13.05.2019

Vertragsverhandlungen abbrechen: Das müssen Sie beachten

Ein Einkäufer steht mit einem Lieferanten in Vertragsverhandlungen. Der Einkäufer erklärt sich grundsätzlich bereit, bei ihm zehn gebrauchte Maschinen zu bestellen, wenn sie sich handelseinig werden. Der Lieferant übersendet ihm einen Vertragsentwurf und beginnt nach Absprache mit dem Einkäufer damit, die Maschinen zu überholen. Der möchte auf einmal die Vertragsverhandlungen abbrechen. Was ist jetzt zu beachten?

Worauf Sie achten sollten beim Abbruch von Vertragsverhandlungen.

Für den Abbruch der Vertragsverhandlungen sollten triftige Gründe vorliegen

Der Einkäufer bzw. der Besteller hat nach § 241 Abs. 2 BGB eine schon vorvertragliche Pflicht, Rücksicht auf seinen Verhandlungspartner zu nehmen. Bricht der Einkäufer die Vertragsverhandlungen einfach ab, dann verletzt er sie.

Der Lieferant kann in diesen Fällen Ansprüche aus §§ 311 Abs. 2 und 3 BGB an den Einkäufer geltend machen:

  1. Der Einkäufer bzw. Besteller hat in zurechenbarer Weise das berechtigte Vertrauen des Lieferanten erweckt, dass der Vertrag abgeschlossen wird.
    Im Einzelnen: Kein berechtigtes Vertrauen ist anzunehmen in den Fällen…
    …in denen sich die Vertragsparteien noch nicht über die wesentlichen Vertragsmodalitäten geeinigt hatten,
    …in denen noch damit zu rechnen war, dass die Verhandlungen scheitern werden oder
    …in denen der Lieferant selbst noch Vorbehalte gegenüber einem Vertragsschluss hatte.
  2. Der Einkäufer bricht die Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund ab.
    Weil grundsätzlich Vertragsfreiheit besteht, sind die Anforderungen an den triftigen Grund nicht hoch.
    Als „triftiger Grund“ kommen alle sachgerechten Erwägungen in Betracht.
    Typische Beispiele:
    …Ein günstigeres Angebot,
    …die Absatzchancen haben sich verschlechtert oder
    …der andere Vertragspartner zeigt kein Interesse mehr am Vertragsschluss.

Wenn die weiteren Voraussetzungen dafür vorliegen, hat hier der Lieferant nur einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Pflichtverletzung entstanden ist (§ 280 Abs. 1 BGB). Der Lieferant hat aber keinen Anspruch auf den Abschluss des Vertrags.

Vertragsverhandlungen bei form- und genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäften

Bei form- und genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäften haftet der Einkäufer bzw. Besteller grundsätzlich nicht, wenn er die Vertragsverhandlungen abbricht. Durch die Schadensersatzpflicht nach § 280 Abs. 1 BGB wäre er sonst indirekt gezwungen, einen Vertrag abzuschließen.

Das widerspräche zum Beispiel dem Sinn und Zweck der entsprechenden Formvorschrift. Diese Formvorschrift verlangt, dass der Vertrag formgerecht abgeschlossen wird, wenn er bindend sein soll.

Ausnahme: Der in Anspruch Genommene verstößt besonders schwerwiegend, in der Regel vorsätzlich, gegen die Pflicht, sich redlich zu verhalten.

Autor*in: Claudia Zwilling-Pinna (Juristin und Herausgeberin des Rechtshandbuchs)