06.05.2019

UN-Kaufrecht: So sieht ein wirksames Angebot aus

Beim grenzüberschreitenden Warenkauf kommt in den meisten Fällen das UN-Kaufrecht zum Einsatz. Für Einkäufer wichtig: Wann kann eine Erklärung des Bestellers oder ausländischen Lieferanten als Angebot zum Abschluss eines Vertrags gewertet werden? Welche Mindestbestandteile muss ein wirksames Angebot laut CISG aufweisen?

Ein Angebot nach UN-Kaufrecht erstellen

Anforderungen an ein wirksames Angebot nach UN-Kaufrecht

Grundsätzlich kann jedes Verhalten als Angebot gewertet werden, wenn es an eine oder mehrere Personen gerichtet ist und einen Vorschlag zum Abschluss eines Vertrags enthält. Um nach UN-Kaufrecht als wirksames Angebot zu gelten, muss es jedoch nach Art. 14 CISG den nachfolgend genannten Anforderungen genügen.

1. Inhaltlich bestimmt

Im Angebot muss die Ware bezeichnet sein. Ausdrücklich oder stillschweigend müssen Liefermenge sowie Preis festgesetzt sein oder festgesetzt werden können (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 CISG).
Haben die Vertragsparteien schon miteinander Geschäfte gemacht und gibt es dadurch Anhaltspunkte für die Festsetzung, sind die Anforderungen an die Bestimmtheit weniger streng als beim Erstgeschäft. Auch bestehende Vereinbarungen über eine geschäftliche Zusammenarbeit z.B. in Rahmenverträgen können herangezogen werden.

In Ausnahmefällen lässt sich über Art. 55 CISG der Preis bestimmen. Dabei wird mangels gegenteiliger Anhaltspunkte vermutet, dass die Parteien sich stillschweigend auf den Kaufpreis bezogen haben, der bei Vertragsabschluss allgemein für derartige Waren im betreffenden Geschäftszweig unter vergleichbaren Umständen galt.

2. Bindungswille des Anbietenden

Der Wille, an sein Angebot gebunden zu sein, wenn der Erklärungsempfänger es annimmt, muss erkennbar sein.
Das ist nicht der Fall bei Prospekten, Katalogen, Preislisten oder Mailing-Aktionen.

Erklärungen, die eine Rückantwort erwarten lassen oder die Erklärung terminlich eingrenzen, deuten auf einen Bindungswillen hin.

3. Bestimmter Personenkreis

Die Erklärung muss sich an eine oder mehrere bestimmte Personen richten.
Vorschläge an einen unbestimmten Personenkreis zum Beispiel in Werbeflyern, Preislisten oder öffentlichen Ausschreibungen sind in der Regel kein Angebot, sondern erst eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots – also eine Einladung, selbst ein Angebot abzugeben.
Eine solche „invitatio ad offerendum“ liegt nach Art. 14 Abs. 2 CISG jedoch nur vor, wenn der Anbietende seinen fehlenden Rechtsbindungswillen ausdrücklich erklärt oder sich wie bei Werbeflyern dieser aus den Umständen ergibt.

Wann das Angebot im Geltungsbereich UN-Kaufrecht als zugegangen gilt

Zunächst ein Beispiel: Ein italienischer Lieferant schickt dem Einkäufer eines in Deutschland ansässigen Schuhgroßhändlers per Post ein Angebot über 120 Paar Herrenschuhe. Bevor es zugeht, findet der Einkäufer eine E-Mail des Lieferers in seinem E-Mail-Postfach: Er habe sich geirrt und könne zu den im Angebot genannten Bedingungen doch nicht liefern. Kann der Einkäufer das ursprüngliche Angebot doch noch annehmen?

Anforderungen an den Zugang eines Angebots

Nein, der Einkäufer kann das ursprüngliche Angebot nicht mehr annehmen. Begründung: Ihm ist das Angebot erst nach Erhalt der E-Mail zugegangen. Deshalb kann er keinen Vertragsschluss mehr herbeiführen, indem er bestellt und damit das Angebot annimmt.

Solange ein Angebot nicht zugegangen ist, kann es keine Wirkung entfalten und der Erklärende hat das Recht, es zurückzunehmen oder zu ändern.

Zu unterscheiden sind nach Art. 24 CISG:

  • die mündliche Erklärung:
    Gesprochene Erklärungen unter Anwesenden – zum Beispiel in einer Verhandlung oder telefonisch – gehen dem Empfänger zu, sobald sie abgegeben sind. Vorausgesetzt wird allerdings, dass die Erklärung auch vernommen werden kann.
    Ist bei länderübergreifenden Telefonaten und Videokonferenzen die Kommunikation gestört, muss sich der Erklärende vergewissern, dass die Verbindung funktioniert und der Empfänger – vor allem bei einer fremden Sprache – in der Lage ist, die Erklärung zu verstehen.
  • auf anderem Weg abgegebene Erklärung:
    Nicht mündliche Erklärungen müssen dem Empfänger persönlich an seiner Niederlassung / seiner Postanschrift oder, sollten diese fehlen, an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zugestellt werden.
    Ähnlich wie die in § 130 Abs. 1 BGB getroffene Regelung ist damit die Übergabe entweder an den Empfänger selbst oder in seinen Briefkasten, Postfach oder an eine autorisierte Person gemeint.

Kenntnisnahme des Empfängers beim UN-Kaufrecht nicht entscheidend

Auf die Kenntnisnahme des Empfängers kommt es nach dem Wortlaut des Art. 24 CISG nicht an. Erfolgt der Eingang einer Erklärung außerhalb der Geschäftszeiten oder an in dem Land bestehenden Feiertagen, hindert dies nicht deren Zugang.

Die gesetzlichen Regelungen des UN-Kaufrechts sehen nicht vor, dass der Empfänger auch tatsächlich die Möglichkeit der Kenntnisnahme gehabt haben muss. Übrigens: Ein Telefax gilt dann als zugegangen, wenn es beim Empfänger eingeht.

Autor*in: Claudia Zwilling-Pinna (Juristin und Herausgeberin des Rechtshandbuchs)