22.04.2024

Studie zum kommunalpolitischen Ehrenamt

Das Ehrenamt ist eine unverzichtbare Säule im kommunalpolitischen Leben. Daher hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 11. April ehrenamtliche Kommunalpolitikerinnen und ‑politiker sowie Ortsvorstehende ins Schloss Bellevue eingeladen. Insgesamt sind deutschlandweit 6000 ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister für die Demokratie im Einsatz. Rund 80 ehrenamtliche Kommunalpolitikerinnen und -politiker sowie Ortsvorstehende waren ins Schloss Bellevue gekommen.

Politiker bei Rede

Die Veranstaltung wurde auch dazu genutzt, um eine Forsa-Befragung von mehr als 1500 ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Auftrag der Körber-Stiftung zu präsentieren, in der Motivation, Herausforderungen und Rahmenbedingungen des kommunalpolitischen Ehrenamts erfragt wurden. Die Ergebnisse sind beunruhigend: Rund 50 Prozent sind mit den Rahmenbedingungen für die Ausführung des Amtes unzufrieden. Gründe dafür sind vor allem die fehlende Vereinbarkeit mit Familie, Privatleben und Hauptberuf, die mangelnde finanzielle Ausstattung der Kommunen sowie die fehlende Unterstützung durch Bund und Länder. 40 Prozent der Befragten haben zudem entweder selbst oder in ihrem Umfeld Hass, Anfeindungen und Gewalt im Amt erlebt.

Die Umfrage der Körber-Stiftung spiegelt die Sicht der Amtsträger auf die Umstände ihres Ehrenamts und die wahrgenommene gesellschaftliche und politische Stimmung in den Kommunen wieder. Laut den Ergebnissen besteht eine große Unzufriedenheit mit den Rahmenbedingungen und Nachwuchsproblemen. 50 Prozent der Befragten sind mit den Rahmenbedingungen für die Ausführung des Amtes unzufrieden. In Rheinland-Pfalz, das kommunalpolitisch vorwiegend im Ehrenamt regiert wird, ist die Unzufriedenheit mit 63 Prozent besonders hoch.

Ein überwiegender Anteil der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister beurteilt vor allem die Unterstützung durch die Landes- und Bundespolitik (88 Prozent) sowie die derzeitige finanzielle Situation ihrer Gemeinde (63 Prozent) als mangelhaft. 86 Prozent der Befragten sehen fehlende Haushaltsmittel als große Herausforderung für ihre Gemeinde. Auch die Unvereinbarkeit zwischen Ehrenamt, Familie und Beruf spielt eine Rolle. Zwei Drittel aller Befragten (65 Prozent) sind neben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister erwerbstätig – dies überwiegend in Vollzeit (46 Prozent). Der zeitliche Aufwand für das Ehrenamt liegt mit 20 bis 30 Stunden enorm hoch. Dementsprechend bewerten 62 Prozent die Vereinbarkeit des Amtes mit Familie, Privatleben und Hauptberuf als schwierig.

Darüber hinaus sind die hohe Zahl an Anfeindungen im Ehrenamt und der empfundene Unmut in der Bevölkerung eine Belastung für viele ehrenamtliche Kommunalpolitiker. 40 Prozent der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister geben an, dass sie oder Personen aus ihrem Umfeld schon einmal wegen ihrer Tätigkeit beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen wurden. Aufgrund dieser Erfahrung hat jede und jeder vierte Betroffene (28 Prozent) schon einmal darüber nachgedacht, sich aus der Politik zurückzuziehen – v.a. aus Sorge um die eigene Sicherheit. 35 Prozent sehen im Rechtsextremismus in den kommenden Jahren eine große Herausforderung für die eigene Gemeinde. Knapp 20 Prozent berichten von vermehrt demokratiefeindlichen Tendenzen. In Ostdeutschland stimmt sogar jede und jeder Vierte (24 Prozent) dieser Aussage zu.

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)