29.10.2020

Der Evakuierungshelfer – Aufgaben und Ausbildung

Neben den Maßnahmen zur Brandverhütung und Brandbekämpfung stellt die Evakuierung im Notfall einen weiteren wichtigen Pfeiler in der Vorsorge eines Unternehmens gegen Notfälle dar. Ein bedeutender Baustein hierbei sind die Räumungshelfer oder Evakuierungshelfer.

Brandschutzunterweisung

Was ein Evakuierungshelfer oder auch Räumungshelfer ist, welche Aufgaben er hat und ob diese Aufgaben nicht von den Brandschutzhelfern durchgeführt werden können, erläutern wir in diesem Beitrag.

Unterschied Räumung zu Evakuierung

Räumung bezeichnet das schnelle In-Sicherheit-Bringen aus einer akuten Gefahrensituation. In der Regel wird dies vom Personal durchgeführt, bevor die externen Kräfte eintreffen. Beispielsweise das Verbringen der Bewohner von einem Brandabschnitt waagerecht in den daran anschließenden Brandabschnitt.

Evakuierung ist eine auf längere Zeit angelegte Verlegung der Bewohner aus einem gefährdeten Bereich in andere Bereiche bzw. Objekte mit gleichen Versorgungsmöglichkeiten.

Rechtliche Grundlage

Im § 10 Arbeitsschutzgesetz „Erste Hilfe und sonstige Notfallmaßnahmen“, heißt es in Absatz 2:

Der Arbeitgeber hat diejenigen Beschäftigten zu benennen, die Aufgaben der Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung der Beschäftigten übernehmen.

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, nicht nur Mitarbeiter für Erste-Hilfe-Maßnahmen und nach ASR 2.2 Brandschutzhelfer zu benennen, sondern auch Mitarbeiter, die sich um die Räumung und Evakuierung von Gebäuden oder Gebäudeteilen kümmern.

Weiterhin heißt es:

Anzahl, Ausbildung und Ausrüstung der nach Satz 1 benannten Beschäftigten müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten und den bestehenden besonderen Gefahren entsprechen.

Aus diesem zweiten Satz ergibt sich die Forderung, diese benannten Räumungshelfer in ihrer Zahl der Anzahl der zu evakuierenden Personen, der Gebäudeteilgröße und Gebäudeteillage sowie den vorhandenen Gefahren anzupassen. Zusätzlich müssen Ausrüstung und Art der Ausbildung diesen Vorgaben entsprechend Rechnung tragen.

Anzahl der Evakuierungshelfer

Oftmals werden Brandschutzhelfer auch als Räumungshelfer eingesetzt. Dies erfolgt meist aus praktischen Erwägungen heraus:

Der Brandschutzhelfer kann aufgrund seiner Ausbildung je nach Situation und Erfordernissen die Aufgaben der Brandbekämpfung und der Evakuierung durchführen. Weitere Mitarbeiter zu Räumungshelfern auszubilden, dazu dürfte es in vielen Unternehmen schwer sein, Mitarbeiter zu gewinnen.

Im Allgemeinen spricht meist auch nichts dagegen, dass diese Funktionsdoppelung angewendet wird. Aber Achtung: Je nach Anzahl der zu evakuierenden Personen, der Anzahl der Brandschutzhelfer, der Gefahren und weiterer Faktoren kann dies auch ein Trugschluss sein.

Zwei Funktionen in einer Person zu vereinen – Brandschutzhelfer und Räumungshelfer – bedeutet noch lange nicht, dass diese Funktionen auch zeitgleich ausgeführt werden können!

Wer in der Erstbrandbekämpfung tätig ist, kann die Räumung nicht unterstützen und forcieren und wer evakuiert, kann nicht gleichzeitig Erstbrandbekämpfung durchführen.

Deshalb ist es wichtig, anhand einer Gefährdungsanalyse und möglicher Szenarien durchzuplanen, was denn wer in welcher Situation machen muss. Daraus kann sich durchaus ergeben, dass zusätzlich Mitarbeiter ausgebildet und ernannt werden müssen, deren Aufgabe es ausschließlich ist, die Räumung und eventuelle Evakuierung durchzuführen.

Ausrüstung der Räumungshelfer

Auch die Ausrüstung der Räumungshelfer muss den Notwendigkeiten angepasst werden. Meist gehören zur Ausrüstung u.a.:

  • Kennzeichnungsweste
  • Megafon
  • Anwesenheitslisten
  • Taschenlampe
  • Kommunikationsmittel

Letztlich richtet sich auch die Ausrüstung der Räumungshelfer an den Gefahren des Unternehmens und der sich im Gebäude(teil) befindlichen Personen aus.

Aufgaben der Evakuierungshelfer

Räumungshelfer sollen in ihrem Aufenthalts- und Arbeitsbereich bzw. ihrem Verantwortungsbereich bei einer notwendigen Räumung folgende Maßnahmen ergreifen:

  • die vollständige Räumung kontrollieren
  • als Letzte den Verantwortungsbereich verlassen (ohne Eigengefährdung!)
  • Vollzähligkeit der Evakuierten feststellen
  • vermisste Personen an Verantwortlichen melden
  • aufgrund der Gefahrenlage nicht kontrollierte Bereiche melden

Ausbildung der Evakuierungshelfer

Die Ausbildung der Räumungshelfer erfolgt im Rahmen der Benennung (Erstausbildung) sowie im Rahmen der jährlichen Sicherheitsbelehrung als zusätzliche Schulung (Wiederholungsschulung). Zusätzlich sollten sie im Rahmen einer jährlichen Evakuierungsübung ihr Wissen und Können in der Praxis trainieren.

Der Ausbildungsinhalt umfasst folgende Themenkomplexe:

  1. Gefahren des Unternehmens und mögliche Schadensereignisse
  2. Verantwortungsbereich räumlich und personell
  3. Ablauf einer Alarmierung sowie Alarmierungssignale
  4. Flucht- und Rettungswege
  5. Lage der Sammelstellen
  6. Meldewesen und Verantwortlichkeiten
  7. Verhalten bei Schwierigkeiten in der Räumung
  8. Eigenschutz
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Evakuierungshelfer können im Brandfall Leben retten. Daher sollte deren Anzahl, Ausrüstung und vor allem die Aus- und Weiterbildung in einem angemessenen Verhältnis zu den möglichen Gefahren und der Zahl der Mitarbeiter im Unternehmen stehen. Damit sie auf ihre möglichen Aufgaben optimal vorbereitet sind, führt an regelmäßigen und fundierten Schulungen kein Weg vorbei. Nutzen Sie dafür die fertigen Schulungen von WEKA.

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Gefahren des Unternehmens und mögliche Schadensereignisse

Eine klar formulierte Gefährdungsanalyse bildet hierfür die Grundlage. Mögliche Gründe für eine Räumung bzw. Evakuierung können beispielsweise „Brand“, „Stromausfall“, „Drohung“ oder andere Ursachen sein.

Verantwortungsbereich räumlich und personell

Der räumliche Verantwortungsbereich umfasst in der Regel den Aufenthalts- und Arbeitsbereich eines Räumungshelfers. Erstreckt sich dieser gewöhnliche Aufenthaltsbereich jedoch über mehrere Stockwerke oder über mehrere Brandabschnitte hinweg oder über einen zu großen Bereich, kann es notwendig sein, mehrere Verantwortungsbereiche zu bilden und entsprechend auf mehrere Räumungshelfer zu übertragen. Zusätzlich muss der Räumungshelfer wissen, wie viele Personen sich in diesem Bereich aufhalten. Anwesenheitslisten bilden eine gute Grundlage zur Feststellung der vollständigen Räumung. Es müssen zudem Möglichkeiten geschaffen werden, wie im Falle einer Räumung zweifelsfrei festgestellt werden kann, ob eine Person als vermisst zu gelten hat oder ob sich diese Person wegen Krankheit, Urlaub oder Geschäftsreise nicht im Unternehmen aufhält.

Ablauf einer Alarmierung sowie Alarmierungssignale

Wenn Ihr Unternehmen mit einer automatischen Brandmeldeanlage ausgestattet ist, dann wird in der Regel bei einem Brand das entsprechende akustische Signal ausgelöst. Dieses sollen natürlich nicht nur Brandschutzhelfer und Räumungshelfer kennen und entsprechend reagieren, sondern alle Mitarbeiter. Ist keine Brandmeldeanlage vorhanden oder tritt ein anderer Notfall ein, der die Evakuierung erforderlich macht, so müssen die hierfür vorgesehenen Signale und Meldungswege nicht nur klar geregelt sein, sondern die Räumungshelfer müssen diese Abläufe und Signale einer Räumungsinformation kennen.

Flucht- und Rettungswege

Zwar sind Sie als Unternehmen dazu verpflichtet, Flucht- und Rettungswegpläne zu erstellen und auszuhängen – allerdings sieht die Realität leider so aus, dass die wenigsten Mitarbeiter sich wirklich damit vertraut machen. Die Mehrzehl der Mitarbeiter kennt den normalen Weg zum Arbeitsplatz und von dort wieder hinaus. Doch wer kennt schon den zweiten Fluchtweg?

Dies darf natürlich für Räumungshelfer nicht zutreffen! Diese müssen beide Fluchtwege kennen, den ersten und den zweiten. Sie sollen schließlich im Notfall den Kolleginnen und Kollegen klar sagen können, auf welchem Weg sie das Gebäude am sichersten und schnellsten verlassen können.

Lage der Sammelstellen

Je nach Größe des Unternehmens, Anzahl der Gebäude und Mitarbeiter usw. verfügen Sie über einen oder mehrere Sammelstellen. Die Räumungshelfer müssen diese kennen, um die ihnen anvertrauten Mitarbeiter auf diese Sammelstellen zu lotsen und dort die Vollzähligkeit festzustellen. Ebenso müssen die Räumungshelfer wissen, wo sie die nächsten (Notfall-)Vorgesetzten erreichen, um sie über Vollständigkeit der Räumung oder etwaige Probleme zu unterrichten.

Meldewesen und Verantwortlichkeiten

Räumungshelfer müssen wissen, über welche Meldewege eine Evakuierung angeordnet wird und über welche Meldewege und Kommunikationsmittel Informationen an Vorgesetzte oder verantwortliche bzw. externe Hilfskräfte übermittelt werden.

Zusätzlich müssen sie wissen, wer bei einem Notfall für welche Aufgaben verantwortlich ist. Diese Verantwortlichkeiten müssen sich nicht zwingend mit den Verantwortlichkeiten im normalen Arbeitsalltag decken. Hinzu kommen die Rückfallebenen, die in Kraft treten, wenn bestimmte Personen zum Zeitpunkt des Notfalls nicht anwesend sind. Schon aus diesem Grund empfiehlt es sich, Notfallverantwortung nicht an Personen, sondern an Funktionen festzumachen, die immer – schon aus betrieblichen Gründen – besetzt sein müssen.

Verhalten bei Schwierigkeiten in der Räumung

Im Idealfall verläuft eine Räumung ohne größere Probleme, da alle Mitarbeiter ausreichend trainiert und sensibilisiert sind, sodass sie das Gebäude selbstständig zügig verlassen. Allerdings gibt es in einem realen Notfall Problemsituationen, die den Räumungshelfern bekannt sein müssen und für die sie klare Verhaltensanweisungen bekommen. Beispiele für solche Problemsituationen sind u.a.:

  • Räumungsbereich liegt im Gefahrenbereich des Notfalls
  • verletzte Personen
  • abgeschnittener Fluchtweg
  • Personen, die sich der Räumung widersetzen
  • Personen mit Handicap, die Unterstützung benötigen

Eigenschutz

Eine der wichtigsten Punkte ist der Eigenschutz. So wichtig die Feststellung der vollständigen Räumung ist, so klar muss auch sein, dass niemand erwartet, dass sich Räumungshelfer selbst in Gefahr bringen. Sie sollen zwar als Letzte den Verantwortungsbereich verlassen, aber sie müssen ihn vor allem so rechtzeitig verlassen, dass sie nicht selbst zu Opfern werden.

Zusätzliche Kompetenzen

Räumungshelfer müssen keine Führungskräfte des Unternehmens sein und sind es in der Regel auch nicht. Trotzdem muss klar anhand von Betriebsanweisungen für den Notfall geregelt sein, dass Räumungshelfer während eines Notfalls mit notwendiger Räumung und bei dementsprechenden Übungen Weisungsbefugnis über alle Personen in ihrem Verantwortungsbereich haben, also auch gegenüber ansonsten dem Räumungshelfer vorgesetzten Personen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Räumungshelfer nicht in das Dilemma rutscht, einerseits die Evakuierung sicherzustellen und andererseits einer Weigerung der Räumung nichts entgegensetzen zu können.

Fazit

  • Evakuierungshelfer und Brandschutzhelfer können zwar ein und dieselben Personen sein, aber es gibt auch Unternehmen, bei denen sich eine Trennung in verschiedene Personen nicht nur anbietet, sondern aus der Gefährdungsanalyse heraus auch notwendig ist.

  • Räumungshelfer brauchen für diese Tätigkeiten klar umrissene Verantwortungs- und Aufgabenbereiche und müssen mit entsprechender Ausrüstung und Weisungsbefugnis ausgestattet sein.

  • Die Tätigkeit als Räumungshelfer erfordert Ausbildung, klare Kenntnisse der Anforderungen und jährliche Unterweisung und Schulung.

  • Eine jährliche, nicht angekündigte Evakuierungsübung ist nicht nur für Mitarbeiter eine wichtige und notwendige Unterweisung, sondern auch für die Räumungshelfer, die nur so unter annährend realen Bedingungen ihr Können trainieren können.

Autor*in: WEKA Redaktion