Care-Diesel: Behörden verweigern Zulassung für sauberen Diesel
Widersprüchlicher geht es kaum noch: da erhalten eine Wissenschaftlerin und ein Unternehmer den Umweltpreis für Arbeiten zur Verringerung von Kohlenstoff. Und auf der anderen Seite verweigern die Behörden die Zulassung von sauberem Diesel, dem neuen Care-Diesel, obwohl auch er diesem Ziel dient.
Auszeichnung für Fortschritte bei Kohlenstoff-Bindung
Die Bodenwissenschaftlerin Ingrid Kögel-Knabner von der Technischen Universität München hat eine bahnbrechende Leistung erbracht mit der Forschung zur Speicherfähigkeit von Kohlenstoff in Böden. Der Unternehmer Reinhard Schneider, Chef des Herstellers von Reinigungsmitteln Werner & Mertz aus Mainz, lässt die Produkte der Putzmittelmarke „Frosch“ in Plastikflaschen aus Altplastik abfüllen. So will er ebenfalls den Kohlenstoff-Ausstoß mindern. Wie passt dazu die Meldung, dass die deutschen Behörden dem neuen Care-Diesel die Zulassung verweigern? Doch zunächst mehr zu den tatkräftigen Anstrengungen, den CO2-Ausstoß zu verringern.
Ingrid Kögel-Knabner und Reinhard Schneider teilen sich den mit 500.000 Euro dotierten, renommierten Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreichte ihnen die Auszeichnung am 27. Oktober 2019 in Mannheim, wie das ZDF berichtete.
Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmers Schneider
DBU-Chef Alexander Bonde würdigte demzufolge Schneider für dessen „unternehmerische Rundum-Nachhaltigkeitsstrategie“. Zu seinen Verdiensten gehöre:
- das konsequente Wiederverwenden von Altplastik für neue Verpackungen
- die Verwendung von umwelt- und gesundheitsfreundlich bedruckten Etiketten
- der Einsatz von heimischen Pflanzenölen für seine Wasch- und Reinigungsmittel und damit der Verzicht auf problematisches Palmöl aus tropischen Regionen
Forschungen der Wissenschaftlerin Kögel-Knabner
Die von einem fränkischen Bauernhof stammende Forscherin Kögel-Knabner habe die zentrale Rolle des Bodens in den Fokus gerückt, sagte Bonde. Sie habe bedeutende Erkenntnisse darüber gewonnen, wie Kohlenstoff im Boden gebunden werde. Dass die deutsche Bodenkunde heute führend in der Forschung sei, sei ein Verdienst von Kögel-Knabner.
Aber: Behörden verweigern CO2-Verringerung durch Care-Diesel
Ganz anders das Kontrastprogramm, dass deutsche Behörden dieser Tage boten. Ein aus Abfall hergestellter Biodiesel namens Care-Diesel könnte die CO2-Bilanz eines Dieselmotors deutlich verbessern. Einen solchen Treibstoff testet Kfz-Zulieferer Bosch in der Praxis bereits. Doch Deutschlands Umweltbehörden verhindern dessen Markteinführung. Das berichten Medien wie die „Stuttgarter Zeitung“ und „Focus“.
Bei Care-Diesel handelt es sich nach Angaben Boschs um einen aus Rest- und Abfallstoffen sowie Altspeiseölen und Fettresten hergestellten Kraftstoff. Ihn könne man zu 100 Prozent regenerativ herstellen – also ohne Raffinierung von Rohöl wie bei normalem Kraftstoff. Zwar entstünde bei der Verbrennung nach wie vor CO2. Doch durch die Nutzung von Abfällen und Reststoffen, die ja bereits vorhanden seien, ließe sich die gesamte Klimabilanz eines mit diesem Diesel betankten Pkws um 65 Prozent verringern.
„Der Einsatz von regenerativen und synthetischen Kraftstoffen kann einen großen Beitrag leisten, die Erderwärmung zu begrenzen“, zitieren die Medien Bosch-Chef Volkmar Denner bereits aus dem Jahr 2018.
Die Verwendung eines Care-Diesels könne ökologisch wesentlich schneller wirken als die komplette Erneuerung von Fahrzeugen und Infrastruktur. So ließen sich bestehende Tankstellen weiter nutzen. Den Care-Diesel könnten Verbraucher theoretisch in jedem Diesel-Pkw verwenden. Ein solches Fahrzeug würde also in deutliche Konkurrenz treten zu anderen CO2-armen Formen der Mobilität, vor allem dem Elektroauto. Bosch nutzt den Care-Diesel nach eigenen Angaben bereits seit langem für Diesel-Fahrzeuge im eigenen Fuhrpark.
Keine Zulassung für Care-Diesel
Das Umweltbundesamt erteilte jedoch keine Zulassung für den bei Bosch getesteten Kraftstoff. Als Hintergrund befürchten die Fachleute eine Entscheidung der Bundesregierung, zugunsten der Elektromobilität nicht auf alternative Kraftstoffe zu setzen. Schon die Einsparung eines vollkommen neu ausgerollten Tankstellennetzes, das die Bundesregierung jetzt mit mehreren Millionen Euro beschlossen hat, liefe diesen Plänen entgegen.
Man stelle sich vor: Die Regierung baut vollkommen neue Tankstellen für die Betankung mit Wasserstoff – und niemand nutzt sie, weil man viel schneller, preisgünstiger und mindestens ebenso umweltverträglich Care-Diesel an alten Tankstellen tanken kann!
Fadenscheinige Ausflüchte für Zulassungsverweigerung
Entgegen den Hoffnungen des Autozulieferers Bosch und der Kraftstoff-Industrie dürfe, so die Medienberichte, der klimafreundliche Care-Diesel auch künftig nicht an deutschen Tankstellen verkauft werden.
Das Umweltbundesamt (UBA) ist eine Unterbehörde des SPD-geführten Bundesumweltministeriums. Es begründete seine Ablehnung damit, dass mit Elektrofahrzeugen bereits Alternativen für Diesel-Pkws zur Verfügung stünden – nur eben, so wäre zu erwidern, noch kein entsprechendes Tanksäulennetz für diese Elektrofahrzeuge.
Zudem ließe sich, so die Behörde weiter, nicht ausschließen, dass für den Öko-Sprit Palmöl genutzt werde. Das allerdings, so ein Bosch-Sprecher, lasse sich durch entsprechende Nachhaltigkeits-Kriterien verhindern. Und dass das geht, zeigt das Verfahren der farblichen Beimischung, welches bereits seit Jahren angewendet wird. Damit soll der Missbrauch der Steuervergünstigung auf Heizöl gegenüber Diesel verhindert werden.
EU setzt auch auf alternative Kraftstoffe
„Focus“ weist zudem auf die Intention der Europäischen Union hin. Diese sehe durchaus diverse Formen alternativer Kraftstoffe vor. Sie sind für jeden Fahrzeughalter sichtbar u.a. an den neuen Tanksymbolen, die mittlerweile bei Neuwagen verpflichtend im Tankdeckel angebracht sind. Die Tanksymbole bezeichnen den genauen Kraftstoff, der getankt werden muss:
- Benzin als E5 mit fünf Prozent Bioethanol-Beimischung, E10 oder E85 als Bioethanol
- Diesel als B7, B10, B20, B30, B100 oder XTL für synthetischen Dieselkraftstoff
B steht dabei für die jeweiligen Biodieselkomponenten im Diesel.
Ob der Öko-Diesel nach einer Zulassung am Markt erfolgreich wäre, steht dahin. Seine Herstellung ist dem Vernehmen nach sehr aufwendig. Er wäre derzeit rund doppelt so teuer wie herkömmlicher Dieselkraftstoff – ein Kriterium, das indes das UBA kaum zu interessieren haben dürfte, sondern einzig und allein den Markt.