12.07.2019

Beschaffung künstlicher Intelligenz nach allgemeinem Vergaberecht

Künstliche Intelligenz (KI), Aufbruch zu neuen Horizonten, da wird alles anders, schwärmen ihre Fans. Doch bei näherer Betrachtung wird auch hier nur mit Wasser gekocht. Zumindest für die Beschaffung künstlicher Intelligenz gelten die ehernen Gesetze der Beschaffung – vorerst.

Die Beschaffung künstlicher Intelligenz durch die öffentliche Hand unterliegt den üblichen vergaberechtlichen Bestimmungen.

Allgemeine vergaberechtliche Regelungen

GWB, VgV und UVgO – die bewährten allgemeinen vergaberechtlichen Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge und die Unterschwellenvergabeordnung sind auch für die Beschaffung künstlicher Intelligenz (KI) maßgeblich.

Das stellte laut „bi-medien.de“ Staatssekretär Dr. Ulrich Nussbaum vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) jetzt klar. In einer entsprechenden schriftliche Anfrage hatte der Bundestagsabgeordnete Manuel Höferlin (FDP) die Bundesregierung um Auskunft gebeten. Er wollte wissen, wie die vergaberechtlichen Vorgaben bei der Beschaffung solcher Produkte und Dienstleistungen durch die öffentliche Hand aussehen. Außerdem fragte er nach der konkreten Ausgestaltung der Ausschreibung zur Beschaffung künstlicher Intelligenz, also nach den vergaberechtlichen Vorgaben und der genauen Formulierung des Auftrags.

Nussbaum antwortet Höferlin

In seiner Antwort für die Regierung vom 08.05.2019 weist Nussbaum darauf hin, bei der Beschaffung von IT-Anwendungen der künstlichen Intelligenz gebe es keine speziellen Regelungen. Eine Einordnung dieser IT-Anwendungen in eine bestimmte Kategorie sei noch nicht erfolgt. Es gebe noch keinen speziellen CPV-Code (Common Procurement Vocabulary; gemeinsames Vokabular für öffentliche Aufträge) für die Beschaffung künstlicher Intelligenz.

Laut Nussbaum sind die allgemeinen vergaberechtlichen Regelungen zu beachten, die für alle Beschaffungsvorgänge gelten:

  • Diese richten sich nach dem voraussichtlichen Auftragswert.
  • Die Höhe des Auftragswerts schätzt der Auftraggeber.
  • Maßgeblicher Zeitpunkt hierfür ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.
  • Bei der Schätzung des Auftragswerts geht man von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung einschließlich etwaiger Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter aus.

Auftragswert nach Schwellenwert der EU

Die Höhe des Auftragswerts entscheidet über das durchzuführende Verfahren:

  • national: ausreichend unterhalb EU-Schwellenwert nach Unterschwellenvergabeordnung
  • europaweit: erforderlich ab Erreichen des EU-Schwellenwerts gemäß Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie den einschlägigen Rechtsverordnungen, insbesondere der Vergabeverordnung

Die Schwellenwerte werden in der Regel alle zwei Jahre geändert und per EU-Verordnung festgesetzt. Je nach Typ der Vergabe gilt dabei ein anderer Schwellenwert; seit 1.1.2018 gelten für öffentliche Auftraggeber die folgenden:

Bauaufträge 5.548.000 Euro
Liefer- und Dienstleistungsaufträge 221.000 Euro
Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Bereich der Sektoren 443.000 Euro
Liefer- und Dienstleistungsaufträge von obersten und oberen Bundesbehörden 144.000 Euro

Bei Auftragswerten unterhalb bestimmter Wertgrenzen können Auftraggeber gemäß Wertgrenzenregelungen anstelle der öffentlichen Ausschreibung auch die vereinfachten Regeln der beschränkten Ausschreibung bzw. freihändigen Vergabe nutzen.

Bei der konkreten Formulierung eines Auftrags zur Beschaffung von künstlicher Intelligenz und bei der Ausgestaltung des Vergabeverfahrens sind die konkreten Anforderungen ausschlaggebend, die der jeweilige öffentliche Auftraggeber an die benötigte IT-Anwendung stellt.

Innovationspartnerschaft bei der Beschaffung künstlicher Intelligenz hilfreich

Nussbaum verweist auf die Vergaberechtsmodernisierung 2016. Sie habe die Möglichkeiten von Auftraggebern, im Vergabeverfahren innovative und qualitative Aspekte zu berücksichtigen, wesentlich erweitert. Dies komme der Beschaffung von KI zugute. So könne man innovative Eigenschaften der Leistung der Entscheidung über den Zuschlag zugrunde legen.

„Hilfreich für die Beschaffung von KI kann auch die Innovationspartnerschaft als eine im Zuge der Vergaberechtsmodernisierung neu eingeführte Verfahrensart sein“, so Nussbaum.
Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)