10.03.2015

Streit um Hostess-Fotos im Internet

Ein paar Euro als Hostess bei einer Event-Party verdienen dafür, dass sie den Gästen dort Zigaretten anbietet – da war eine junge Frau schnell dabei. Aber muss sie es sich dann gefallen lassen, wenn später ein Foto von ihrer Tätigkeit auf der Webseite des Partyveranstalters steht? Der Streit um diese Frage ging bis zum Bundesgerichtshof.

Urteil zu Hostess-Fotos

Eine Frau ließ sich von einer Promotion-Agentur als Hostess anwerben. Ihre Aufgabe bestand darin, den Gästen der „Casting Company Abriss-Party“ aus einem Korb Zigaretten anzubieten. Gastgeber dieser Party war ein Mann, der durch die Fernsehserie „Germanys next Topmodel“ bekannt geworden war. Unter den Gästen waren zahlreiche Prominente. Die Veranstaltung war in der entsprechenden Szene so angesagt, dass sich davon bis heute Filme auf YouTube finden.

Foto des „Zigaretten-Girls“ auf einem Eventportal

Das Bild, um das gestritten wird, steht auf einem „Eventportal“, das Fotos von Veranstaltungen zeigt, insbesondere von Partys. Die Aufnahme zeigt, wie die Frau als Hostess Gästen der Party Zigaretten anbietet. In der Bildüberschrift werden anwesende Prominente namentlich genannt, ferner der Gastgeber.

Forderung nach Ersatz der Anwaltskosten für eine Abmahnung

Die Frau fordert, dass es der Betreiber des Eventportals unterlässt, Bilder von ihr zu verbreiten. Außerdem macht sie Anwaltskosten in Höhe von 775,64 € geltend. Der Betreiber des Portals gab zwar eine Unterlassungserklärung ab, verweigerte jedoch die Erstattung der Anwaltskosten. Formal gesehen geht es im Rechtsstreit jetzt nur noch um die Erstattung der Anwaltskosten. Sie kommt jedoch lediglich dann in Betracht, wenn das Verbreiten des Fotos auf der Webseite rechtswidrig ist.

BGH-Urteil: kein Unterlassungsanspruch

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) kann die Frau nicht verlangen, dass die Veröffentlichung des Bildes unterbleibt. Deshalb habe sie auch keinen Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten, die sie ausgegeben hat, um ihren vermeintlichen Anspruch durchzusetzen.

„Konkludente Einwilligung“ in die Verbreitung der Aufnahme

Nach den Umständen des Falls sei davon auszugehen, so das BGH in seinem Urteil, dass die Frau durch ihr Verhalten in die Veröffentlichung des Bildes eingewilligt habe. Es liege eine sogenannte „konkludente“ Einwilligung vor, also eine Einwilligung, die sich aus den Umständen ergibt, ohne dass ausdrücklich über sie gesprochen worden ist. Das ergebe sich aus folgenden Umständen:

  • Die Frau hatte von ihrem Arbeitgeber Informationsmaterial erhalten, in dem ihre Tätigkeit näher beschrieben wurde. Darin hieß es unter anderem, sie dürfe zwar keine Interviews geben, Fotos seien jedoch erlaubt.
  • Beigefügt waren „Beispielbilder für die Fotodokumentation“, auf denen lächelnde Hostessen mit einem Zigarettenkorb zusammen mit anderen Personen für Fotos posieren.
  • Damit sei der Frau klar gewesen, dass sie mit der Veröffentlichung von Abbildungen ihrer Person zu rechnen hatte und dass dies aus Werbegründen durchaus erwünscht war.
  • Medienvertreter, die auf der Veranstaltung anwesend waren, konnten ihre Tätigkeit nur dahin verstehen, dass sie mit Fotos und deren Veröffentlichung im Interesse des Veranstalters einverstanden war.

Party auch ein „zeitgeschichtliches Ereignis“?

Da eine konkludente Einwilligung vorliegt, kommt es nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht darauf an, ob die Party außerdem ein „zeitgeschichtliches Ereignis“ darstellt. Falls das so wäre, dürften Fotos davon sogar dann verbreitet werden, wenn die abgebildete Person damit ausdrücklich nicht einverstanden ist. Das sieht eine Vorschrift im einschlägigen Gesetz (§ 23 Abs.1 Nr.1 Kunsturheberrechtsgesetz) so vor. Dieses Gesetz regelt übrigens entgegen seinem Namen nicht das Urheberrecht an einer Fotografie, sondern das Recht der darauf abgebildeten Person am eigenen Bild.

Fragwürdige Kritik am Urteil im Internet

Das Urteil wird im Internet zum Teil kritisiert. Man hält dem Gericht vor, es hätte übersehen, dass eine konkludente Einwilligung gar nicht möglich ist, weil nach § 4a Absatz 1 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) eine Einwilligung schriftlich erteilt werden müsse. Diese Kritik ist schon deshalb fragwürdig, weil die erwähnte Regelung den Nachsatz enthält, dass die Schriftform nicht eingehalten werden muss, wenn „wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist“. Sie kennt also sehr wohl Ausnahmen von der Schriftform.

BDSG und Kunsturheberrechtsgesetz – zwei getrennte Welten

Zum anderen lässt sich ohne Weiteres die Auffassung vertreten, dass Regelungen des BDSG im Bereich des Rechts am eigenen Bild überhaupt keine Bedeutung haben, weil das Recht am eigenen Bild in einem eigenständigen Gesetz geregelt ist, nämlich dem Kunsturheberrechtsgesetz.

Dass der Bundesgerichtshof zum Thema „Schriftform der Einwilligung“ in der vorliegenden Entscheidung völlig schweigt, legt den Schluss nahe, dass er diese Auffassung vertritt und die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes hier schlicht für bedeutungslos hält.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. November 2014–VI ZR 9/14 ist abrufbar unter http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=70123&pos=0&anz=1.

Autor*in: Dr. Eugen Ehmann (Dr. Ehmann ist Regierungsvizepräsident von Mittelfranken und ist seit Jahren im Datenschutz aktiv.)