Refurbed bereitet Handys jetzt auch für B2B auf
Ex und topp. So heißt es bislang immer öfter beim Kauf von privaten Handys. Der Wiener Gebrauchtartikel-Marktplatz „Refurbed“ rollt jetzt sein Modell auch für B2B aus. Es richtet sich an Unternehmen, die ihren Bedarf an neuwertigen Firmen-Handys, Laptops & Co günstiger decken wollen.
Generalüberholte Laptops und Smartphones
Was im Privatbereich in vielen Köpfen bereits als neue Konsumkategorie angekommen ist, soll nun auch in Unternehmen selbstverständlich werden: Das Modell des Wiener Start-ups „Refurbed“ für B2B. Von Profis generalüberholte Laptops und Smartphones erhalten damit im Geschäftsleben ein zweites Leben – und sollen so Unternehmen helfen, Investitionskosten zu sparen, sondern auch ihre Nachhaltigkeitsziele auf diesem Gebiet zu erreichen.
Die gebrauchten Artikel sind professionell in bis zu 40 Schritten aufbereitet, englisch „refurbed“. Englisch to refurbish heißt erneuern, refurbed so viel wie „aus alt mach‘ neu“. Das Konzept „Refurbishen“ soll unnötigen E-Abfall verringern helfen. Die Erfinder um „Refurbed“-Gründer Kilian Kaminski, ehemals Leiter des Certified Refurbished Programs bei Amazon, rechnen mit bis zu 70 Prozent weniger CO₂-Emissionen verglichen zu einem Neukauf. Bei Amazon verantwortete Kaminski den Aufbau des Programms in Europa mit Hauptverantwortung in Deutschland und Österreich zuständig für Marketing, PR, Entwicklung der Qualitätskriterien und die Händleranbindung. Innerhalb der Amazon-Plattform wird, so Kaminski heute, nicht mal ein Prozentpunkt der Umsätze der Verkäufe über Refurbished-Ware getätigt.
Refurbished bei Amazon
Das Team, das sich darum kümmert, sei zudem sehr klein und nicht vergleichbar mit der Größenordnung für den Neuwaren-Verkauf. Kaminski: „Ich habe relativ schnell erkannt, dass bei Amazon der Grund, dieses Programm zu starten, nicht war, dass man etwas Gutes tun möchte und den Kunden eine nachhaltige Alternative zum Elektronikkauf anbieten will.“ Der Grund sei vielmehr gewesen, dass Kunden, die auf Amazon nach diesen Produkten suchen, sie dort finden sollten und nicht auf Google und es woanders kaufen – entsprechend der Amazon-Devise: „We’re the everything-store“. Das leiste Amazon, indem sie dieses Projekt gestartet haben. Das Problem des Elektronikschrotts steige aber immer weiter, die Produktion befeuere den Klimawandel.
Kaminski: „Ich persönlich war extrem überzeugt von der Idee, dass nachhaltige Elektronikprodukte und Refurbished-Produkte die Zukunft sein müssen – und auch bekannt gemacht werden müssen.“Wenn Amazon das nicht machen möchte, so Kaminskis Schluss, war die einzige Option, es selbst zu tun.
Refurbed als direkter Vertragspartner
Bei dem bisherigen Vertriebsmodell von „Refurbed“ schließen Refurbed-Händler Verträge mit Privatkunden. Der Online-Marktplatz dient als Schnittstelle, Sicherheits- und Qualitätsgarant. Als eine wesentliche Änderung dazu wird dies beim B2B-Angebot anders sein. Hier ist das Team von „Refurbed“ direkter Vertragspartner für alle B2B-Kunden. Es kümmert sich von der Anfrage über ein individuelles Angebot bis hin zur Zahlungsabwicklung um den gesamten Prozess, so Mitgründer Peter Windischhofer über die neu geschaffene Struktur seines Unternehmens.
„Durch die direkte Abwicklung sind wir in der Lage, individuell auf die IT-Bedürfnisse unserer Firmenkunden einzugehen und für sie das preiswerteste und beste Angebot zusammenzustellen.“ Die Kunden könnten dabei selbst entscheiden, welche Abstufungen sie bei ihren jeweiligen Produkten wünschen. Refurbed bietet seit 2017 gebrauchte Elektronikartikel wie Smartphones, Tablets, Laptops und Smartwatches an. Mittlerweile sind weitere Kategorien wie Küchengeräte und E-Bikes dazu gekommen.
Neues Leben für alte Geräte
Das Unternehmen erweckt alle möglichen Elektronikgeräte zu neuem Leben,
- angefangen bei Handys und Laptops,
- weiter über Tablets,
- bis hin zu Küchen- und Haushaltgeräte wie Staubsauger.
Als Vorteil seiner Produkte hebt Kaminski hervor, dass sie aufgrund des Aufbereitungsprozesses am Ende wirklich wie neu aussähen und wie neu funktionierten. Der Unterschied seiner Ansicht nach: sie sind wie neu, aber nachhaltiger als neue Geräte, für ihn also besser als neu. Viele Menschen kennten diese Option nicht, sondern entweder Neuware oder Gebrauchtware. Es sei schwer zu vermitteln, dass es eine dritte Zustandskategorie gebe. Gebrauchtware sei für viele Leute negativ behaftet: irgendwie defekt, geht nicht, kaputt, Probleme vorprogrammiert. Dabei durchlaufe ein Refurbished-Produkt Software- und Hardwarechecks mit Prüfung von jedem einzelnen Pixel der Kamera, von Display und von Lautsprecher. Erst, wenn alles funktioniere, werde das Gerät wiederverkauft. Kaminski auf „Utopia.de“: „Das hat am Ende absolut gar nichts mehr mit gebraucht zu tun.“
Aus alt mach neu
Das Modell „aus alt mach neu“ wie von „Refurbed“ betrieben ist nicht neu. Schon seit etwa 15 Jahren betreiben es andere Unternehmen wie „Rebuy“. Hier kann man gebrauchte Bücher, Filme, Videospiele, Musik, Konsolen, Kameras, Smartphones, Tablets und anderes kaufen und verkaufen. Rebuy hat eine eigene App für Android und iOS. Bei Rebuy handelt es sich um einen An- und Verkaufsshop im Internet, bei dem der Kunde vor allem gebrauchte Handys, Tablets, Videospiele, Filme, CDs, Bücher gebraucht kaufen und verkaufen kann. Insgesamt gibt es inzwischen 15 Kategorien, die laufend erweitert werden, zum Beispiel um Uhren.
Vorgängermodelle Rebuy oder Momox
Interessenten verkaufen nicht mehr benötigte Medien- und Elektronikartikel zu einem festen Preis an Rebuy und anschließend an Rebuy geschickt. Nach Eingang der Ware prüfte Rebuy diese und bietet sie anschließend online wieder zum Verkauf an. Der Kunde hat für bei Rebuy gekaufte Artikel ein 21-tägiges Rückgaberecht sowie eine 18-monatige Garantie von Rebuy. Die App vereinfacht das Ausmisten. Als Vorteile dieses sogenannten Re-Commerce-Prinzips nennen seine Betreiber unter anderem:
- gute Qualität gebrauchter Produkte,
- hohe Preisersparnis gegenüber Neuware sowie
- ein ressourcenschonender Umgang durch die Verlängerung der Lebenszyklen von Produkten.
Anders als Mitbewerber Momox ist Rebuy vorrangig auf Elektronikgeräte spezialisiert. Das 2009 gegründete Rebuy hat den Angaben zufolge mittlerweile über 500 Mitarbeiter an zwei Standorten in Berlin. Die Vision von Rebuy ist laut Eigendarstellung, dass Gebrauchtware als bewusste Alternative zu Neuware verstanden wird, ohne Kompromisse in Optik oder Funktionalität, dafür mit einer Preisersparnis.
Trotzdem ist das System noch weitgehend unbekannt. Nur zehn Prozent der Kunden suchen Kaminski zufolge gezielt nach Refurbished-Produkten, die anderen 90 Prozent nach Neuware und Gebrauchtware, stießen dabei auf „Refurbed“ und bemerkten erst dessen Vorteile als eine bessere Lösung:
- Geld sparen,
- Garantie und
- Nachhaltigkeit.
Das Problem von „aus alt mach neu“: Bislang besorgten dieses Geschäft kleine Unternehmen. Kaminski: „Wenn ich als einfacher Refurbisher tätig bin, der alles selbst macht, ist es sehr schwierig, es wirklich groß zu machen.“ Die Probleme hier hohe Kosten, um:
- Waren aufzubereiten,
- ein eigenes Lager zu betreiben
- etc.
Marktplatz Refurbed
Der Fokus von „Refurbed“ liege demgegenüber auf der Tätigkeit als Marktplatz. Das Unternehmen lege Wert auf Marketing und Kundenservice. Auf der Plattform erkläre man, was die Kunden bekommen. Indem man bei „Refurbed“ kaufe, spare man sich, bei Google zwanzig verschiedene Shops anzuklicken und zu vergleichen. Kaminski: „Unsere Partner, die wir nach strengen Qualitätskriterien auswählen, kümmern sich um die perfekte Ware.“ Nicht jeder Handy-Besitzer kann bei „Refurbed“ sein altes Schätzchen verkaufen. Kaminski und sein Team arbeiten nicht mit Reparaturshops wie z.B. an Bahnhöfen zusammen. Es kooperiere nur mit professionellen Refurbishern, die zwischen 1.000 und 10.000 Geräten pro Woche auf Neu trimmen. Da sieht es eher aus wie in Laboren, wo in Kitteln und mit Haarnetz gearbeitet werde. Hierbei handele es sich um fast professionelle Fabriken, wo die Geräte aufgeschraubt und überarbeitet werden. „Diese Refurbisher können Ware in der Qualität liefern, die wir erwarten“, so Kaminski.
Die Refurbisher profitierten ihrerseits davon, dass die Kunden mit ihnen vernetzt werden. Sie brauchen kein eigenes Marketing zu betreiben. Kaminski: „Das machen wir für ihn.“ Für den Käufer sieht er den Vorteil darin, dass „Refurbed“ eine breite Selektion haben aufgrund der Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern. Nur selten mache ein einzelner Refurbisher alles von Handys über Laptops bis zu Haushaltsgeräten. Zum Beispiel spezialisiert sich ein solches Unternehmen nur auf Smartphones und vielleicht nur auf eine Marke. Das verschafft ihm in genau diesem Bereich eine hohe Expertise für eine extrem gute Aufbereitung dieser Geräte. Das sorge für gute Preise, weil sie zum Beispiel große Mengen Ersatzteile einkaufen oder große Mengen von einzelnen Geräten kaufen können.
Von Unternehmen hauptsächlich Firmenhandys
Die meisten Geräte kommen laut Kaminski meistens in Form von Firmenhandys von großen Unternehmen. Sie sind etwa ein halbes oder ganzes Jahr genutzt und in der Regel sehr gut gepflegt. Im Durchschnitt tauschen wir nur zwei Komponenten aus. Das Gerät funktioniert dann wieder wie neu. Das macht das Modell viel nachhaltiger als Neuproduktion. Es verringert im Vergleich mit dieser die CO-Emissionen um 70 Prozent. Trotzdem bleiben 30 Prozent CO2-Emissionen zum Beispiel auf Grund von:
- Transport,
- Wiederaufbereiten,
- Austausch von Komponenten.
Die Werte hat Quantis, eine unabhängige, weltweit aktive Beratungsagentur für Nachhaltigkeit, ermittelt. Um die restlichen 30 Prozent auszugleichen, lässt „Refurbed“ je verkauftes Gerät einen Baum an Orten pflanzen, wo es den größten Nutzen verspricht:
- Haiti,
- Nepal oder
- Madagaskar.
Dafür arbeitet das Unternehmen u.a. mit der Nichtregierungsorganisation (NGO) „Eden Reforestation Projects“ zusammen. Des Weiteren kooperiert es mit verschiedenen Organisationen, wie der Deutschen Umwelthilfe, wenn Kunden ihre alten Elektronikgeräte spenden möchten.
Jedem Haushalt sein Refurbished-Gerät
Vision von „Refurbed“ ist, dass in ganz Europa jeder Haushalt ein Refurbished-Produkt hat. Kaminski: „Wir wollen daran arbeiten, möglichst dem Kunden jedes Gerät, das er gern hätte, als Refurbished-Variante zur Verfügung zu stellen – damit er zumindest die Wahl hat.“ Man wolle das Vertrauen der Kunden gewinnen. Das sei auch der Grund für eine 30-tägige Testphase, innerhalb der man das Gerät kostenlos zurückschicken kann. Ergebnis laut
Kaminski: „Es schickt so gut wie niemand was zurück.“Stattdessen riefen manche Kunden bei dem Unternehmen an, weil sie glaubten, ein neues Gerät erhalten zu haben, es sehe so aus und funktioniere wie neu. Kaminski: „Das ist natürlich die schönste Kritik, die wir bekommen können.“