Parkettsicher: Wie Sie Ehrengäste korrekt ansprechen
Reden und Grußworte zu halten, gehört zum Berufsalltag eines Kommunalpolitikers. Meist sind Anlässe und Adressaten vertraut. Doch es gibt auch Situationen, die besondere Sprachdiplomatie erfordern. Praktische Hilfestellung liefert ein hochoffizieller Ratgeber, der erst kürzlich wieder aktualisiert wurde.
Das kennt jeder Bürgermeister: Ein besonderes Ereignis steht der Gemeinde ins Haus – und er muss in die Bütt. Er soll ein Grußwort zur Eröffnung der neuen Kultureinrichtung, eine Rede beim Wirtschaftsempfang oder zu einem geschichtlichen Jahrestag zum Besten geben. Solche Termine wird der Amtsvorsteher meist routiniert bewältigen. Doch manchmal kommt es vor, dass das Publikum ungewöhnlich hochkarätig besetzt ist. Sind Amts- und Würdenträger mit von der Partie, tauchen schnell Unsicherheiten auf: Wie tituliere ich diese Persönlichkeiten in meiner Begrüßung protokollarisch korrekt?
Nützlich und unterhaltsam
Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte sich auf die Empfehlungen des Bundesinnenministeriums verlassen. Bereits seit 1975 leistet das bei der Behörde angesiedelte Protokoll Inland mit seinem „Ratgeber für Anschriften und Anreden“ verlässlich Hilfestellung. Vor wenigen Monaten ist das Werk in überarbeiteter Version erschienen. Die rund 170 Seiten umfassende Handreichung listet akribisch alle nur denkbaren Ämter und Funktionen des öffentlichen Lebens für beide Geschlechter mit den entsprechenden Anredeformen auf. Unterschieden wird dabei jeweils zwischen der mündlichen Ansprache und dem Schriftverkehr. Das umfassende Werk ist nützlich in allen Zweifelsfällen – und auch darüber hinaus eine durchaus erhellende Lektüre.
Stolperfalle Bürgermeister
Wo sonst würde man zum Beispiel erfahren, dass es tatsächlich „Frau Hohe Vertreterin“ heißt, falls sich einmal eine entsprechend ranghohe EU-Repräsentantin in der Gemeinde ansagen sollte? Dass ein Hochschuldekan in der brieflichen Anrede auch als „Spektabilität“ angesprochen werden darf? Oder dass es in der evangelischen Kirchenhierarchie „Frau Präses“ heißt? Und das, obwohl „Präsida“ grammatikalisch die korrekte weibliche Form wäre, wie die Broschüre fein säuberlich per Fußnote vermerkt. Und wer hat schon auf dem Radar, dass es den diplomatischen Titel „Geschäftsträger“ gibt, der exakt so in der Anrede verwendet wird?
Ebenfalls gut zu wissen: Während das Oberhaupt von Berlin als „Herr Regierender Bürgermeister“ angesprochen wird, hat sich Hamburgs Erster Bürgermeister mit einem hanseatisch schlichten „Herr Bürgermeister“ zu begnügen. Fazit: Der Ratgeber führt zuverlässig jede sprachliche Stolperfalle auf und ist ein Standardwerk, das in keiner deutschen Amtsstube fehlen darf.
Der aktualisierte „Ratgeber für Anschriften und Anreden“ kann auf der Internetseite des „Protokolls Inland der Bundesregierung“ als PDF heruntergeladen werden.