26.01.2017

Personalgespräch: Sie als Betriebsrat klären Ihre Kollegen über die Rechtslage auf

Personalgespräche gehören zum Alltag deutscher Arbeitnehmer. Dabei gibt es eine große Bandbreite: Vom „normalen“ Feedbackgespräch über die Zielvereinbarung bis hin zum oft unangenehmen Krankenrückkehrgespräch. Die Teilnahme daran ist in der Regel verpflichtend – nur wer arbeitsunfähig erkrankt ist, darf zu Hause bleiben.

Krank zum Personalgespräch Betriebsrat

Arbeitsrecht. Ein Personalgespräch ist Teil der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung. Deshalb führt für Beschäftigte in der Regel kein Weg am Führen des Gespräches vorbei. Wer sich weigert, riskiert ernste arbeitsrechtliche Konsequenzen: mindestens eine Abmahnung, unter Umständen sogar eine verhaltensbedingte Kündigung. Die Verpflichtung zur Teilnahme entfällt aber für diejenigen Kollegen, die arbeitsunfähig erkrankt sind.

Einige Arbeitgeber üben Druck aus

Immer wieder versuchen einige Arbeitgeber, Krankheiten ihrer Mitarbeiter durch Personalgespräche „zu überwinden“: Die Betroffenen sind krankgeschrieben, der Arbeitgeber meldet sich und möchte ein Personalgespräch führen. Häufig wird dieses auch als Krankenrückkehrgespräch bezeichnet. Dabei trifft es dann in der Regel die Arbeitnehmer, die ohnehin schon sehr belastet sind. Oft handelt es sich um Kollegen, die wegen Mobbing, Burn-out oder anderer psychischer Belastungen schon über einen längeren Zeitraum hinweg krankgeschrieben sind. Diese Betroffenen sollen möglichst gar nicht mit dem Berufsalltag konfrontiert werden. Dies würde ihre Genesung eher behindern; vor allem, wenn sie durch ein Gespräch vom Arbeitgeber unter Druck gesetzt würden. Hier verbietet bereits die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers eine zwangsweise Vorladung.

Gelber Schein schützt vor Teilnahme

Für den Zeitraum einer attestierten Arbeitsunfähigkeit sind Beschäftigte von ihrer Arbeitsleistung befreit. Daher kann Ihr Arbeitgeber während dieser Zeit auch kein Erscheinen zu einem Gespräch erzwingen. Mit der Vorlage des ärztlichen Attests und der Mitteilung, dass der Erkrankte aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen kann, hat der Mitarbeiter daher bereits alles Erforderliche getan, um negative arbeitsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Eine Reiseunfähigkeitsbescheinigung oder Ähnliches kann der Arbeitgeber nicht verlangen.

Praxistipp

Es ist ratsam, dass die erkrankten Beschäftigten ihre Kooperation signalisieren. Sie sollten dem Arbeitgeber zum Beispiel mitteilen, dass sie an einem entsprechenden Gespräch teilnehmen werden, sobald sie wieder gesund und arbeitsfähig sind.

Im Zweifel hilft nur ein arbeitsmedizinisches Gutachten

In einigen Fällen zweifelt der Arbeitgeber, ob die Krankheit des Beschäftigten tatsächlich besteht oder nur vorgeschoben ist. Der Beschäftigte selbst muss den Chef nicht über die Art seiner Krankheit informieren. Auch der Betriebsarzt darf das Attest eines anderen Arztes nicht überprüfen. Sollte der Arbeitgeber wirklich durch Fakten oder starke Verdachtsmomente begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hegen, kann er diese gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 3b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über die Krankenkasse durch deren Medizinischen Dienst (MDK) überprüfen lassen. Stellt der MDK nichts Gegenteiliges fest, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zur Führung des begehrten Personalgesprächs zwingen. Dasselbe gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anbietet, die Kosten für Beförderungsmittel (zum Beispiel Bahn) oder gar für einen Krankentransport zu übernehmen. Der Arbeitnehmer muss unter diesen Umständen nicht zum Personalgespräch erscheinen, selbst wenn der Arbeitgeber mit ihm ausschließlich über Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung oder Ordnung und Verhalten im Betrieb sprechen möchte.

Expertentipp

Als Betriebsrat sollten Sie Kollegen über die Rechtslage aufklären und ihnen Ihre Unterstützung anbieten. Es ist auch ratsam, den Beschäftigten klarzumachen, dass sie sich über kurz oder lang einem Gespräch stellen sollten – schon allein, um für sich selbst Perspektiven zu schaffen und Ziele zu definieren.

Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)