Werbe-E-Mails: Einwilligungen und ihre Tücken
Viele Unternehmen überlassen den Beziehern von Werbe-E-Mails die Wahl, wie oft sie solche Nachrichten erhalten wollen. Hat der Mail-Bezieher seine Entscheidung getroffen, muss sich das Unternehmen daran halten. Sonst droht Ärger mit Wettbewerbern.
GERICHTSENTSCHEIDUNG MARKETING & WERBUNG
Das hat das Gerichts entschieden
Es stellt unlauteren Wettbewerb dar, wenn sich jemand bei einem Unternehmen ausdrücklich für einen wöchentlichen Werbe-Newsletter eingetragen hat, das Unternehmen ihm dann aber trotzdem Newsletter in Abständen von weniger als einer Woche zuschickt.
Es ist ohne Belang, ob der E-Mail-Empfänger früher einmal einer täglichen Werbe-Mail zugestimmt hatte und diese Einwilligung dann auf einer wöchentlichen Werbe-Mail beschränkt hat oder ob er schon immer nur einer wöchentlichen Werbe-Mail zugestimmt hatte und niemals einer täglichen Zusendung.
Das war die Ausgangslage
Ein Unternehmen hatte den Eindruck, dass ein Wettbewerber es mit dem Datenschutz bei Werbe-Mails nicht so genau nahm. Deshalb beauftragte es einen Rechtsanwalt damit, sich beim Konkurrenten für einen Werbe-Newsletter einzutragen. Das tat er zunächst für die Option „täglicher Werbe-Newsletter“. Später änderte er das in die Option „wöchentlicher Newsletter“.
Dennoch bekam er nach dieser Änderung innerhalb einer Woche mehrere Werbe-Mails. Daraufhin forderte das Unternehmen von seinem Wettbewerber, das künftig zu unterlassen. Das Unternehmen begründete das mit unlauterem Wettbewerb.
Das sind die Gründe für die Entscheidung des Gerichts
Die Begründung des Gerichts beschränkt sich auf wenige, dafür aber umso deutlichere Aussagen:
- Die Zusendung von Werbe-Mails belästigt den Empfänger in unzumutbarer Weise, es sei denn, der Empfänger hat der Zusendung solcher Mails vorher ausdrücklich zugestimmt (siehe § 7 Abs. 2 Nr. 2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)).
- Im vorliegenden Fall hatte der Adressat lediglich der Zusendung von Werbe-Mails einmal pro Woche zugestimmt, nicht aber einer häufigeren Zusendung.
- Da dies feststeht, kommt es nicht darauf an, ob der Adressat früher irgendwann einmal einer täglichen Zusendung von Werbe-Mails zugestimmt hatte oder ob sich seine Einwilligung schon immer auf die wöchentliche Zusendung solcher Mails beschränkt hatte.
- Diese Differenzierungen sind deshalb gleichgültig, weil sich dadurch am Charakteristischen der Verletzungshandlung nichts ändert. Es besteht darin, dass Mails mit werblichem Inhalt nicht im Wochenabstand, sondern in kürzerer Frequenz versandt wurden. Das war durch die Einwilligung nicht gedeckt.
Damit hätte der Prozessgegner ein Urteil vermeiden können
Das Gericht stellt in seinem Urteil fast schon lapidar fest: „Die Wiederholungsgefahr ist auch nicht durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ausgeräumt worden.“ (siehe Randnummer 52 des Urteils). Mit dem Begriff „strafbewehrte Unterlassungserklärung“ ist Folgendes gemeint:
- Sieht ein Unternehmen das Verhalten eines Konkurrenten rechtlich zutreffend als wettbewerbswidrig an, kann es vom Konkurrenten verlangen, dieses Verhalten künftig zu unterlassen.
- Das bedeutet im vorliegenden Fall konkret: Das Unternehmen kann von seinem Konkurrenten verlangen, dass dieser Werbe-Mails künftig nur so häufig an Mailempfänger schickt, wie es durch die Einwilligung des jeweiligen Mailempfängers abgedeckt ist.
- Diesen Anspruch kann das Unternehmen gegen seinen Konkurrenten auch gerichtlich durchsetzen. Es handelt sich dabei um eine sogenannte „Unterlassungsklage“.
- Einer solchen Klage kann der Konkurrent dadurch zuvorkommen, dass er eine „strafbewehrte Unterlassungserklärung“ abgibt. Das bedeutet: Er verspricht schriftlich, solche Verletzung des Wettbewerbsrechts künftig zu unterlassen. Zugleich verpflichtet er sich für den Fall, dass er entgegen seinem Versprechen erneut einen solchen Verstoß begeht, eine Vertragsstrafe in angemessener Höhe an das andere Unternehmen zu zahlen. Darin liegt eine erhebliche Verstärkung („Bewehrung“) des Unterlassungsversprechens.
Wenn das in rechtlich korrekter Weise so geschehen wäre, hätte das Gericht die Klage abgewiesen.
Deshalb steckt eine Unterlassungserklärung voller Gefahren
Manchmal geben Unternehmen sehr schnell eine Unterlassungserklärung ab, damit – so ihre Hoffnung – die Angelegenheit schnell erledigt ist. Doch so einfach ist es nicht. Zum einen entstehen auch dann gewisse Kosten für den Rechtsanwalt der Gegenseite. Zum anderen kann ein Unterlassungsversprechen der Anlass für neue Unterlassungsforderungen sein, wenn sie zu weit gefasst ist.
Daraus folgt ein dringender Rat
Geben Sie niemals eine Unterlassungserklärung ab, ohne vorher einen Rechtsanwalt zuzuziehen, am besten einen Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz! Sonst kann eine zu weit gefasste Unterlassungserklärung der Anlass für neuen Streit werden.
Die Entscheidung des Gerichts ist hier zu finden
Das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 22.11.2022 trägt das Aktenzeichen 5 U 1043/20 und ist abrufbar unter https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/KORE555612023. Der Kern der gerichtlichen Aussagen findet sich in den Randnummern 40 und 51 des Urteils.