Die Kommune klar positionieren und strategisch aufbauen. Wie wir von den großen Marken lernen können
Als Bürgermeister Ihrer Stadt oder Gemeinde sind Sie verantwortlich für die kurz- und langfristige Entwicklung vor Ort. Vergleicht man diese Aufgabe mit den Tätigkeiten in der oft zitierten „freien Wirtschaft“, dann kommt einer Bürgermeisterin oder einem Bürgermeister die Funktion eines Topmanagers zu. Auch Topmanager sind – insbesondere für die langfristige – Entwicklung ihres Unternehmens verantwortlich und bauen dazu die strategische Grundlage auf. Es geht um die Zielsetzung, wohin sich das Unternehmen entwickeln soll: Was ist die große Vorgabe, nach der sich alle weiteren konkreten Maßnahmen zu richten haben? Wohin soll das Unternehmen ausgerichtet werden? Und wie? Topmanagern kommt die zentrale Funktion zu, diese Fragen zu definieren und das Unternehmen danach zu planen, zu steuern und zu kontrollieren.
Wie aber kann dieser Vergleich für die strategische Entwicklung einer Kommune weiterhelfen? Ganz einfach: Auch in einer Kommune muss es eine langfristige Zielrichtung geben, die maßgeblich für alle Überlegungen ist. Auch hier muss definiert werden, wohin die Reise der Stadt oder Gemeinde gehen soll. Es ist die Aufgabe des Bürgermeisters, hierauf Antworten zu liefern. Implizit geschieht dies bereits oft durch Wahlversprechen oder die Überlegungen, die man sich selbst für seine Arbeit setzt. Während es nach innen also meist schon mehr oder weniger klar definiert ist, wofür man stehen möchte, so bedarf es – wie im Unternehmen – der klaren Kommunikation dieser Leitlinien nach außen. Die persönliche Philosophie muss zur wahrnehmbaren Marschrichtung der Kommunalpolitik werden. Nur dann ist die Grundlage gesetzt, auf der langfristig aufgebaut werden kann. Dies schützt Sie auch in Ihrer täglichen Arbeit und gibt Rückenwind für neue Projekte, die sich so leichter umsetzen lassen.
Unternehmen definieren dazu zunächst wenige Werte oder Grundsätze, für die sie langfristig und immer einstehen wollen. Wichtig hierfür ist ein klares Identitätsverständnis, welches die Frage des „wer sind wir?“ zweifelsfrei beantwortet. Was zunächst banal klingt, kann in seiner Ausarbeitung jedoch sehr vielschichtig werden. So vielfältig die Perspektiven auch sein können: Es kann nur einen Schwerpunkt und Kern geben, denn gespalteten Persönlichkeiten waren noch nie erfolgsversprechend. Auf Basis der eigenen Grundsätze wird eine für einen längeren Zeitraum gültige Vision abgeleitet. Sie beschreibt, was erreicht werden soll, und bildet die Zielvorgabe, welche sich an den Grundsätzen orientiert. Aus der Vision leiten sich konkrete Leitsätze ab, die beschreiben, wie die Vision umgesetzt werden kann.
Bezogen auf die Kommune und Ihre Arbeit als Bürgermeister bedeutet dies: Nutzen Sie die Instrumentarien, um Ihnen und Ihrer Stadt oder Gemeinde Profil zu geben. Definieren sie zunächst für sich den regionalen Schwerpunkt: Wofür steht die Kommune? Hier bietet sich eine Vielfalt an Möglichkeiten an: Bildet die Region einen touristischen Schwerpunkt mit bekannten Attraktionen? Steht die Kommune eher für wirtschaftliche Stärke? Falls ja, in welchem Bereich ist sie konkret erfolgreich? Oder ist es eher ein gesundheitlicher Schwerpunkt als Kurort oder Krankenhauszentrum? Es gilt: Grenzen Sie sich klar von anderen ab und betonen Sie ihre „Points of Difference“ und Stärken! Dieses Herausstellen der eigenen Identität ist die Basis, von der dann die maximal drei bis fünf Grundsätze abgeleitet werden. Diese könnten zum Beispiel lauten: 1. Wir stehen für den sanften und naturverbundenen Wandertourismus in Region X. 2. Wir schützen mit besonders hohem Aufwand die Erhaltung der natürlichen Flora und Fauna in unserer Stadt/Gemeinde. 3. Wir fördern unsere Einwohner in einem naturbewussten und verantwortungsvollen Handeln. Als übergreifende Vision für die nächsten Jahre könnte dann das Motto gelten: „Wandern und Leben in unberührter Natur“. Final gilt es dann zusammen mit Ihrer Verwaltung und den kommunalpolitisch Verantwortlichen die Leitsätze für die Kommune zu formulieren. Durch sie wird die Art und Weise des Agierens und Interagierens innerhalb und außerhalb der Stadt oder Gemeinde charakterisiert, sodass dadurch die Vision umgesetzt werden kann. Denkbar wäre hier: a) Der Erhalt der Natur und das Zurückversetzen in natürliche Lebensräum ist die Maßgabe unserer Stadtentwicklung. b) Wir fördern das Engagement von Bürgern und Vereinen, welches dem Naturerhalt in unserer Region dient. c) Wir bewerben gezielt den naturverbundenen Wandertourismus. d) Unser touristisches Angebot setzt auf nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftung der Gäste usw.
Durch die konsequente Anwendung dieser Zusammenhänge kann eine strategische Zielsetzung für die Entwicklung einer Kommune und das eigene Wirken als Stadt- oder Gemeindeoberhaupt erfolgreich identifiziert und gelebt werden. Es ist dann ein Rahmen geschaffen, an dem sich die konkrete Stadtentwicklung orientieren muss. Es greift das Prinzip einer starken (regionalen) Marke: Bleibe dir stets treu und sage anderen, wofür du stehst. Für die Umsetzung empfiehlt es sich, zunächst individuell einen Rahmen zu setzen, der im Kontext der regionalen Stärken zu sehen ist. Dieser kann dann, auch mit professioneller und externer Hilfe, ggf. in einem kleinen Team der politischen Funktionsträger, gemeinsam entwickelt und mit Inhalt gefüllt werden. Dies schafft eine breitere Akzeptanz, ohne dass gleichzeitig zu viele Interessen von außen Einzug halten. Versuchen Sie es, die Arbeit lohnt sich. Das zeigen erfolgreiche Unternehmen und Marken uns Verbrauchern seit Jahrzehnten. Bei einer starken Marke wir Coca-Cola wissen wir sofort, wofür sie steht und wie wir sie uns vorzustellen haben. Dieses Prinzip muss auch für starke Kommunen gelten, um sich im Wettbewerb aussichtsreich positionieren zu können. Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg und viel Spaß!