23.11.2021

BASF baut ihre Niedrigwasserflotte aus

Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel. 2018 gelang das der BASF in Ludwigshafen nicht im erwünschten Umfang. Da kam eine lange Dürre mit Niedrigwasser. Kaum ein Schiff fuhr noch. Der Chemiekonzern musste die Produktion drosseln. Künftig soll ein neuer Schiffstyp dem vorbeugen.

BASF Niedrigwasserflotte

Kritische Stelle Kaub

Kritisch ist für die Binnenschifffahrt der Rhein bei Kaub. Reichen hier Pegelstand und Wassertiefe nicht, steht der gesamte Schiffsverkehr zwischen Ludwigshafen und den Nordseehäfen in den Niederländen. Gerade hierüber aber verschifft das Stammwerk des Chemieriesen BASF seine Produkte in alle Welt und bezieht die Rohstoffe für ihre Herstellung. Diese Engstelle sollen die neuen Niederigwasserschiffe passieren können, die BASF zu Beginn des Jahres angekündigt hat. Jetzt erweitert der Konzern seine Charter-Flotte von Binnenschiffen um drei Spezialschiffe, die eigens für die BASF gebaut wurden.

Selbst bei einem Pegelstand von 30 Zentimetern oder einer Wassertiefe von etwa 1,60 Meter sollen sie noch mit einer Ladung von 650 Tonnen passieren können – laut BASF mehr als bei jedem anderen heute verfügbaren Tankschiff. Bei mittlerem Niedrigwasser wird demnach seine Transportkapazität mit rund 2500 Tonnen doppelt so hoch liegen wie die konventioneller Binnenschiffe. Das neue Tankschiff gehöre zu den größten Tankschiffen auf dem Rhein. Seine Stärke soll es insbesondere dann ausspielen, wenn am Rhein wieder einmal Niedrigwasser herrschen sollte. Und davon gehen die Schiffsstrategen in Ludwigshafen aus.

Niedrigwasser in Zukunft häufiger

„Nach unseren Erfahrungen mit dem Niedrigwasser des Rheins im Jahr 2018 und basierend auf unserer Einschätzung, dass derartige Ereignisse in Zukunft häufiger eintreten können, haben wir am Standort Ludwigshafen eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Versorgungssicherheit der Produktion zu erhöhen. Ein wichtiges Element unserer Überlegungen war es, über ein Schiff zu verfügen, das selbst bei niedrigsten Rheinpegelständen noch wesentliche Mengen verlässlich transportieren kann“, so Dr. Uwe Liebelt, Werksleiter des BASF-Standorts Ludwigshafen.

„Wir haben dazu 2018 selbst die Initiative ergriffen, denn ein entsprechendes Schiff stand am Markt nicht zur Verfügung. Heute freue ich mich, dass es trotz vieler Herausforderungen gelungen ist, diesen neuen Schiffstyp zu entwickeln, und dass wir jetzt das Projekt mit einem starken Partner umsetzen werden.“

Schiffsdesign von DST, Technolog, Agnos, Stolt

Das Schiffsdesign hat BASF zusammen mit einer auf verschiedene Aspekte des Schiffbaus spezialisierten Arbeitsgemeinschaft mit dem Duisburger Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e.V. (DST), Technolog Services GmbH und Agnos Consulting, entwickelt. Für die spätere Detailausarbeitung konnte BASF die Reederei Stolt Tankers gewinnen. Sie baut das Schiff und betreibt es exklusiv für BASF. Im Auftrag von Stolt Tankers ist die Mercurius Shipping Group für den Bau des Schiffs verantwortlich. Die Inbetriebnahme ist für Ende 2022 vorgesehen.

„Die spannende Partnerschaft mit BASF gehört zu unserem Engagement, mit anderen Branchenführern zusammenzuarbeiten, um neue Technologien und Schiffsdesigns für eine grünere Schifffahrtsindustrie zu entwickeln“, so Lucas Vos, President Stolt Tankers. Das Binnentankschiff verfügt ihm zufolge über eine einzigartige Konstruktion insbesondere geeignet für Niedrigwassersituationen. Es ermögliche Schiffstransporte, auch wenn die Flusspegel immer unberechenbarer werden.

Vos: „Wir arbeiten seit langem eng mit unseren Kunden zusammen, um Lösungen zu entwickeln, die ihnen helfen, sich ständig ändernden Bedingungen anzupassen.“

Hohe Tragfähigkeit bei geringem Tiefgang

Hauptziel der Entwicklung für das neue Schiff war eine hohe Tragfähigkeit bei geringem Tiefgang. Damit sollen in extremen Niedrigwassersituationen jederzeit sicherer Betrieb und volle Manövrierfähigkeit sichergestellt sein. Die Abmessungen des neuen Schiffs betragen

  • 135 Meter lang
  • 17,5 Meter breit.

Bei bisher gängigen Tankschiffen auf dem Rhein lagen die Abmessungen üblicherweise bei

  • 110 Metern
  • 11,5 Metern.

Um mit diesen Schiffsmaßen eine hohe Tragfähigkeit zu erzielen, wurde ein hydrodynamisch optimierter Schiffsrumpf mit einer darauf abgestimmten Antriebstechnologie entwickelt. Neuartig ist außerdem die Leichtbauweise, die durch Übertragung von Methoden aus dem Seeschiffbau auf das Binnenschiff für eine hohe Stabilität der Struktur sorgt.

Drei Elektromotoren

Angetrieben wird das Schiff von drei Elektromotoren, die von hocheffizienten Dieselgeneratoren der neuesten Generation mit Abgasnachbehandlung (EU Stufe V) gespeist werden. Das neue Schiffsdesign wurde im Hinblick auf Strömungsverhalten und einen effizienten Betrieb in der Versuchsanlage beim DST in Schleppversuchen am maßstabsgetreuen Modell getestet und optimiert.

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)