Güterverkehr auf die Schiene: Für viele Unternehmen ein Fremdwort
Wollen täten sie schon, nur können trauen sie sich nicht mögen. So in Quintessenz, was Transportunternehmen zur Forderung „Güterverkehr auf die Schiene“ halten. Das jedenfalls ergab eine Umfrage von Verkehrsministerium und Logistikverband unter KV-Dienstleistern.
Zwei Drittel der KV-Unternehmen nutzen Verlagerung nicht
62 Prozent der kleinen und mittelständischen Anbieter des Kombinierten Verkehrs (KV) transportieren Waren auf Strecken von 300 Kilometern und mehr mit dem Lkw. Das ergibt eine erste systematische Befragung von Transportunternehmen in Deutschland unter rund 200 Unternehmen zu Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Gefragt hatten Allianz pro Schiene und Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. innerhalb des vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderten Projekts „Truck2Train“. Ab dieser Entfernung kann demzufolge der umweltfreundliche KV seine wirtschaftlichen Vorteile ausspielen. Die schon schlechtere Nachricht:
- Ebenfalls 62 Prozent der Befragten erklärten aber auch, dass sie diese Möglichkeit derzeit nicht nutzen.
Dabei könnten sie es durchaus. Zahlreiche kleinere und mittlere Transportunternehmen könnten den KV von Lkw und Bahnen für den Hauptlauf auf geeigneten Transportrelationen nutzen und so Güterverkehre auf die Schiene verlagern.
Flege: Schiene Option für viele Firmen
„Diese Umfrage belegt eindrucksvoll, welch großes Potential der Kombinierte Verkehr für mehr Klimaschutz beim Gütertransport in Deutschland bietet“, sagt Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene.Die Schiene sei eine Option für viele kleine und mittlere Transportunternehmen. Für umso wichtiger hält es Flege, die Einstiegshürden abzubauen. Dies sei eine Chance für mehr Klimaschutz im Verkehr. „Deutschland darf sie sich nicht länger entgehen lassen“, so Flege.
Drei Hürden
Drei Hürden stellen sich ihr in den Weg:
- Planungsaufwand
- keine kranbaren Ladeeinheiten
- fehlende Infos
Vor allem diese Hürden verhinderten laut Umfrage derzeit, dass der KV sein Potential bei kleineren und mittleren Unternehmen ausschöpfen kann. Für viele Firmen sei aufgrund begrenzter Personalkapazitäten der Planungsaufwand für den Wechsel vom Lkw zu Bahnen und zurück zu hoch. Zudem fehle das notwendige Know-how. Ihnen ständen im eigenen Fuhrpark oft keine Ladeeinheiten zur Verfügung, die ein Kran zum Umladen auf die Schiene greifen kann. Nur so aber sei im KV der Wechsel vom Lkw und zurück vielfach möglich. Schließlich seien vielen Angebote und Preise der KV-Operateure nicht bekannt. Oftmals fehlten geeignete KV-Zugverbindungen in Standortnähe. Weitere Probleme sahen die Befragten bei Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit im Schienengüterverkehr.
Konkrete Handlungsempfehlungen von Truck2Train
Die Allianz pro Schiene und der BGL arbeiten gemeinsam mit den Unternehmen des Transportsektors daran, die Zugangshürden zur Schiene abzubauen. Dafür führen sie in dem Projekt Truck2Train den Dialog mit Unternehmen und Verbänden des Straßen- und Schienengüterverkehrs. Ziel: eine markgerechte Blaupause für digitale KV-Einstiegsportale, die auch den kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zur Schiene ermöglicht.
Allianz pro Schiene und BGL treiben die Nutzung des Kombinierten Verkehrs durch kleinere und mittlere Unternehmen gemeinsam voran. Dafür arbeiten sie im Rahmen der Verlagerungsziele des Masterplans Schienengüterverkehr bei Truck2Train eng zusammen. Zudem nutzen sie den Austausch mit weiteren Projekten, die in eine ähnliche Richtung zielen. So fördert die EU im Rahmen des Life-Programms den Aufbau eines KV-Einstiegsportals auf europäischer Ebene. Dieser Intermodal Capacity Broker (www.rail-flow.com/intermodal-capacity-broker-spediteure/) der Rail-Flow GmbH richtet sich speziell an kleinere Unternehmen. „Modility“ (www.modility.com/) ist eine Plattform für den Kombinierten Verkehr Straße-Schiene, die von der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ins Leben gerufen wurde. Gefördert wird die derzeitige Pilotphase vom BMVI mit Mitteln aus dem Bundesprogramm „Zukunft Schienengüterverkehr“, die Pilotanwendungen und Tests der Automatisierung und Digitalisierung des Schienengüterverkehrs fördert.
Engelhardt: Befragung schafft Transparenz
BGL-Vorstandssprecher Professor Dr. Dirk Engelhardt: „Uns war wichtig, die Transportunternehmen selbst reden zu lassen und die Hindernisse bei der Nutzung der Schiene offen zu legen.“Mit den Rückmeldungen wolle man helfen, bestehende Hürden abzubauen. Es gelte aufzuzeigen, warum die Verlagerungsziele bisher nicht erreicht wurden. Gemeinsam mit Allianz pro Schiene wolle man Lösungen anbieten und die Nutzung des Kombinierten Verkehrs für kleine und mittelständische Transportunternehmen Realität werden lassen, „anstatt immer nur nach einer Verlagerung zu rufen“, so Engelhardt.