Dürfen berufsfremde Mitarbeiter elektrische Arbeitsmittel prüfen?
In vielen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Seniorenzentren, Schulen, Kindergärten, aber auch kleineren Unternehmen sind häufig keine Elektrofachkräfte (EFK) beschäftigt. Dort werden Reparaturen von Hausmeistern durchgeführt, die bezogen auf die Elektrotechnik berufsfremd sind. Zu deren Aufgabengebiet zählen Instandsetzungsarbeiten im Elektrobereich, wie der Austausch von defekten Steckdoseneinsätzen oder Kleingerätereparaturen. Doch dürfen berufsfremde Mitarbeiter, wie z.B. Hausmeister, auch elektrische Betriebsmittel prüfen?
Berufsfremde Mitarbeiter im elektrotechnischen Bereich
Als erstes die Antwort auf die gestellte Frage: Berufsfremde Mitarbeiter, wie z.B. Hausmeister, dürfen keinesfalls Prüfungen elektrischer Arbeitsmittel durchführen. Im Beitrag erfahren Sie die ausführliche Begründung dafür. Sie erfahren außerdem, wie sich die elektrotechnischen Qualifikationen unterscheiden und was ein Unternehmer für die Prüfung elektrischer Betriebsmittel beachten muss, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein.
Verantwortung des Unternehmers
In den eingangs genannten Einrichtungen sieht es meist so aus, dass größere Aufträge an Elektrofachfirmen (Meisterbetriebe) fremdvergeben werden. Jedoch verbleibt dann mangels rechtssicherer Fremdvergabe die Verantwortung für die Elektrosicherheit meist komplett beim Unternehmer.
Weiterbildung berufsfremder Mitarbeiter zur elektrotechnisch unterwiesenen Person
Eine Weiterbildung der Hausmeister zur elektrotechnisch unterwiesenen Person (EuP) ist zwar oftmals erfolgt, genügt in den meisten Fällen jedoch nicht den derzeit gültigen Anforderungen. Ein Hausmeister in Form einer elektrotechnisch unterwiesenen Person darf nicht mit der eigenverantwortlichen Prüfung elektrischer Arbeitsmittel beauftragt werden – das kann auch nicht durch Prüfgeräte mit automatisiertem Messablauf und vermeintlich eindeutiger Ergebnisanzeige (sogenannte „Rot/Grün“-Anzeige) umgangen werden.
Vorliegen eines elektrotechnischen Betriebsteils
Außerdem liegt durch das Betreiben elektrischer Anlagen und die zuvor beschriebenen Instandsetzungsmaßnahmen ein elektrotechnischer Betriebsteil vor, an den die DIN VDE 1000-10 „Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen“ weitere strukturelle Anforderungen stellt. Informieren Sie sich im Folgenden über die Anforderungen an die jeweilige Qualifikation.
Verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK)
Grundsätzlich verlangt die DIN VDE 1000-10 eine verantwortliche Person für die fachliche Leitung eines elektrotechnischen Betriebs oder Betriebsteils, die sogenannte „verantwortliche Elektrofachkraft“ (VEFK).
Eine abgeschlossene Ausbildung im Bereich der Elektrotechnik zum staatlich geprüften Techniker, Meister oder Ingenieur – neu hinzugekommen sind Bachelor und Master – (siehe DIN VDE 1000-10, Abschn. 5.2) sowie ein zeitnaher Einsatz in diesem Bereich und Kenntnisse der aktuellen Normen und Regelwerke sind unabdingbare Voraussetzungen für die Übernahme der Aufgaben als verantwortliche Elektrofachkraft in einem Unternehmen bzw. für einen Arbeitgeber.
Die verantwortliche Elektrofachkraft trägt die Verantwortung für die Erfüllung von Unternehmeraufgaben im zugewiesenen elektrotechnischen Rahmen. Die Pflichtenübertragung erfolgt in Schriftform mit einer transparenten und präzisen Aufgaben- und Kompetenzzuweisung. Weitergegeben wird dabei nur die Handlungsverantwortung; die Überwachungs- und Aufsichtsverantwortung bleibt immer beim Delegierenden. Diese Forderung ist in § 13 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und in § 13 der Berufsgenossenschaftlichen Verordnung DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ verankert.
Die Unternehmensleitung und die oberen Führungskräfte behalten also auch bei der Delegation von Aufgaben und Handlungsverantwortung immer „die Fäden in der Hand“. Sie tragen weiterhin die Gesamtverantwortung und müssen die „Oberaufsicht“ führen.
Elektrofachkraft (EFK)
Tätigkeiten, die von Bedeutung für die elektrische Sicherheit sind, dürfen nach DIN VDE 1000-10 und der DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ nur von Elektrofachkräften nach DIN VDE 1000-10, Abschn. 3.2 ausgeführt werden. Elektrofachkräfte sind als Personen definiert, die aufgrund ihrer Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Normen die ihnen übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen können.
Eine Elektrofachkraft muss von der Ausbildung her zumindest Elektrogeselle mit Gesellenbrief sein, Berufserfahrung besitzen und mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik im Elektrobereich vertraut sein.
Elektrotechnisch unterwiesene Person (EuP)
Elektrotechnisch unterwiesene Personen arbeiten laut DIN VDE 1000-10 immer unter der Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft. Das bedeutet, dass die der elektrotechnisch unterwiesenen Person zugewiesene Elektrofachkraft für die Einhaltung der gegebenen Anweisungen zu sorgen hat und für die übertragenen Tätigkeiten der elektrotechnisch unterwiesenen Person verantwortlich ist.
Befähigte Person (bP)
Für die Prüfung elektrischer Arbeitsmittel spezifiziert die Technische Regel für Betriebssicherheit TRBS 1203 „Befähigte Personen“ Abschn. 3.3 „Elektrische Gefährdung“ die Anforderungen an Elektrofachkräfte als Prüfer:
- Eine mindestens einjährige Erfahrung mit der Errichtung, dem Zusammenbau oder der Instandhaltung von elektrischen Arbeitsmitteln,
- eine zeitnahe berufliche Tätigkeit sowie
- die Kenntnis der relevanten technischen Regeln für die vorgesehenen Prüfaufgaben sind demnach Grundvoraussetzungen.
Durch die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen können die Kenntnisse auf dem aktuellen Stand gehalten werden und befähigen nunmehr die Elektrofachkraft, Prüfungen elektrischer Geräte und Betriebsmittel entsprechend der vorgegebenen Vorschriften eigenständig durchzuführen.
Eine schriftliche Bestellung zur befähigten Person mit Weisungsfreiheit im zugewiesenen Aufgabengebiet durch den Unternehmer ist außerdem zwingend erforderlich, da der Prüfer bei seiner Prüftätigkeit keinen fachlichen Weisungen unterliegt und wegen dieser auch nicht benachteiligt werden darf.
Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten (EFKffT)
Hinsichtlich der gestellten Anforderungen durch die DIN-VDE-Bestimmungen und Vorschriften des Gesetzgebers darf eine elektrotechnisch unterwiesene Person nur dann elektrotechnische Instandsetzungsarbeiten durchführen, wenn eine Leitungs- und Aufsichtsführung durch einen strukturierten Elektrobereich mittels verantwortlicher Elektrofachkraft und Elektrofachkraft sichergestellt ist.
Sind bei der Inbetriebnahme, Instandhaltung oder im Kundendienst eigenständig durchzuführende elektrotechnische Tätigkeiten erforderlich, die von berufsfremden Personen ausgeführt werden müssen, reicht eine Weiterbildung zur elektrotechnisch unterwiesenen Person nicht aus.
Um diesen Bedürfnissen sowohl im Handwerk als auch in der Industrie und sonstigen gewerblichen Bereichen gerecht zu werden, wurde in die Durchführungsanweisung zu § 2 DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ der Begriff „Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten“ (EFKffT) aufgenommen. Der Ausbildungsumfang zur Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten ist in den Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen DGUV Grundsatz 303-001 geregelt und mit mindestens 80 Unterrichtseinheiten in Theorie und Praxis bemessen.
Qualifizierung berufsfremder Mitarbeiter
Wichtig bei der Weiterqualifizierung z.B. eines Hausmeisters zur Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten ist, dass das sehr eng gesteckte Aufgabengebiet wiederum schriftlich und mit einem Tätigkeitsprofil delegiert wird.
Festgelegte Tätigkeiten sind gleichartige, sich wiederholende elektrotechnische Arbeiten an Betriebsmitteln, die vom Unternehmer in einer Arbeitsanweisung festgelegt sind. Die Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten kann in keinster Weise eine Elektrofachkraft ersetzen, allerdings kann im Gegensatz zur elektrotechnisch unterwiesenen Person die Aufsichtsführung durch eine Elektrofachkraft entfallen. Die Notwendigkeit einer verantwortlichen Elektrofachkraft bleibt dabei unberührt.
Die TRBS 1203 „Befähigte Personen“ Abschn. 3.3 „Elektrische Gefährdung“ setzt Berufsausbildung, Berufserfahrung und eine zeitnahe berufliche Tätigkeit für die Prüfer von elektrischen Arbeitsmitteln voraus. Ob eine Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten das Kriterium Berufsausbildung erfüllt, obliegt schlussendlich dem Arbeitgeber. Er hat weiterhin zu prüfen,
- ob die elektrotechnischen und die darüber hinaus notwendigen Kenntnisse ausreichen, um die durchzuführenden Arbeiten zu beurteilen und die entstehenden Gefahren zu erkennen, und
- ob ein Dokument vorliegt, das die relevanten Inhalte der Qualifikation, also sowohl fachliche wie auch persönliche Eignung, wiedergibt.
Eine mindestens einjährige Berufserfahrung und die Kenntnis der prüfrelevanten Regeln der Technik müssen sowohl die Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten als auch die Elektrofachkraft gleichermaßen vorlegen können.
Bei einer befähigten Person, die ausschließlich Prüfungen durchführt, ist es nicht notwendig, eine verantwortliche Elektrofachkraft überzuordnen. Unterliegt eine befähigte Person bei der Prüftätigkeit allerdings den Weisungen einer verantwortlichen Elektrofachkraft, dann muss die verantwortliche Elektrofachkraft zuvor auch eine entsprechende Befähigung erlangt haben.
Fazit
Der Arbeitgeber hat gemäß § 3 Abs. 3 Betriebssicherheitsverordnung die notwendigen Voraussetzungen zu ermitteln und festzulegen, welche die Personen erfüllen müssen, die von ihm mit der Prüfung oder Erprobung von Arbeitsmitteln zu beauftragen sind. Dabei empfiehlt es, sich bei der formalen Bestellung zur befähigten Person eine Checkliste beizufügen, die sowohl die fachliche wie auch die persönliche Eignung abfragt und dokumentiert.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele berufsfremde Mitarbeiter sowie Elektrofachkräfte nicht die notwendigen Kenntnisse aufweisen, weil die Arbeitgeber häufig bei den Weiterbildungsmaßnahmen einsparen. Auch bei der Beauftragung externer Prüfer besitzt § 3 Abs. 3 Betriebssicherheitsverordnung Rechtsgültigkeit.
Die Einforderung eines Befähigungsnachweises vom externen Prüfer sowie das schriftliche Abfordern von Prüfinhalt und -umfang sind bei einer rechtssicheren Fremdvergabe unerlässlich, will man sich auf das Vertragsrecht beziehen. Zu bezweifeln ist allerdings, dass das günstigste beauftragte Fremdunternehmen diesen Forderungen nachkommen kann.