20.06.2024

Angriffe gegen die Demokratie

Angriffe auf deutsche Politiker und Politikerinnen sind in den vergangenen Wochen vermehrt aufgetreten: Matthias Ecke, Franziska Giffey, Rolf Fliß und Kai Gehring, sie alle waren davon betroffen, insbesondere beim Plakatieren vor der Europa-Wahl. Bundesweit empören die Vorfälle. Dabei stellt sich die Frage, ob das politische Klima in Deutschland rauer wird und ob die Angriffe auf eine stärkere Polarisierung unserer Gesellschaft hinweisen.

Mann in Hemd schaut auf Handy

Hinsichtlich der Entwicklung der politischen Kriminalität in Deutschland zeigen bundesweite Zahlen, dass die Tendenz zur Gewalt steigt, wie das Handelsblatt berichtete: Die Zahl der Angriffe steigt seit 2019. Vor fünf Jahren gab es noch 1832 Angriffe auf Repräsentanten und Einrichtungen von im Bundestag vertretenen Parteien. Dazu zählen neben den gewalttätigen auch verbale Angriffe wie Beleidigungen. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Angriffe auf 3357, was einem Anstieg von mehr als 80 Prozent entspricht.

Hinsichtlich der Frage, welche Parteien am meisten betroffen sind, zeigt sich ein klares Ergebnis: die Grünen in mehr als dem Dreifachen verglichen mit anderen Parteien. Sie waren in 947 Fällen Opfer verbaler Angriffe, gefolgt von der SPD mit 293 und der FDP mit 266. Bei den Gewaltdelikten liegen die AfD-Politiker an der Spitze mit 86 Angriffen, gefolgt von den Grünen mit 62 (statista).

Ein Phänomen der Angriffe auf Politiker sind die verbalen Attacken, die sich in Form von Hassnachrichten und Shitstorms im Internet zeigen. Auch hier zeigen aktuelle Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA) eine Zunahme. Im Februar 2022 richtete das BKA aus diesem Grund eine Meldestelle für Hass-Postings ein. Von den im vergangenen Jahr eingegangenen Meldungen waren laut BKA 84 Prozent der Inhalte strafrechtlich relevant. Am häufigsten fielen die Beiträge unter die Straftatbestände „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“, Volksverhetzung sowie Belohnung und Billigung von Straftaten.

Noch frappierender ist die zeitliche Häufigkeit: 2023 wurden wöchentlich durchschnittlich mehr als 53 Politikerinnen und Politiker von im Bundestag vertretenen Parteien angegriffen. Auch Einrichtungen dieser Parteien wurden nicht verschont. 2023 waren hier wiederum am meisten die Grünen betroffen, gefolgt von Einrichtungen der AfD und der SPD.

Der Städtetags-Vizepräsident Burkhard Jung forderte daher im Interview mit dem Deutschlandfunk (DLF), Übergriffe und Drohungen schneller und konsequenter strafrechtlich zu ahnden. Gleichzeitig appellierte er, auf allen Ebenen mehr über politische Debattenkultur in Deutschland zu sprechen. Übergriffe auf Kommunalpolitiker/innen und Wahlhelfende nähmen zu. Nicht an jedem Wahlkampfstand könne aber ein Polizist stehen, aber wenn der Rechtsstaat jetzt nicht ganz klar die Grenzen markiere, dann schade das der Demokratie und den Wurzeln unseren Staatssystems.

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)