27.04.2016

Wer ist ihr Gegenüber? Lesen Sie die Persönlichkeit!

Wir alle kennen das: Wenn wir einen Menschen zum ersten Mal treffen, dann versuchen wir sofort, ihn zu kategorisieren. Zunächst wird nur sehr grob und unbewusst unser Gegenüber in Freund oder Feind unterteilt. Dieses evolutionär bedingte Verfahren sorgt dafür, dass wir uns nicht sofort in Alarmbereitschaft versetzen – physisch wie psychisch. Im Regelfall und vor allem im Berufsleben bestimmen konkrete Anlässe das Zusammenkommen mit uns zunächst fremden Personen. Gerade Sie als Bürgermeisterin oder Bürgermeister treffen in Ihrem Berufsumfeld tagtäglich auf ganz viele und unterschiedliche Menschen. Dabei hilft es, auf etwas mehr als nur auf unseren biologischen Überlebensmechanismus zu vertrauen. Allzu oft ziehen wir nach einem Gespräch oder Treffen ein Resümee, das erstens zeitlich nachgelagert und zweitens auch mehr oder weniger unstrukturiert erfolgt. Gelingt hingegen bereits in einem Gespräch eine erste Strukturierung der Persönlichkeit unseres Gesprächspartners, dann kann auf dieser Basis das Gespräch ganz anders von uns gesteuert werden: Das Eingehen auf das Gegenüber funktioniert wesentlich besser, wenn wir nicht nur sachlich-argumentativ, sondern auch emotional einen schnellen Zugang herstellen können.

Führungskultur

Als grobes Raster und Hilfe dazu bietet sich ein wissenschaftlich fundierter Blick in die Persönlichkeitspsychologie an. Forscher haben ein etabliertes Modell entwickelt, nach dem jeder Mensch und seine Persönlichkeit auf fünf Dimensionen strukturiert werden können. Das sogenannte „Fünf-Faktoren-Modell“ (Big Five) unterteilt die Persönlichkeit jedes Menschen in die Bereiche

  • Verträglichkeit,
  • Neurotizismus,
  • Extraversion,
  • Offenheit für Neues und
  • Gewissenhaftigkeit

 Was zunächst sehr abstrakt klingt, sind uns wohlbekannte Begriffe. Die Verträglichkeit beschreibt die Fähigkeit, auf andere Menschen einzugehen. Verträgliche Menschen sind gutmütig, vertrauensvoll und hilfsbereit, aber auch ein wenig leichtgläubig. Dieser Altruismus oder diese Nachgiebigkeit ist hilfreich für eine Kooperation mit dem Gesprächspartner. Der Neurotizismus beschreibt Menschen, die verstärkt gefühlsbetont, besorgt oder unsicher agieren. Diese oft auch als emotionale Labilität bezeichnete Eigenschaft äußert sich in einem unangemessenen Verhalten in Stresssituationen oder in Form unrealistischer Erwartungen. Die Extraversion umfasst die Eigenschaft, sich sehr lebenslustig, gesellig und optimistisch zu verhalten. Diese Personengruppe ist sehr aufnahmefähig für neue Ideen oder Anregungen und agiert auf der zwischenmenschlichen Ebene. Menschen mit einer großen Offenheit für Neues sind meist neugierig, kreativ und unkonventionell. Sie hinterfragen oft bestehende Strukturen und erproben neue Vorgehensweisen und Ideen, insbesondere wenn sie sachlich begründet sind. Die Gewissenhaftigkeit umfasst ehrgeizige, ausdauernde und disziplinierte Persönlichkeiten von Menschen, die entsprechend sehr zielstrebig und genau sind. Alle Menschen besitzen alle fünf Dimensionen ihrer Persönlichkeit, jedoch sind sie unterschiedlich stark ausgeprägt. Die am stärksten ausgeprägte Dimension bestimmt letztendlich die Persönlichkeit maßgeblich.

Machen Sie doch einfach mal den Test. Eignen Sie sich die fünf Dimensionen an und versuchen Sie, gut bekannte Menschen zu kategorisieren. Gelingt das mühelos, dann verhilft Ihnen dieses Instrument der Psychologie in Zukunft zu einer schnelleren und professionelleren Einschätzung ihres Gegenübers. Und das wiederum ist schon während eines Gesprächs ein großer Vorteil, um gezielt auf die Persönlichkeit zu reagieren und Anliegen oder Probleme schneller lösen zu können. Viel Erfolg!

Autor*in: Johannes Hanisch (Johannes Hanisch ist kommunalpolitisch in Weilburg und Limburg-Weilburg aktiv.)