RPA (Robotic Process Automation) kann Digitalisierung vorantreiben
Portfolioanalysen, Preisrecherchen, Bestellung, Überwachung – welcher Einkäufer wünscht sich derlei Routinearbeiten nicht automatisiert? Eine Makro wäre nicht schlecht, aber über verschiedene Anwendungen hinweg – eine Art Software-Roboter. Ihr Wunsch wird jetzt erhört, mit RPA.
Wie führen Sie Digitalisierung im Unternehmen ein?
Am einfachsten und günstigsten mit robotergesteuerter Prozessautomatisierung (Robotic Process Automation, RPA). Diese Ansicht vertritt Josef Hübl, CEO der triple-s GmbH mit Firmensitzen in Nittendorf bei Regensburg und in Frankfurt/M im Gespräch mit Prof. Dr. Thomas Liebetruth, seit 2009 Professor für internationale Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Logistik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg und Autor einer Vielzahl von Fachveröffentlichungen u.a. für WEKA Media, Kissing bei Augsburg.
triple-s entwickelt seit mehr als 24 Jahren Software für Klein-, Mittelstands- und Großunternehmen und hat einen Tätigkeitsschwerpunkt in der intelligenten Automatisierung digitaler Prozesse u.a. mit dem RPA-Produkt „X2X Software Roboter“.
Die Automatisierung von administrativen Prozessen durch den Einsatz von Software-Robotern mit RPA unterstützt bei der Digitalisierung von Prozessen, indem Softwareroboter oder RPA-Bots manuelle Tätigkeiten erlernen und ausführen. RPA-Bots können:
- Desktopautomation: Softwareanwendungen, die Aktionen über Softwaresysteme hinweg über die jeweiligen Nutzerschnittstelle ausführen – ganz wie ein Mensch es tun würde.
- Daten- oder Dokumentenautomation: Nutzung von Schnittstellen der Maschine-zu-Maschine-Kommunikation – RPA als eine Middleware zur ad-hoc-Automation.
Wie funktioniert RPA?
Um RPA einzusetzen, braucht es laut Liebetruth grundsätzlich keine Veränderung von Prozessen. Dennoch sollten Prozesse vor einer Automatisierung auf Verbesserungs- und Vereinfachungsmöglichkeiten überprüft werden. Dann können Unternehmen die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um manuelle Tätigkeiten auf der Benutzeroberfläche durch Aktionen des Bots zu ersetzen. Die Abläufe in den jeweiligen Softwaresystemen selbst werden nicht durch eine Programmierung verändert.
RPA ist nicht invasiv, es dringt nicht als ein Fremdkörper in eine Unternehmenswelt ein. RPA ist mehr als ein Makro, das nur auf einer Anwendung auf einem Computer abläuft. Softwareroboter arbeiten über Systeme hinweg und nicht nur innerhalb einer Anwendung. Im Unterschied zu einer Prozessautomatisierung mit einer BPM-Suite (Business Process Management) ist weder eine Anschaffung noch Miete der Plattform nötig noch eine aufwändige Integration der Datenschicht über Schnittstellen.
Prozesse mit hoher Wiederholhäufigkeit
Beispiele für manuell aufwendige Prozesse mit hoher Wiederholhäufigkeit, bei dem Schnittstellen zu mehreren Systemen, oder auch einfach innerhalb einer Anwendung, die über keine Möglichkeit der Automation verfügt, existieren, gibt es z. B. in einem Call-Center:
- Ein Mitarbeiter nimmt im Kundengespräch Daten auf: z.B. Vereinbarung eines Wartungstermins, bei dem besondere Wartungsarbeiten durchgeführt oder Stammdaten geändert werden müssen.
- Er gibt diese unstrukturierten Daten strukturiert in ein Erfassungssystem ein.
- Im Nachgang muss er die Plausibilität der Daten durch einen Abgleich mit der Kundendatenbank prüfen,
- die Informationen in ein CRM-System (Customer Relation Management) übertragen und
- eine Bestätigungsmail an den Kunden versenden.
Vom Online-Auftrag zur verpassten E-Mail-Stornierung
Ein Beispiel für eine Daten- und Dokumentenautomation wäre
- Eingang eines Auftrags im Online-Portal eines Handelsunternehmen,
- Weiterleitung als Auslieferauftrag an den Fulfillment-Dienstleister,
- Auslieferung am folgenden Tag,
- womöglich Stornierung des Auftrags per E-Mail,
- deren Entdeckung aufgrund hohen Mailaufkommens erst nach zwei Tagen, zu spät für ein rechtzeitiges Stoppen des Auftrags.
- Folge: höhere Versand- und Rücklieferkosten, schlechtere Kundenbewertungen.
Ein Roboter, der die gesamte Email-Kommunikation auf solche Auftragsstornierung anhand von Schlüsselwörtern durchkämmt, könnte die meisten Stornierungen rechtzeitig identifizieren und der Auslieferauftrag rechtzeitig gestoppt werden.
Interaktionen mit IT-Systemen
Ganz allgemein liegen Anwendungsmöglichkeiten von RPA bei wiederholbaren und vorhersagbaren Interaktionen mit IT-Systemen wie:
- Ausfüllen von Formularen,
- Lesen und Verarbeiten von Informationen aus Systemen und strukturierten Dokumenten,
- Zugreifen auf Webseiten,
- Zugreifen auf Soziale Medien,
- Verarbeiten von Daten aus dem Internet,
- Öffnen von E-Mails und das Verarbeiten von Anhängen,
- Onboarding von Mitarbeitern (Einstellen und Aufnahme neuer Mitarbeiter)
Administrative Tätigkeiten in der Logistik
Spezielle Anwendungen in der Logistik sieht Liebetruth in administrativen Tätigkeiten wie:
- Erfassen und Nachfassen von Aufträgen,
- Dateneingabe in ERP-Systeme,
- Aktualisierung von Kundendetails auf Webportalen mit aktueller Ankunftszeit,
- Verfolgung eines Trailers,
- Zugriff auf Daten von Speditionen, Frachtführern, Logistikpartnern und Vergleiche auf Transportbörsen,
- Beschwerdemanagement,
- Kommunikation mit einer Blockchain z. B. bei der Überprüfung von Bedingungen bei Smart-Contracts.
Für wen lohnt sich der Einsatz eines RPA-Systems?
Hübl geht davon aus, dass es sich für jedes mittelständische Unternehmen lohnt, weil es überall manuelle, sich oft wiederholende Routine-Prozesse beim Arbeiten mit dem Computer und in der EDV gebe. Zu veranschlagen seien:
- Lizenzkosten für das RPA-System; sie könnten unterschiedlich ausfallen bis zu 100.000 Euro,
- Kosten für das Einrichten der RPA-Lösung und der Softwareroboter, in erster Linie Arbeitszeit von bis zu 30 Manntagen.
In Summe sei eine RPA-Lösung günstiger als ein entsprechendes Software-Entwicklungsprojekt. Typische Entwicklungen für einfache RPA-Assistenten bis hin zu umfangreicheren Prozessen könnten mit 4.000 bis 40.000 Euro zu Buche schlagen.
Wie schlagkräftig sich der Einsatz von RPA gestalten kann, zeigt das Beispiel der Gewährleistung der vorhandenen Compliance-Regeln über eine regelbasierte Anonymisierung von Leistungsbeschreibung, bevor diese an Lieferanten weitergegeben werden. Der X2X Software Roboter benötige für rund 80 Seiten Leistungsbeschreibung nur zwei Minuten – „natürlich ohne etwas zu übersehen“, so Hübl.