25.04.2017

Preisdrückerei oder der Schatten des Herrn López

Wer die billigsten Eier zur Herstellung von Bio-Spätzle einkauft, darf sich nicht wundern, wenn die nach Fisch schmecken und der Umsatz sinkt. Eine Binsenweisheit – sollte man meinen. Doch viele Unternehmen setzen den Einkauf immer noch mit Preisdrückerei gleich.

Herrscht im Einkauf immer noch die Preisdrückerei vor?

Der lange Schatten des López de Arriortúa

Wem es immer nur um den niedrigsten Preis beim Einkauf geht, dem könnte es gehen wie VW. Der einstige Stareinkäufer des Konzerns, José Ignacio López de Arriortúa, verstand sich in den 1990er Jahren besonders gut auf Preisdrückerei.

Für Volkswagen mit teurem Erfolg: Der Konzern konnte einem Prozess gegen Mitbewerber General Motors/Opel 1997 nur durch Vergleich ausweichen – durch eine Zahlung von 100 Millionen Dollar.

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Preisdrückerei und kein Ende

Doch die Preisdrückerei im Konzern fand damit offenbar kein Ende. Die Wolfsburger trieben sie weiter. So arg, dass im Sommer des letzten Jahres teilweise die Bänder stillstanden. Ein Lieferant, von dem Volkswagen abhängig war, wollte die Preisdrückerei nicht länger mitmachen. Er stellte seine Lieferung vorübergehend ein.

Beratungsgesellschaft Camelot befragt 100 Unternehmen zu Einkaufsverhalten

In vielen Unternehmen seien Einkäufer nicht als Verantwortliche für Gesamtkosten und Wertemanager platziert. Ihre Rolle sei es oft, die Preise immer weiter zu drücken.

Zu diesem Fazit gelangt der Meinungsforscher Alexander Frisch von der Beratungsgesellschaft Camelot. Für die hatte Frisch 100 Unternehmen jeder Größe zu ihrem Einkaufsverhalten befragt.

„Der Einkauf ist kein Kostenfaktor, sondern ein Hebel für mehr Umsatz und einen höheren Gewinn des gesamten Unternehmens“, lautet Frischs Resümee der Befragung.

Dies berichtet die „Südwest Presse“ von einer Veranstaltung des Studiengangs Management und Beschaffungswirtschaft am Campus Hall der Hochschule Heilbronn und des Bundesverbandes für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik. Diesen Studiengang gibt es ausschließlich hier und in Pforzheim.

Strategische Lieferanten

Bislang lassen viele Firmen noch verschiedene Lieferanten für ein Produkt im Wettbewerb antreten. Im Mittelpunkt der Verhandlungen stünde daher meist noch der Wettbewerbsdruck.

Dabei könnten die Unternehmen viel mehr Kosten sparen und die Qualität erhöhen, wenn sie mit einem strategischen Lieferanten partnerschaftlich zusammenarbeiten würden.

Frisch verglich das mit in einer Ehe: Je länger man verheiratet ist, desto eingespielter ist man auf einander. Allerdings besteht dann auch die Gefahr, dass sich Routine einschleicht. Einkauf und langjähriger Zulieferer sollten sich deshalb regelmäßig die Frage stellen: Arbeiten wir noch gut zusammen? Über welche Prozesse lässt sich die Effizienz steigern?

Ein Aspekt könne sein, den Lieferanten am Erfolg der Ware zu beteiligen oder eine Vereinbarung zu treffen, dass die Leistung des Zulieferers erst dann bezahlt wird, wenn die damit hergestellte Ware verkauft ist.

Pro Partnerschaftliche Lösungen

Für diesen Wechsel bereits im Ansatz müssten allerdings die Mitarbeiter im Einkauf entsprechend ausgebildet und geschult werden. Sie müssten in der Lage sein, partnerschaftliche Lösungen zu finden.

Risiken als Herausforderung für den Einkauf

Eine weitere große Herausforderung für den Einkauf in Unternehmen stellten die Risiken dar. Sie müsse man erkennen. Was zum Beispiel passiert, wenn beim Lieferanten die maßgebliche Person ausfällt?

Ein weiteres Risiko sei die fehlende Kommunikation von Hauptlieferanten zu Unterlieferanten. Diese könnten Schwankungen hinsichtlich Mengen und Qualitätsanforderungen oft nicht mitmachen.

„Wer für die Deutsche Bahn Brücken einkauft, kann nicht allein auf den Preis achten“, hebt Frisch die Bedeutung der Qualitätsperspektive hervor.

Qualität und Nachhaltigkeit sind nach seiner Ansicht von großer Bedeutung – und das vor allem beim Einkauf. Damit die Schatten von Herrn López nicht zu lang werden.

Autor*in: Franz Höllriegel