen Aspekte beim Format der dokumentierten Information: Die Sprache muss systemkonform gewählt sein. Eine Managementsystemdokumentation, die in einer anderen als der Muttersprache des jeweiligen Landes verfasst ist, scheitert bei einer Vielzahl der Beteiligten an der Sprachbarriere.
Oft gebrauchen dokumentierte Informationen auch eine relativ formelle Sprache, die auf eindeutige Definitionen setzt, ähnlich wie im Bereich der Rechtsprechung. Schon diese Sprache, mit dem verschiedenen Vokabular, den Satzkonstruktionen und den Intentionen, mit denen sie verfasst wurde, kann im Alltag zu Missverständnissen führen.
Grundsätzlich ist zu empfehlen, die Sprache einfach zu halten und kurze Sätze zu verwenden.
Dokumentenmanagement-Software
Wird die dokumentierte Information in einem DV-System verarbeitet, bearbeitet und gespeichert, so muss sichergestellt werden, dass im Bereich der Software eine hinreichende Kompatibilität gewährleistet ist. Alle Anwender, die mit dem System arbeiten, müssen über die geeignete Software und denselben Stand der Software verfügen. Besonders häufig kommt es im Bereich von Grafiken und Tabellen zu Kompatibilitätsproblemen bei unterschiedlichen Programmversionen. Haben Sie für Ihr Managementsystem eine Speichermöglichkeit gewählt, welche server- oder cloudbasiert funktionieren kann, müssen die Verfügbarkeit und Darstellung auf dieser Ebene geregelt sein, um so Softwareinkompatibilitäten auf der Nutzerebene zu verhindern.
Papierversionen
Sofern Papierversionen gewünscht sind, ist unbedingt darauf zu achten, dass diese kongruent, d.h. mit dem richtigen Ausgabedatum, dem richtigen Dokumentennamen etc. wie im Softwaresystem, vorliegen. Sollten Sie sich dafür entscheiden, ist es erforderlich, einen Prozess zur Sicherstellung der Aktualität zu etablieren und durchzuführen.
In diesem Sinne ist es ebenfalls wichtig, Mitarbeiter dahingehend zu schulen, dass Ausdrucke eines lebenden Datenbanksystems immer nur einen temporären Charakter haben und „quasi bereits mit dem Ausdruck nicht mehr aktuell sind“. Hier kann man im Alltag viele altersbedingte Unterschiede feststellen. Während die Menschen, die nicht im Computerzeitalter aufgewachsen sind, Information gern noch in Papierform vorliegen haben, gibt es jetzt eine immer größer werdende Gruppe von Mitarbeitern, denen es völlig ausreicht, mittels EDV auf die Dokumente zugreifen zu können.
PDF-Dateien speichern
Die einfache Speicherung von PDF-Dateien führt häufig dazu, dass die Systeme starr und unbeweglich sind, sodass jede Änderung einen festgelegten Organisationsprozess durchlaufen muss. Hier müssen physisch die Informationen in der gesamten Dokumentation angepasst oder ausgetauscht werden. Dies benötigt sehr viel Zeit und der Zugang zur dokumentierten Information ist auf wenige Personen oder kleine Personenkreise beschränkt, um Fehler zu vermeiden.
Jedes Unternehmen muss sich die Frage stellen, in welcher Form es seine dokumentierten Informationen aufbereiten, automatisieren sowie archivieren möchte und wie viel Zeit es dafür opfern möchte. Eine goldene Regel für die Pflege einer dokumentierten Information gibt es nicht, es ist jedoch sinnvoll, das System so zu skalieren, dass die Betriebssicherheit und ein positiver Nutzwert aus einer aktuellen Dokumentation generiert werden können.
Wann müssen die dokumentierten Informationen nach ISO 50001 bereit stehen?
Hier ist insbesondere der Fristenkalender eine Erwähnung wert, mit dessen Hilfe das Unternehmen vermeidet, dass verpflichtende relevante Tätigkeitszeitpunkte verstreichen, ohne dass es aktiv geworden ist.
Der späteste Zeitpunkt, zu dem die dokumentierten Informationen zur Verfügung stehen sollten, sind die internen und externen Audits. Es ist wichtig, im Rahmen eines Audits die durchgeführten Handlungen auf die entsprechenden Vorgaben referenzieren zu können. Im Audit wird genau diese Übereinstimmung ein regelmäßiger Untersuchungsschwerpunkt sein. Es ist möglich und nicht unüblich, dass im Audit nach bestimmten Vorgaben für Verfahren gefragt wird. Anschließend wird anhand eines Beispiels die ordnungsgemäße Umsetzung überprüft, um aus diesem Prozess den für eine Zertifizierung oder ein bestehendes Audit notwendigen Auditnachweis zu generieren. Sind zu diesem Zeitpunkt die dokumentierten Informationen unvollständig, nicht verfügbar oder liegen falsch vor, sind ein Auditerfolg und ggf. ein Zertifizierungserfolg stark gefährdet.
Wenn im Rahmen des Audits ein hektisches Suchen nach den passenden Dokumenten beginnt, wird der Eindruck einer guten Organisation getrübt und stimmt den Auditor kritisch in seiner Bewertung. Nicht jeder muss jedes Dokument kennen, aber es sollte für den Auditor erkennbar sein, dass man den Umgang mit der dokumentierten Information gewöhnt ist.