07.11.2019

Wenn der Arbeitgeber Detektive einsetzt – ist das ein Fall für den Betriebsrat?

Arbeitgeber zeigen sich immer wieder erfindungsreich, wenn es um die Überwachung der Beschäftigten geht. So ist der Einsatz von Detektiven beliebt und – unter bestimmten Voraussetzungen – auch zulässig, falls der Verdacht auf vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit, Konkurrenztätigkeit oder Straftaten gegen den Arbeitgeber besteht.

Betriebsrat Detektiv

Mitbestimmung. Als Betriebsrat haben Sie durchaus Mitbestimmungsrechte, wenn es um den Einsatz von Detektiven im Unternehmen geht. So sichert Ihnen Ihr Recht nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, den Arbeitgeber zu kontrollieren, ob er sich bei der Überwachung durch Detektive an alle gesetzlichen Vorschriften (und damit vor allem an den Datenschutz) hält. Darüber hinaus dürfte in vielen Fällen auch Ihr Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG greifen. Danach kann der Arbeitgeber ohne Ihre Zustimmung keine technischen Einrichtungen einführen bzw. einsetzen, die dazu geeignet sind, die Leistung bzw. das Verhalten der Beschäftigten zu überwachen. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn Detektive mit Videoüberwachung arbeiten würden oder spezielle Software auf den PCs installieren würden, um nur zwei mögliche Optionen zu nennen. In all diesen Fällen muss die betriebliche Arbeitnehmervertretung beteiligt werden.

Die Daten der Kollegen sind zu schützen

Wenn es um die Zulässigkeit von Detektiveinsätzen geht, steht vor allem der Arbeitnehmerdatenschutz im Mittelpunkt. Dabei werden regelmäßig personenbezogene Daten der betroffenen Beschäftigten im Sinne des BDSG erhoben. Deshalb muss es für diese Form der Überwachung einen triftigen Grund geben. Dieser kann etwa im gesetzlichen Rechtfertigungstatbestand nach § 26 Abs. 1 Satz 1 oder 2 BDSG liegen. Danach wäre es z. B. zur Aufklärung von Straftaten im Betrieb zulässig, Detektive zur Überwachung der Beschäftigten oder Dritter einzusetzen.

Praxistipp: Schließen Sie eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitnehmerüberwachung

Es ist sinnvoll, über die Zulässigkeit und Durchführung der Arbeitnehmerüberwachung eine detaillierte Betriebsvereinbarung abzuschließen. Streben Sie an, dass die Überwachung wirklich nur auf den absoluten Ausnahmefall beschränkt wird.

Konkreter Verdacht für Fehlverhalten des Arbeitnehmers

Ein Detektiveinsatz zur Überwachung des Arbeitnehmers ist grundsätzlich immer nur dann rechtmäßig, wenn es einen auf konkreten Anhaltspunkten beruhenden Verdacht für ein Fehlverhalten gibt. Damit sind Arbeitgeber nicht berechtigt, „einfach mal so“ eine Überwachung anzuordnen – und vor allem darf der Detektiv nicht erst die Verdachtsmomente entdecken. Diese müssen vor dessen Einsatz nachvollziehbar vorliegen.

Nicht nur Straftaten dürfen aufgeklärt werden

Unstreitig dürfen Detektive eingesetzt werden, wenn der konkrete Verdacht auf durch den Beschäftigten begangene Straftaten besteht. Das wäre z. B. dann er Fall, wenn etwa Geld aus Kassen fehlt oder Gegenstände im Betrieb entwendet wurden – vorausgesetzt, die Geschäftsleitung hat eine klare Idee, welcher Kollege der Täter sein könnte. Früher war umstritten, ob Detektiveinsätze auch dann erlaubt sind, wenn es um die Aufklärung von Pflichtverletzungen geht, die keine Straftat darstellen. Dies hatte das LAG Baden-Württemberg zunächst abgelehnt (Urteil vom 20. Juli 2016, Az.: 4 Sa 61/15) und den Detektiveinsatz als Ermittlungsmaßnahme damit fast abgeschafft. Doch in der nächsten (und höchsten) Instanz kassierte das BAG die Entscheidung und erweiterte den Rahmen zulässiger Überwachungen sogar: Die Richter urteilten, dass auch Verhaltensweisen, die nicht strafbar sind, mittels Detektiveinsätzen aufgeklärt werden dürfen (BAG, Urteil vom 29. Juni 2017, Az.: 2 AZR 597/16). Damals ging es um eine verbotene Konkurrenztätigkeit während der Krankschreibung eines Arbeitnehmers, die durch den Detektiveinsatz zur Gewissheit wurde.

Expertentipp: Grundsätze des BDSG gelten auch im neuen BDSG und DSGVO weiter

Die Entscheidung erging damals noch im Geltungsbereich des alten Bundesdatenschutzgesetzes. Die darin aufgestellten Grundsätze dürften aber auch jetzt im Hinblick auf die Rechtslage (neues BDSG und DSGVO) weiterhin gelten.

Der Einsatz muss verhältnismäßig sein

Neben dem konkreten Verdacht einer schweren Verfehlung des Beschäftigten ist auch die Verhältnismäßigkeit der Überwachung zu prüfen. Ist auch sie gegeben, ist der Einsatz in der Regel zulässig. Dazu gehört zunächst, dass die Überwachung überhaupt zur Aufklärung geeignet sein muss, d. h. sie muss die Vorwürfe auch entkräften bzw. bestätigen können. Zudem sind vor der Überwachung alle weniger einschneidenden Mittel, zum Beispiel Mitarbeiterbefragungen, auszuschöpfen. Schließlich müssen Arbeitgeber auch begründen können, weshalb ihr Interesse an der Aufklärung das Interesse des Arbeitnehmers auf Schutz seiner Persönlichkeit überwiegt. Dies wird regelmäßig bei nur sehr schweren Vergehen und nicht bei Bagatellen möglich sein.

Achten Sie auf Datensparsamkeit

Wenn ein Detektiv ermittelt, greift der Grundsatz der „Datensparsamkeit“ nach der DSGVO. Informationen, die nicht der Verdachtsaufklärung dienen, sollten daher möglichst erst gar nicht gesammelt und nicht verarbeitet werden. Ganz wichtig: Sobald feststeht, dass die Überwachung keine bzw. keine zielführenden Fakten zutage fördert, ist sie unverzüglich zu beenden.

Unzulässige Detektiveinsätze werden für den Arbeitgeber teuer

Rechtswidrige Überwachungen durch Detektive sind für den Arbeitgeber bitter: Zum einen riskiert er, dass er die so gewonnenen Erkenntnisse nicht als gerichtlich verwertbare Beweise in einem Kündigungsschutzprozess nutzen kann. Zum anderen drohen neben einem schlechten Ruf des Unternehmens Schadensersatzansprüche der Arbeitnehmer wegen der unzulässigen Überwachung und hohe Strafzahlungen wegen Verstößen gegen Datenschutzregeln nach BDSG und DS-GVO. Bußgelder können immerhin bis zu einer Höhe von 4 % des weltweiten Jahresumsatzes ausgesprochen werden.

Hinweis: Betroffener muss informiert werden

Art. 14 DSGVO sieht vor, dass Betroffene (und damit auch Arbeitnehmer) über die Datenerhebung informiert werden müssen. Dies geschieht in der Regel nach dem Detektiveinsatz, denn dieser erfolgt ja zunächst ohne Wissen des Mitarbeiters. Grundsätzlich ist diese – als Ausnahme vorgesehene – nachträgliche Unterrichtung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 a) BDSG in den meisten Fällen zulässig.

Schmerzensgeld bei rechtswidriger Überwachung

Falls der Arbeitgeber die Überwachung durchgeführt hat und diese rechtswidrig war, kann der betroffene Arbeitnehmer anschließend auf Entschädigung klagen. Er erhält dann vom Gericht Schmerzensgeld zugesprochen.

Arbeitnehmer muss zahlen

Handelte es sich hingegen um eine zulässige Überwachung, kann der Arbeitgeber die Detektivkosten unter Umständen sogar auf den kontrollierten Beschäftigten umlegen. Der Mitarbeiter muss allerdings nicht zahlen, wenn sich die Ausgaben für eine Überwachung unter so genannte Vorsorgekosten fassen lassen. Denn Kosten wie etwa das Gehalt eines fest angestellten Hausdetektivs entstünden unabhängig vom konkreten Verhalten des betreffenden Mitarbeiters und müssten deshalb als ständige Betriebsausgaben nicht ersetzt werden.

Hinweis: Arbeitgeber kann Detektivkosten vom Arbeitnehmer einklagen

Der Arbeitgeber kann Detektivkosten unabhängig von einem Kündigungsschutzprozess einklagen. Etwas anderes gilt nur, wenn er den Ermittler eigens zur Vorbereitung dieses Verfahrens engagiert hatte (BAG, Urteil vom 28.05.2009, Az.: 8 AZR 226/08).

„Krankfeiern“: GKV in der Pflicht

Will der Arbeitgeber den Verdacht überprüfen lassen, dass ein Mitarbeiter Arbeitsunfähigkeit vortäuscht, muss er dafür zunächst den medizinischen Dienst der Krankenkasse einschalten. Das BAG hat klargestellt, dass dieses so genannte Begutachtungsverfahren (§ 275 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) die kostengünstigere und deshalb vorzugswürdige Alternative zum Detektiv ist (BAG, Urteil vom 28.05.2009, Az.: 8 AZR 226/08). Dazu kommt, dass private Ermittlungen regelmäßig nur Indizien für ein falsches Attest liefern. Beim Begutachtungsverfahren dagegen steht am Ende fest, ob Arbeitsunfähigkeit besteht oder nicht. Diese Begutachtung ähnelt dem Gutachten vor der Wiedereingliederung arbeitsunfähiger Personen.

Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)