23.09.2021

VTG testet LNG-Transport auf der Schiene

Russisches Gas kommt nach Europa – aber nicht nur. Die Konkurrenz aus aller Welt kommt – in Form von LNG. Es wird mit Schiffen zu speziellen Häfen auch in Deutschland gebracht. Dann geht es weiter per Schiff, Pipeline – oder Bahn. Dies testete VTG auf der Strecke Nordsee-Bayern.

LNG Schiene

LNG von Brunsbüttel nach Ingolstadt

Einen ersten erfolgreichen Testtransport von tiefkalt verflüssigtem Erdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) hat der Hamburger Schienenlogistiker VTG AG erfolgreich durchgeführt. Auftraggeber ist die Liqvis GmbH, eine Tochtergesellschaft von Energieversorger Uniper SE. Die Beladung fand mit technischer Unterstützung durch Chart Ferox a.s. auf dem Gelände der Brunsbüttel Ports GmbH statt.

Anschließend ging es auf der Schiene zum rund 800 km entfernten Uniper-Kraftwerk Ingolstadt. Liqvis sieht im Schienentransport von LNG eine wichtige Alternative, LNG sicher, wirtschaftlich und umweltschonend zu möglichen LNG-Verteilzentren zu bringen. Sie will das Unternehmen mit diesem Projekt untersuchen. Auf der Schiene ließen sich größere Mengen in einem Lot transportieren, dadurch Transportemissionen verringern und Straßen entlasten. Zudem zeichne sich der Transport von Gefahrgütern auf der Schiene durch eine allgemein hohe Sicherheit aus.

Technikdienstleister Chart Ferox

Chart Ferox, a.s. ist ein weltweit anerkannter Hersteller und Lieferant von kryogenen, also kältetechnischen Geräten und Systemen für Lagerung, Transport und Verteilung leichterer technischer Gase wie Sauerstoff (O‎2), Stickstoff (N2) und Argon (Ar), Kohlendioxid (CO2) und Kohlenwasserstoffe, insbesondere LNG. Das Unternehmen hat mehr als fünfundsiebzig Jahre Tradition im Bereich Maschinenbau. Chart Ferox, a.s. mit Sitz in Děčín (Tschechien) ist Teil der Chart Industries, Inc. Gruppe mit weltweiter Abdeckung und Niederlassungen in USA, China, Australien, Großbritannien und Deutschland. ‎

Innovationen für nachhaltige Logistik

VTG engagiert sich seit vielen Jahren für den Energieträger LNG. Als nach eigenen Angaben erstes und bisher einziges Unternehmen im Bahnsektor hat das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Chart Ferox a.s. einen innovativen Güterwagen entwickelt. Er ermöglicht Transport von LNG abseits der Seewege, des Straßentransports und eines Pipelinenetzes innerhalb Europas. Die neuartigen Kesselwaggons sind laut dem Hersteller mit einem vakuumisolierten Tank ausgestattet. Er stellt die Transporttemperatur, Einfülltemperatur für LNG stabil sicher.

Brunsbüttel an der Schnittstelle zwischen Ost und West

Für die Verladung fiel die Wahl auf den Elbehafen der Brunsbüttel Ports GmbH. Hier erfolgte bereits die Erstbefüllung des speziell entwickelten VTG Kesselwaggons mit LNG im April 2016. Der Brunsbütteler Elbehafen liegt strategisch günstig am Schnittpunkt Elbe und Nord-Ostsee-Kanal (NOK) in der Nähe zum Hamburger Hafen sowie Zugang zu den baltischen und skandinavischen Märkten.

Der Hafen hat sich über den NOK zu einem der führenden LNG-Standorte an der deutschen Nordseeküste entwickelt, erläutert Frank Schnabel, Geschäftsführer der Brunsbüttel Ports GmbH / Schramm Group. Regelmäßig finden LNG-Bebunkerungen truck-to-ship wie auch ship-to-ship  in Brunsbüttel statt. Hier schreiten Planungen für ein LNG Import- und Distributionsterminal voran. Eine Weiterverteilung des LNG könnte ab Brunsbüttel erfolgen über:

  • Schiene in Kooperation mit VTG
  • LNG-Bunkerschiffe
  • Pipelinenetz.

Rollende Pipeline

„VTG besitzt das erforderliche Know-how und die Logistikkonzepte, um bereits jetzt LNG zuverlässig, schnell und klimafreundlich über das europäische Schienennetz zu transportieren“, sagt Heinz-Jürgen Hiller, Business Development LNG Europe.
Als rollende Pipeline könnten LNG-Kesselwagen von VTG Industrien mit einem großen Energiebedarf permanent mit Flüssigerdgas versorgen. Dies schließe eine Lücke im Schienengüterverkehr.

Optimierungspotenziale ausloten

Sebastian Gröblinghoff, Geschäftsführer der Liqvis GmbH: „Die durchgängige und sichere Belieferung unserer bestehenden und geplanten Tankstellen mit LNG ist für unsere Kunden und uns von zentraler Bedeutung.“
Dabei arbeite man daran, neben der Bereitstellung eines möglichst CO2-armen Produktes an seinen Tankstellen auch über die gesamte vorgelagerte  Wertschöpfungskette CO2-Emissionen einzusparen. Von dem Testprojekt mit VTG verspricht man sich, Optimierungspotenziale bei der Belieferung seines Tankstellennetzwerkes mit LNG auszuloten.

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)