04.05.2023

DIN VDE 0100-410: Schutz gegen elektrischen Schlag

In der DIN VDE 0100-410 finden Sie die Anforderungen zum Schutz gegen den elektrischen Schlag. Die Norm ist auch als Sicherheitsgrundnorm bekannt. Behandelt werden der Basisschutz und der Fehlerschutz für Personen und Nutztiere, aber auch, wie die Schutzmaßnahmen in elektrischen Anlagen angewendet und koordiniert werden sollen. Hier erfahren Sie die wichtigsten Inhalte der Norm.

Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag

Das Ziel der DIN VDE 0100-410 in der Elektrosicherheit: Personen und Nutztiere sollen vor Gefahren geschützt werden, die beim Berühren von fehlerhaften elektrischen Betriebsmitteln auftreten können.  Bestimmte Schutzmaßnahmen sollen das Durchfließen von gefährlichen Fehlerströmen durch den Körper von Menschen und Tieren begrenzen oder verhindern. Außerdem sollen sie automatische Abschaltungen von Stromversorgungen gewährleisten. Die entsprechenden Schutzmaßnahmen müssen koordiniert werden.

Für die Praxis erläutert die Norm die richtige Koordinierung von Schutzmaßnahmen in den unterschiedlichen Netzsystemen. Dabei sind bezüglich der Abschaltzeiten der Schutzorgane die Unterschiede der TT-, TN-Systeme und des IT-Systems zu beachten.

Die aktuell gültige Ausgabe der Norm DIN VDE 0100-410 stammt vom Oktober 2018. Ihr offizieller Titel lautet: „Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-41: Schutzmaßnahmen – Schutz gegen elektrischen Schlag“.

Anforderungen der DIN VDE 0100-410

Eine Schutzmaßnahme besteht aus einer geeigneten Kombination unabhängiger Schutzvorkehrungen: einer Basisschutz-  und einer Fehlerschutzvorkehrung oder einer verstärkten Schutzvorkehrung, die den Basisschutz (Schutz gegen direktes Berühren) und den Fehlerschutz (Schutz bei indirektem Berühren) bewirkt.

Dabei sind folgende Schutzmaßnahmen unter Beachtung der äußeren Einflüsse zulässig:

  • Schutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung
  • Schutz durch doppelte oder verstärkte Isolierung
  • Schutz durch Schutztrennung für die Versorgung eines Verbrauchsmittels
  • Schutz durch Kleinspannung mittels SELV oder PELV

Schutzmaßnahme automatische Abschaltung der Stromversorgung

Anforderungen an den Basisschutz

Alle elektrischen Betriebsmittel sind mit einem Basisschutz zu versehen. Alle aktiven Teile sind vollständig mit einer Isolierung abgedeckt und können nur durch Zerstörung entfernt werden. Durch diese Maßnahme ist das Berühren aktiver Teile verhindert. Ein Schutz kann auch mit Abdecken und Umhüllen erreicht werden. Dabei ist mindestens die Schutzart IPXXB oder IP2X einzuhalten.

Anforderungen an den Fehlerschutz

Alle Körper sind mit einem Schutzleiter zu verbinden. Schutzerdungsleiter müssen die Anforderungen nach der DIN VDE 0100-540 erfüllen.

Schutzpotenzialausgleich

In jedem Gebäude müssen eingeführte Metallteile, die eine gefährliche Potenzialdifferenz verursachen und nicht Bestandteil der Elektroinstallation sind, mit der Haupterdungsschiene verbunden werden. Beispiele:

  • Rohrleitungen von Versorgungssystemen, die in Gebäude eingeführt sind, z.B. Gas-, Wasser-, Fernwärme-Systeme
  • fremde leitfähige Teile der Gebäudestruktur
  • berührbare Bewehrungen von Gebäudekonstruktionen

Sie sind so nah wie möglich an dem Gebäudeeintritt miteinander zu verbinden!

Automatische Abschaltung im Fehlerfall

Es ist auf eine ausreichend niedrige Impedanz zwischen den Außenleitern und dem Schutzleiter eines Stromkreises bzw. des Betriebsmittels zu achten. Dabei spielt die geforderte Abschaltzeit in der Tab. 41.1 eine wichtige Rolle.

In der Norm ist die maximale Abschaltzeit in Gleichstromsystemen festgelegt. Hier wird eine Abschaltzeit im TN-System von 1 Sekunde gefordert. Alle genannten Abschaltzeiten beziehen sich seit der 2018-er Fassung der Norm auch auf Steckdosen mit einem Bemessungsstrom von 63 A anstatt wie vorher 32 A. Die 32 A beziehen sich nur noch auf fest angeschlossene elektrische Verbrauchsmittel!

Weitere Anforderungen der DIN VDE 0100-410

Eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung mit einem Bemessungsstrom nicht größer als 30 mA ist vorzusehen bei:

  • Steckdosen in Endstromkreisen für Wechselstrom mit einem Bemessungsstrom nicht größer als 32 A, die für die Benutzung von Laien und zur allgemeinen Verwendung bestimmt sind
  • Endstromkreisen mit fest angeschlossenen ortsveränderlichen Betriebsmitteln für Wechselstrom zur Verwendung im Außenbereich mit einem Bemessungsstrom nicht größer als 32 A

Neu in der Normfassung von 2018 war die Erhöhung des Bemessungsstroms auf 32 A anstatt wie vorher 20 A.

Der Verzicht auf den Einbau eines Fehlerstrom-Schutzschalters darf seitdem nur noch im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung nach der Betriebssicherheitsverordnung erfolgen. Es müssen dafür entsprechende Maßnahmen festgelegt werden, die eine allgemeine Verwendung dieser Steckdosen dauerhaft ausschließen.

Zusätzliche Anforderungen für Leuchtenstromkreise in TN- und TT-Systemen

In Wohnungen sind nun Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen mit einem Bemessungsdifferenzstrom nicht größer als 30 mA für Leuchten in Wechselspannungsstromkreisen verpflichtend.

Schutzmaßnahme: doppelte oder verstärkte Isolierung

Diese Schutzmaßnahme beschreibt den

  • Basisschutz durch eine Basisisolierung sowie
  • den Fehlerschutz durch eine zusätzliche Isolierung.

Eine verstärkte Isolierung ist zwischen den aktiven und berührbaren Teilen ebenfalls als Maßnahme gefordert.

Für einen Stromkreis, der Betriebsmittel der Schutzklasse II versorgt, ist der Schutzleiter trotzdem immer mitzuführen und auf einer geeigneten Klemme zu führen.

Diese Anforderung ist beabsichtigt. Es kann eventuell vorkommen, dass ein Betriebsmittel der Schutzklasse II gegen ein Betriebsmittel der Schutzklasse I ausgetauscht wird, in diesem Fall benötigt man dann den Schutzleiter.

Schutzmaßnahme: Schutztrennung

Der Stromkreis ist von einer Stromquelle mit mindestens einer einfachen Trennung und einer Spannung von höchstens 500 V einzuspeisen. Aktive Teile des Stromkreises dürfen an keinem Punkt mit einem anderen Stromkreis oder mit dem Schutzleiter oder Erde verbunden werden.

Basisschutz

Alle hier genannten Maßnahmen erfordern zusätzlich den Basisschutz!

Es dürfen auch mehrere Stromkreise in einem Kabel oder einer Leitung erfolgen. Dabei muss die Bemessungsspannung der Kabel und Leitungen für die höchstvorkommende Spannung isoliert und jeder Stromkreis gegen Überstrom geschützt werden.

Schutzmaßnahme: Schutz durch Kleinspannung mittels SELV oder PELV

Der Schutz durch Kleinspannung kann durch SELV oder PELV erfolgen. Die Spannung ist begrenzt auf 50 V AC und 120 V DC. Eine gefährliche Berührungsspannung ist daher ausgeschlossen. Als Stromquelle für SELV- und PELV-Systeme kann ein Sicherheitstransformator oder ein gleichwertiges Schutzgerät, das die Bedingungen eines Sicherheitstransformators erfüllt, dienen. Als Alternative kann man auch eine Batterie verwenden. Die Anforderungen an SELV- und PELV-Stromkreise beziehen sich auf eine Basisisolierung zwischen den aktiven Teilen und einer sichereren Trennung.

Auf einen Basisschutz kann verzichtet werden, wenn die Bemessungsspannung bei normalen, trockenen Umgebungsbedingungen AC 25 V oder DC 60 V nicht überschreitet. In allen anderen Fällen kann auf einen Basisschutz bei AC 12 V oder DC 30 V verzichtet werden.

Keine Erdung

Im Gegensatz zu PELV-Stromkreisen darf ein SELV-Stromkreis nicht geerdet werden!

Zusätzlicher Schutz

Das Verwenden von Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen mit einem Bemessungsdifferenzstrom ≤ 30 mA hat sich als zusätzlicher Schutz bewährt, wenn der Basisschutz oder der Fehlerschutz versagt. Es soll aber nicht als alleiniges Mittel des Schutzes dienen. Die hier vorher aufgeführten Schutzmaßnahmen sollten trotzdem angewendet werden.

Als zusätzlicher Schutz wird der zusätzliche Schutzpotenzialausgleich verwendet. Dieser Potenzialausgleich hat alle gleichzeitig berührbaren Körper und fremden leitfähigen Teile miteinander zu verbinden. Alle Schutzleiter sind mit der Schutzpotenzialausgleichsanlage zu verbinden.

Dadurch wird die Berührungsspannung noch einmal abgesenkt und ist verpflichtend in besonderen Räumen nach der VDE 0100 mit Teil 700 anzuwenden.

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Autor*in: WEKA Redaktion