DSGVO & Fotografie: Das Recht am eigenen Bild und die Medien
Bilder von Menschen stellen personenbezogene Daten dar – und zwar auch dann, wenn der Name des Menschen nicht dabei steht. Darüber herrscht unter Juristen Einigkeit. Aber welche rechtlichen Regeln gelten für den Umgang mit solchen Bildern? Ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) anzuwenden? Oder weiterhin das Kunsturheberrechtsgesetz (KUG)?
Zu den großen Streitfragen rund um die DSGVO gehört die Frage, ob für den Umgang mit Bildern, auf denen Personen zu sehen sind, jedenfalls in Deutschland weiterhin die Regelungen über das Recht am eigenen Bild maßgeblich sind, die im deutschen KUG enthalten sind. Oder ob schlicht die Datenschutz-Grundverordnung gilt.
Nahezu euphorisch haben deshalb manche einen Beschluss des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln) begrüßt, der sich damit befasst. Lesen Sie, warum er leider nur sehr begrenzt Hilfen für die Praxis bietet.
Stark beachteter Fernsehbeitrag
Bei dem Fall, den das OLG Köln zu entscheiden hatte, ging es um einen Fernsehbeitrag. Er befasste sich mit der Räumung und Sperrung eines Gebäudes. Diese Ereignisse hatten große öffentliche Aufmerksamkeit gefunden.
In dem Fernsehbeitrag ist der Antragsteller zu sehen. Das missfällt ihm. Er möchte, dass der Beitrag nicht weiter verbreitet wird. Eine weitere Verbreitung würde er allenfalls dann akzeptieren, wenn sein Gesicht unkenntlich gemacht wird (beispielsweise durch Verpixelung).
Rechtslage nach KUG
Geht man von den Vorschriften des KUG aus, muss der Antragsteller die Verbreitung des Fernsehbeitrags auch künftig hinnehmen. Denn bei den Ereignissen, die der Beitrag zeigt, handelt es sich um Vorgänge der Zeitgeschichte. Das sind Ereignisse, die von öffentlichem Interesse sind.
Bilder von solchen Vorgängen dürfen verbreitet werden, ohne dass eine Einwilligung der Person nötig wäre, die auf den Bildern zu sehen sind. Das regelt § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ausdrücklich so.
Änderung durch die DSGVO?
Freilich stellt sich nun die Frage, ob diese Vorschrift überhaupt noch angewandt werden darf. Denn seit 25. Mai 2018 gilt die DSGVO. Sie erfasst alle Arten von personenbezogenen Daten, also auch Bilder von Menschen. Darüber besteht kein Streit.
Allerdings enthält sie keine Regelungen speziell für Bilder von Menschen. „Gesichtsbilder“ sind in ihr lediglich in einem sehr speziellen Zusammenhang erwähnt, nämlich bei der Definition des Begriffs „biometrische Daten“ (siehe Art. 4 Nummer 14 DSGVO).
Eine Vorschrift, wonach „Bildnisse der Zeitgeschichte“ auch ohne Einwilligung der abgebildeten Person verbreitet werden dürfen, sucht man vergebens. Das könnte bedeuten, dass in solchen Fällen eine Einwilligung der abgebildeten Person nötig ist. Eine solche Einwilligung lehnt der Antragsteller aber ja gerade ab.
Besonderheiten des Falls
Wer nun erhofft hatte, dass das Gericht zu diesem Grundsatzproblem ganz generell Stellung nimmt, wird freilich enttäuscht. Im konkreten Fall ist es nämlich so:
- Es geht um einen Medienbericht (Filmbericht eines Fernsehsenders).
- Für den Datenschutz bei Medien gilt die DSGVO jedoch gerade nicht „einfach so“. Vielmehr sieht sie in ihrem Art. 85 Abs. 1 vor, dass die Mitgliedstaaten für den Datenschutz bei Medien ergänzende Rechtsvorschriften nicht nur erlassen dürfen, sondern sogar erlassen müssen. In ihnen müssen die Mitgliedstaaten einen Ausgleich schaffen zwischen dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten auf der einen Seite und dem Recht, Daten zu journalistischen Zwecken zu verarbeiten, auf der anderen Seite.
- In Deutschland ist es normalerweise Sache der Bundesländer (nicht des Bundes), die Verarbeitung von Daten im journalistischen Bereich zu regeln.
- Für den Bereich des Fernsehens und des Rundfunks haben die Bundesländer deshalb den „Rundfunkstaatsvertrag“ geschlossen. Er enthält auch Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten.
- Nach diesen Regelungen sind Filmberichte über öffentliche interessierende Ereignisse auch dann erlaubt, wenn darauf Personen zu erkennen sind.
Eindeutiges Ergebnis im konkreten Fall
Damit steht für den konkreten Fall fest, dass es auf eine Einwilligung der betroffenen Person überhaupt nicht ankommt. Maßgeblich sind vielmehr die Regelungen in Deutschland, die auf der Basis von Art. 85 DSGVO erlassen wurden.
Eher ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass es keine Bedenken dagegen hat, das KUG im journalistischen Bereich auch künftig anzuwenden. Dies sei mit dem Zweck zu vereinbaren, den Art. 85 DSGVO verfolgt. Er lässt den Mitgliedstaaten gerade für den Bereich der Medien eben gewisse Spielräume, Details festzulegen. |
Wozu das Urteil schweigt
Damit ist zugleich umrissen, wozu das Urteil nichts sagt:
- Es sagt nichts dazu, wie mit Abbildungen von Arbeitnehmern in Unternehmen umzugehen ist.
- Es sagt auch nichts dazu, welche Regelungen für Fotos im Privatbereich gelten.
Letztlich keinerlei Neuigkeiten
Letzten Endes bestätigte das Urteil nur, was unter Fachleuten sowieso so gut wie niemand bestritten hat: Soweit es um die Berichterstattung in Medien geht, trifft die DSGVO keine abschließende Regelung.
Hier können (und müssen) die Mitgliedstaaten ergänzende Regelungen treffen. Das ist für Rundfunk und Fernsehen im Rundfunkstaatsvertrag geschehen, für andere Medien in den Mediengesetzen und Pressegesetzen der Länder.
Und die Regelungen des KUG über Abbildungen aus dem Bereich der Zeitgeschichte gelten für Medien auch künftig.
Nach wie vor offene Fragen
Offen bleibt damit die Frage, wie außerhalb dieser Bereiche zu verfahren ist, insbesondere also in Unternehmen. Es gibt keinen Grund, das Gericht deshalb zu kritisieren. Diese Fragen waren nicht Gegenstand des Verfahrens. Deshalb hat es dazu völlig zu Recht schlicht nichts gesagt.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 18.6.2018 – 15 W 27/18 ist abrufbar unter https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/koeln/j2018/15_W_27_18_Beschluss_20180618.html.