08.02.2022

Verlagerung ins Ausland: Immer weniger Autos aus Deutschland

Made in Germany – Einkäufer weltweit kaufen nach wie vor deutsche Autos. Doch was da drin ist, ist immer weniger das, was draufsteht. Denn in Deutschlands Herstellerunternehmen gehen langsam aber sicher die Lichter aus. Immer mehr verlagern ihre Betriebe ins Ausland.

Autos aus Deutschland

Nur noch ein paar Millionen Fahrzeuge aus Deutschland

Ganze 3,1 Millionen Fahrzeuge verließen 2021 noch die Fließbänder der Pkw-Produktion in Deutschland. Das waren 2,6 Millionen weniger als noch 2016 mit 5,7 Millionen Stück – ein Rückgang um fast die Hälfte. Das berichtet die „Junge Freiheit“ und beruft sich dabei auf eine aktuelle Auswertung der Deutschen Industriebank (IKB). Den Angaben der IKB-Volkswirte zufolge entfällt dieser Produktionsrückgang auf:

  • eine Million durch Corona bedingte Ausfälle
  • weltweit höchste Standortkosten
  • weiter zunehmendes Fachkräfteproblem
  • Industriefeindlichkeit in Deutschland, u.a. manifestiert im Koalitionsvertrag der derzeitigen Bundesregierung

Zum Vergleich:

  • 2016 wurden weltweit 72,1 Millionen Fahrzeuge produziert,
  • 2020, das letzte Jahr, für das vollständige Daten verfügbar sind, das erste Corona-Jahr, seien es noch 55,8 Millionen gewesen.

Der Rückgang damit:

  • international um ein Viertel
  • in Deutschland um die Hälfte.

Gleichwohl sprudelten die Gewinne der deutschen Hersteller und auch deren Dividenden immer stärker. Grund dem Bericht zufolge: die Produktion werde immer stärker ins Ausland verlagert. Das spiegele die Zulieferindustrie. Sie versorgten mit Hochdruck verstärkt in vielen ländlichen Regionen die deutschen Autowerke. Zumal kleinere, nicht international aufgestellte Betriebe, sehen die Marktforscher der IKB in Schwierigkeiten.

Lieferengpässe sind nach Erkenntnis der IKB-Spezialisten für die schwachen Produktionszahlen der letzten Monate mitverantwortlich. Sie böten aber keine Erklärung für die nun schon seit dem Jahr 2018 anhaltende Schwäche der deutschen Industrieproduktion. Sie erhalte immer weniger positive Impulse aus der Weltwirtschaft. Die Automobilindustrie spiele hierbei eine entscheidende Rolle. So kann die seit Anfang 2018 stagnierende globale Pkw-Produktion der deutschen Hersteller nicht mehr auffangen die negativen lokalen Effekte aus:

  • Produktionsverlagerungen,
  • globaler Kapazitätsausweitung und
  • anhaltender Spezialisierung am Standort Deutschland.

Für eine Erholung der gesamten deutschen Industrie halten die Volkswirte der IKB für notwendig:

  • eine Belebung der Weltwirtschaft
  • eine stärkere Investitionsbereitschaft am Standort Deutschland
  • eine bessere Nutzung globaler Wachstumsimpulse für den lokalen Standort.

Eine langfristige Lösung sehen sie in Deutschland selbst und weniger in fehlenden Halbleitern aus Asien. Lieferengpässe spielten nur aktuell eine Rolle.

Pkw-Markt bracht 2021 ein …

Der deutsche Pkw-Markt brach 2021 um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr ein. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) registrierte gut 2,62 Millionen Neuzulassungen. Das Jahr endete mit einem besonders starken Rückgang. Im Dezember wurden nur 227.600 Pkw neu zugelassen. Das ist ein Minus gegenüber dem Vorjahresmonat von 27 Prozent. 2021 wurden in Deutschland 1,05 Millionen Pkw von internationalen Marken neu zugelassen. Der Marktanteil der VDIK-Mitglieder lag wie schon im Vorjahr bei gut 40 Prozent.

Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller, erklärte: „Der Pkw-Markt hat im vergangenen Jahr alle überrascht, leider nicht positiv. Statt einer Erholung nach dem Einbruch in der Corona-Krise sanken die Neuzulassungen weiter ab. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 verzeichnen wir insgesamt eine Million Neuzulassungen weniger.“ Der weltweite Mangel an Halbleiterprodukten traf die Automobilbranche mit unerwarteter Wucht und führte zu einem unfreiwilligen Rückgang der Automobilproduktion. Zirpel weiter: „Der Auto-Markt lief 2021 mit angezogener Handbremse. Die Kunden wollten Gas geben und mehr Autos kaufen. Aber die Hersteller konnten wegen der Produktionsengpässe nur teilweise liefern.“

… und legte im Januar 2022 wieder zu

Im Januar 2022 legte der Markt dagegen um 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zu. Das KBA registrierte 184.100 Neuzulassungen. Darunter waren über 70.800 neue Pkw von internationalen Marken. Sie steigerten ihren Marktanteil auf 38 Prozent (Vorjahresmonat: 36 Prozent). Der Januar hatte 2022 einen Arbeitstag mehr als im Vorjahr. Um diesen Effekt bereinigt, lag das Plus sogar nur bei drei Prozent, im Verhältnis zu einem Vergleichsmonat 2021, der nach Auslaufen der Mehrwertsteuerreduzierung, Ende 2020 bereits sehr niedrig war.

Zirpel: „Die Automobilbranche hat zu Jahresbeginn nur wenig Grund, durchzuatmen. Vom Vorkrisenniveau war der Markt auch im Januar noch weit entfernt. Wir verzeichnen rund ein Fünftel weniger Neuzulassungen als in den Januarmonaten der Jahre 2020 und 2019. Für den weiteren Jahresverlauf ist das Erholungspotenzial groß, da die Auftragsbestände sehr hoch sind. Die Marktentwicklung hängt jedoch entscheidend davon ab, in welchem Umfang es gelingt, die Lieferfähigkeit zu verbessern.“

Verkäufe an Privatkunden

Der Privatmarkt legte um 32 Prozent auf rund 64.500 Fahrzeuge zu. Die Verkäufe an Privatkunden erreichten, nach dem Einbruch Anfang 2021, nun wieder ein normales Niveau im Vergleich zum Gesamtmarkt von rund 35 Prozent. Ein deutliches Wachstum verzeichneten im Januar die Elektroautos. Laut KBA wurden annähernd 21.000 Pkw mit rein batterieelektrischem Antrieb (plus 28 Prozent) neu zugelassen. Die Neuzulassungen von Plug-In-Hybriden lagen mit 18.900 Einheiten acht Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Insgesamt wurden den Angaben zufolge über 76.000 Pkw mit einem alternativen Antrieb registriert. Dazu zählen:

  • Elektroautos,
  • Hybride mit und ohne Stecker,
  • Mild-Hybride,
  • Gas-Pkw
  • Brennstoffzellenfahrzeuge.

Somit wiesen 42 Prozent aller Neuwagen im Januar in Deutschland einen alternativen Antrieb auf (Januar 2021: 37 Prozent). Der Markt für Pkw mit Dieselantrieb lief dagegen äußerst schwach. Es wurden nur rund 39.700 Diesel-Pkw neu zugelassen. Der Diesel-Anteil ist damit auf 22 Prozent gesunken (Januar 2021: 26 Prozent).

Ähnliches Bild bei Nutzfahrzeugen

Der Nutzfahrzeugmarkt behauptete sich 2021 mit gut 351.000 Zulassungen knapp über dem Vorjahresniveau. Wie im Pkw-Markt folgte auch bei den Nutzfahrzeugen dem deutlichen Zuwachs im ersten Halbjahr (plus 22 Prozent) ein kräftiger Einbruch ab Juli (minus 19 Prozent). Die Neuzulassungen von leichten Nutzfahrzeugen bis 3,5 Tonnen sanken um 1 Prozent auf annährend 266.000 Einheiten. Die schweren Nutzfahrzeuge legten dagegen um 10 Prozent zu. Über 55.000 Neuzulassungen waren hier zu verzeichnen.

Der Nutzfahrzeugmarkt verzeichnete im Januar 20222 mit gut 23.200 Neuzulassungen ein Minus von 3 Prozent. Sowohl die leichten als auch die schweren Nutzfahrzeuge blieben unter dem Vorjahresniveau. Auch im Nutzfahrzeugmarkt wird die Entwicklung in den kommenden Monaten davon bestimmt, wie schnell die Lieferfähigkeit ausgebaut werden kann.

Glanz vergangener Autozeiten

Die Automobilindustrie zieht die gesamte Wirtschaft mit nach unten. Daimler-Benz, BMW, VW, Audi und andere Hersteller und Zulieferfirmen waren der Glanz der deutschen Wirtschaft. Die Politik versagt ihr ebenso wie der Kohle-, Stahl- und Atomindustrie ihre Unterstützung. Opel ist nur noch Namensgeber für französische Autos. Strengste Abgasnormen, tatsächliche oder scheinbare Skandale sowie für deutsche Fahrzeuge ungünstige Verbrauchsprüfverfahren wie WLTP erschweren der Branche die Existenz. Beobachter sehen der Autobranche ein ähnliches Schicksal wie der Solar- oder der Transrapid-Industrie voraus. Die hochmoderne Magnetschwebebahn wollte in Deutschland keiner haben; folglich war sie auch im Ausland unverkäuflich. Die Chinesen übernahmen diese Technologie erfolgreich.

Die Probleme habe die Politik verursacht mit Fahrverboten, Straßenverengungen, Parkplatzreduzierungen, Kostensteigerungen. So übergab Daimler die Herstellung von Motoren für Lkw bis 16 Tonnen dem amerikanischen Hersteller Cummins. Dieser hatte in den sechziger Jahren schon die Lkw-Sparte von Krupp übernommen, als nachdem erst die eigene Motorenproduktion und schließlich die gesamte Lkw-Sparte von Krupp am Ende waren.

Sackgasse E-Auto

Stattdessen propagiert die Politik das E-Auto. Schon 2019 sagte BMW-Entwicklungvorstand Klaus Fröhlich: „Es gibt keine Anfragen von Kunden für Batterie-Elektroautos. Keine.“ Mittlerweile wird auch in der Industrie nur noch das Elektrothema hochgehalten, allerdings bedingt durch die einseitige Subventionierung von E-Autos entgegen allen Belastungen, die die E-Mobilität mit sich bringt von der Umweltschädlichkeit bis hin zur mangelnden Stromversorgung in Deutschland bei Ausbau der Ladesäulennetze.

Mit der hohen Subventionierung ist zu erklären, dass

  • E-Autos unter den insgesamt 178.683 Neuzulassungen im Oktober einen Anteil von 17,1 Prozent (30.560 Fahrzeuge) hatten
  • Plug-in-Hybride einen Anteil von 13,3 Prozent (23.734).

Außerdem werden Neufahrzeuge vornehmlich gekauft von Unternehmen und Behörden:

  • zu zwei Dritteln in der Standard-,
  • zu 85 Prozent in der automobilen Oberklasse.

Deren Käufer setzen voll auf den Trend alternativer Antriebe und nehmen die Subventionen gern mit.

Einfluss grüner Politik

Grüne oder grün orientierte Politiker schaffen mit ihrem Einfluss auf die staatliche Verwaltung die Nachfrage nach E-Autos selbst und machen, so der Bericht in der „Jungen Freiheit“, die Verkehrswende damit zu „einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung“. Das Blatt führt als Beispiel den Fuhrpark des Bundestages an. Er besteht mehrheitlich mittlerweile aus E-Autos oder Hybriden. Eine nennenswerte private Nachfrage gibt es de facto nicht. So an den Bedürfnissen der Kunden vorbei produziert, räumen Fachleute trotz allen Subventionen dem E-Auto keine nachhaltigen Chancen ein.

Hochlauf E-VW

Mehr als ein Strohfeuer dürfte längerfristig vor diesem Hintergrund auch der derzeitige Hochlauf der Elektroautos kaum sein. Wie „Giga“ meldet, sieht man sich bei VW Anfang Februar 2022 offenbar gezwungen zu handeln und gibt nur noch sehr limitierte Stückzahlen an E-Autos an die Händler weiter. Die Chancen für potenzielle Kunden, einen ID.3 oder ID.4 in absehbarer Zeit zu ergattern, schwänden. So soll Volkswagen begonnen haben, für die beiden Modelle aus der ID-Reihe Quoten an Autohändler auszugeben. Dabei gilt: Je größer das Autohaus, desto mehr Elektrofahrzeuge stellt man in Wolfsburg zur Verfügung. Aber selbst bei Händlern mit großem Absatz sei das Limit viel niedriger als erwartet.

Großhändler, die über 1.000 Fahrzeuge pro Jahr verkaufen – unabhängig von der Antriebsart –, erhalten in 2022 maximal 35 ID.3 und 50 ID.4, schreibt „Giga“ und beruft sich auf den YouTube-Kanal „Nextmove“. Die Quoten seien absteigend gestaffelt bis zu einem Handelsvolumen von unter 199 Stück pro Jahr. Diese kleineren Händler erhielten nur fünf ID.3 und sechs ID.4. Das gehe aus Unterlagen hervor, die VW den Händlern habe zukommen lassen.

E-Auto im Abo

Schon seit Sommer 2021 ist dem Bericht zufolge beim ID.3 das Angebot an verfügbaren Konfigurationen eingeschränkt. Auch beim ID.4 erwarte Käufer bereits seit Wochen eine karge Auswahl. Hinzu kämen lange Lieferzeiten, nicht nur bei VW. Abhängig von Modell und Marke könne es derzeit oft über ein Jahr dauern, bis das neue E-Auto endlich vor der heimischen Haustür steht.

Laut Nextmove gelten die Quoten Ende Januar. Bei der allgemeinen Verfügbarkeit zusammen mit den restriktiven Bestellquoten ständen die Chancen für Kunden sehr schlecht, ihren neuen Elektro-VW noch im Jahr 2022 zu erhalten. Hoffnung besteht offenbar noch beim ID.5 – wenn man das nötige Kleingeld übrig hat. Das E-Auto ist von den Quoten nicht betroffen. Zudem will VW den kleinsten Stromer e-UP in Kürze wieder anbieten.

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)