Auskunftsanspruch eines Samenspenders
Zwei Frauen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammenleben, wollen beide ein Kind bekommen. Ein Samenspender für eine der beiden Frauen ist über das Internet rasch gefunden. Schwangerschaft und Geburt verlaufen wie gewünscht. Doch dann beginnt der Mann gewissermaßen zu zicken. Er möchte mehr sein als nur Samenspender und verlangt als Vater Auskunft über die Entwicklung und das Leben des Kindes. Ein Fall für den Datenschutz?
Anfänglich herrscht Harmonie zwischen den Beteiligten
Ein Mann verlangt von der Mutter seiner Tochter Auskunft über das Leben der Tochter und Lichtbilder von ihr. Die Frau verweigert beides strikt. Der Grund hierfür liegt in den Umständen, unter denen das Kind entstanden ist und dem, was dann folgte:
- Die Mutter des Kindes, eines Mädchens, das im November 2012 geboren wurde, lebt mit einer anderen Frau in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Zu der Schwangerschaft kam es mithilfe eines Samenspenders, den die Frau über das Internet gefunden hatte. Die Insemination nach der Samenspende führte ihre Lebenspartnerin durch.
- Die Beteiligten hatten vereinbart, dass der Mann über die Entwicklung und das Wohlergehen des Kindes in einem gewissen Umfang informiert wird, im übrigen aber nicht als Vater in Erscheinung tritt und zudem einer Adoption des Kindes durch die Lebenspartnerin der Mutter des Kindes zustimmt.
Dann zerstreiten sie sich völlig
- Dies verweigerte er dann jedoch. Stattdessen beantragte er die Feststellung seiner Vaterschaft, die schließlich auch erfolgte.
- Als die Mutter des Kindes seinem Wunsch nach Auskünften und Fotos nicht nachkam, schickte er ihr eine Vielzahl von E-Mails, die teils einen vulgären, teils sogar einen strafbaren Inhalt hatten. Unter anderem bezeichnete er sie als „dreckige, miese Ratte“ und als „verlogener, eiskalter und charakterloser Abschaum als Mutti“. Ferner „drohte“ er damit, seine Rechte als Vater geltend zu machen.
- Die Mutter des Kindes erklärt, der Mann sei jähzornig, selbstbezogen, unberechenbar und leide unter erheblichen psychischen Auffälligkeiten. Es sei ihr deshalb nicht zuzumuten, ihm Informationen über die gemeinsame Tochter zu geben.
- Inzwischen hat sich herausgestellt, dass er sich auch noch anderen Frauen mit Kinderwunsch als Samenspender zur Verfügung gestellt hat. Auch diese Mütter belästigt er mit entsprechenden E-Mails, wenn sie seinen Wünschen und Vorstellungen nicht nachkommen.
Dennoch hat der Mann einen Auskunftsanspruch
Nach Auffassung des Gerichts hat der Mann einen Anspruch auf Auskunft über sein Kind. Rechtsgrundlage hierfür sei § 1686 BGB. Nach dieser Vorschrift ist jeder Elternteil verpflichtet, dem anderen Elternteil Auskunft über die persönlichen Verhältnisse eines gemeinsamen Kindes zu erteilen, wenn und soweit der andere Elternteil daran ein berechtigtes Interesse hat und wenn dies dem Wohl des gemeinsamen Kindes nicht widerspricht.
Die Rolle des Kindeswohls
Nach Auffassung des Gerichts ist diese Bestimmung nicht so zu lesen, dass Auskunft nur dann erteilt werden muss, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht. Vielmehr lautet der Grundsatz, dass Auskunft über das gemeinsame Kind zu erteilen ist. Nur dann, wenn dies ausnahmsweise im Einzelfall dem Wohl des Kindes widerspricht, entfällt der Auskunftsanspruch. Dies wäre dass dann der Fall, wenn mit dem Auskunftsbegehren sachfremde Zwecke, wie z.B. ein Übergriff in die elterliche Sorge, verfolgt werden oder wenn sich der Elternteil, der Auskunft begehrt, schikanös verhält.
Kein Entfallen des Auskunftsanspruchs durch besondere Umstände
Diese Voraussetzungen, unter denen ein Auskunftsanspruch ausnahmsweise entfallen kann, hält das Gericht vorliegend für nicht gegeben. Hierzu weist es auf Folgendes hin:
- Es trifft zu, dass der Mann die Frau und auch die anderen Mütter seiner Kinder belästigt. Dies ergebe sich aus dem teilweise vulgären und strafbar beleidigenden Inhalt der Mails.
- Es sei auch richtig, dass der Mann seine mündliche Zusage, einer Adoption zuzustimmen, nicht eingehalten habe.
- All dies ändere aber nichts daran, dass er der Vater des Kindes sei und dass ihm deshalb nach der Grundentscheidung des Gesetzes ein Auskunftsanspruch zustehe.
- Das Kind werde von den Auskünften nichts erfahren und sei deshalb davon in seinem Empfinden nicht betroffen.
- Der Befürchtung der Mutter des Kindes, durch das Auskunftsbegehren in ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden gestört zu werden, könne dadurch Rechnung getragen werden, dass die Auskunft erforderlichenfalls über eine Mittelsperson (Jugendamt oder Rechtsanwalt) erteilt werden kann.
- Für die Befürchtung der Mutter des Kindes, der Antragsteller werde die erteilten Auskünfte für weitere Drohungen oder Belästigungen nutzen, sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dargelegt.
Unbequeme klare Worte des Gerichts
Im Übrigen werde die Mutter des Kindes ungeachtet der Vorgeschichte „zu akzeptieren haben, dass der Antragsteller der leibliche und rechtliche Vater ihres Kindes ist und dass der Auskunftsanspruch letztlich auch Ausfluss des dem Antragsteller zustehenden Elternrechts ist.“
Datenschutz ist hier kein Argument
Im Ergebnis ist der Auskunftsanspruch des Mannes nach Auffassung des Gerichts somit eine rein familienrechtliche Angelegenheit ohne irgendwelche spezifisch datenschutzrechtlichen Bezüge. Im Kern bedeutet die Entscheidung, dass sich die Mutter des Kindes so behandeln lassen muss, als ob sie das Kind mit dem Mann auf „natürlichem Weg“ gemeinsam gezeugt hätte. Ihre spezifischen Vorstellungen (Verwirklichung des Kinderwunsches gerade zusammen mit ihrer eingetragenen Lebenspartnerin, Rolle des Mannes lediglich als Spender) haben in der einschlägigen Regelung des Gesetzes keinen Niederschlag gefunden.
Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 7.3.2014-13 WF 22/14, abrufbar unter http://www.justiz.nrw.de/.