28.02.2021

So organisieren Sie Räumungsübungen

Die Räumungsübung beziehungsweise Evakuierungsübung ist unter anderem nach Arbeitsschutzgesetz und Arbeitsstättenverordnung vorgeschrieben. Sie stellt sicher, dass das Gebäude im Ernstfall schnell geräumt werden kann.

Fluchtwegzeichen

Unter einer Brandschutzübung  – auch Evakuierungsübung oder Räumungsübung genannt – versteht man eine Übung zur Evakuierung eines Gebäudes oder eines Gebiets von Menschen. Arbeitgeber sind verpflichtet sicherzustellen, dass im Gefahrenfall die Gebäude schnell geräumt werden können.

Vorschriften zu Brandschutzübungen

Die Notwendigkeit, Brandschutzübungen durchzuführen, ergeben sich u. a. aus

  • § 10 des Arbeitsschutzgesetzes
  • § 4 (4) der Arbeitsstättenverordnung
  • § 13 (1) der Gefahrstoffverordnung

oder aus weiteren Regelwerken (z. B. der Störfall-Verordnung, Technische Regeln für Arbeitsstätten).

Gemäß § 4 Abs. 4 der Arbeitsstättenverordnung hat der Arbeitgeber einen Flucht- und Rettungsplan aufzustellen, wenn Lage, Ausdehnung und Art der Benutzung der Arbeitsstätte dies erfordern. Der Plan ist an geeigneten Stellen in der Arbeitsstätte auszulegen oder auszuhängen. In angemessenen Zeitabständen ist entsprechend dieses Planes zu üben.

Konkretisiert wird dies durch die Technische Regel für Arbeitsstätten – ASR A2.3 „Fluchtwege, Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“. Nach Punkt 9 (7) der ASR sind auf der Grundlage der Flucht- und Rettungspläne Räumungsübungen durchzuführen.

Das müssen Sie bei der Räumungsübung prüfen

Anhand der Übungen soll mindestens überprüft werden, ob

  • die Alarmierung zu jeder Zeit unverzüglich ausgelöst werden kann
  • die Alarmierung alle Personen erreicht, die sich im Gebäude aufhalten
  • sich alle Personen, die sich im Gebäude aufhalten, über die Bedeutung der jeweiligen Alarmierung im Klaren sind
  • die Fluchtwege schnell und sicher benutzt werden können (u.a. angemessene Kennzeichnung)

Häufigkeit und Umfang legen Sie in der Gefährdungsbeurteilung fest

Die Festlegung, die häufig und in welchem Umfang Sie Evakuierungsübungen durchführen möchten beziehungsweise wie sie diese konkret durchführen möchten,  legen Sie selbst in der Gefährdungsbeurteilung fest. Dazu können erforderlichenfalls die zuständigen Behörden hinzugezogen werden.

Die Kosten, die durch betriebliche Übungen und Unterweisungen entstehen, muss der Arbeitgeber tragen.
Betreiber von Anlagen oder Einrichtungen, von denen besondere Gefahren (z.B. schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen einer erheblichen Personenzahl bei Störungen von Betriebsabläufen) ausgehen, sind nach § 24 FSHG verpflichtet, sich auf Anforderung der zuständigen Behörde (in der Regel die Feuerwehr) auf eigene Kosten an Übungen und Ausbildungsveranstaltungen zu beteiligen. Unabhängig von der Verpflichtung sind gemeinsame Übungen mit der Feuerwehr natürlich als Vorbereitung auf einen Ernstfall sinnvoll.

Aufgaben bei der Gebäuderäumung

Bei der Räumungsübung wie im Ernstfall hat das interne Personal verschiedene Aufgaben:

  • Anwesende im eigenen Bereich informieren und evakuieren
  • Alarmierung an Rettungsstellen absetzen
  • als Letzter den Bereich prüfen und verlassen
  • nach Möglichkeit einen Löschversuch unternehmen, eigene Sicherheit hat jedoch höchste Priorität
  • anwesende Personen zu den Sammelstellen geleiten
  • Vollzähligkeitskontrollen durchführen und dem Verantwortlichen melden sofern die Löscharbeiten beendet sind, ggf. eine Brandwache stellen

Schreiben Sie ein Evakuierungsprotokoll

Zeigen Sie den Mitarbeitern alle möglichen Beispiele für falsches Verhalten auf. Hier können die Erkenntnisse aus vergangenen Übungen sehr hilfreich sein. Ein Evakuierungsprotokoll sollte deshalb Aufschluss geben.

Typische Fehler bei Räumungsübungen sind

  • Hektisches Verhalten
  • Nutzung von Aufzügen
  • Nutzung falscher Wege (Rolltreppen)
  • Verbleiben am Arbeitsplatz
  • Einsammeln vermeidlich wichtiger Dinge
  • Retten des eigenen Pkw aus der Tiefgarage
  • Unerlaubtes Verlassen des Betriebsgeländes

Brandschutz- und Evakuierungshelfer, ggf. Brandschutzbeauftragte sichern die Evakuierung des ihnen zugewiesenen Bereiches und unterstützen beispielsweise Verletzte oder Behinderte. In der Praxis hat es sich bewährt, diese Personen besonders zu „kennzeichnen“, z.B. durch Warnwesten.

Die Unterweisung steht am Anfang

Im Brandfall muss jeder Mitarbeiter wissen, was zu tun ist. Damit dies der Fall ist, sollte an erster Stelle eine theoretische Einweisung stehen. Dort sollten unter anderem folgende Punkte erläutert werden:

  • Evakuierungssignale
  • Aufgaben von Brandschutzhelfern
  • Aufgaben von Stockwerksbeauftragten
  • Aufgaben von Gebäudebeauftragten
  • Flucht- und Rettungswege

Die Flucht- und Rettungswege sollten Sie anhand von Flucht- und Rettungsplänen erläutern. Allen Beschäftigten sind bei einer Begehung anschließend diese Wege zu zeigen.

Angekündigte Brandschutzübung

Ist die theoretische Unterweisung aller Mitarbeiter abgeschlossen, wird eine durch die Geschäftsleitung angekündigte Übung durchgeführt. Es empfiehlt sich hier, nicht den genauen Termin anzukündigen, sondern nur den Tag bzw. die Woche.

Diese angekündigte Übung hilft Fehler festzustellen, welche anschließend analysiert werden.
„Sicherheitsposten“ sollten an problematischen Punkten postiert werden, um beispielsweise die Nutzung von Aufzügen feststellen zu können.

Niemals Mitarbeiter, die sich falsch verhalten, bloßstellen. Wichtig ist nur die Tatsache, dass Fehler gemacht wurden, nicht von wem.

Echte Brandschutzübung

Nur durch reale Übungen können Fehler festgestellt und im Ernstfall vermieden werden. Um diese Übungen so realistisch wie möglich zu gestalten, sollten sie unangekündigt erfolgen.

Die reale Übung ist erst dann durchzuführen, wenn die oben beschriebenen Punkte abgearbeitet und Unfallgefahren ausgeschlossen sind. Wird diese Übung im Zusammenspiel mit der Feuerwehr gemacht, so ist die echte Wirkung umso besser. Wirkliche Übungen sollten am besten etwa ein Mal pro Jahr abgehalten werden.

 

Autor*in: Stefan Johannsen