26.09.2018

Verwertung von Videos aus rechtmäßiger Videoüberwachung erlaubt

Nach Auffassung des 2. Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG-Urteil vom 23.8.2018 – 2 AZR 133/18) besteht kein Verwertungsverbot für rechtmäßige Videoaufzeichnungen von einer offen installierten Kamera. Auch muss der Arbeitgeber das Bildmaterial nicht sofort nach Erhebung auswerten. Er darf hierzu warten, bis dafür ein berechtigter Anlass besteht. Der Nutzung von Bildern einer rechtmäßig offenen Videoüberwachung als Beweis vor den Arbeitsgerichten stehen auch die Vorschriften der neuen Datenschutz-Grundverordnung nicht entgegen.

Videoüberwachung

Videoüberwachung zeigt Fehlverhalten des Arbeitnehmers

Die Speicherung von Bildsequenzen aus einer rechtmäßigen offenen Videoüberwachung, die vorsätzliche Handlungen eines Arbeitnehmers zulasten des Eigentums des Arbeitgebers zeigen, wird nicht durch bloßen Zeitablauf unverhältnismäßig, solange die Ahndung der Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber arbeitsrechtlich möglich ist. Dies ergibt sich aus einer Pressemitteilung des BAG vom 23.8.2018.

Was war geschehen?

Eine Arbeitnehmerin war in einem Tabak- und Zeitschriftenhandel mit angeschlossener Lottoannahmestelle tätig. Dort hatte der Arbeitgeber eine offene Videoüberwachung installiert. Mit den Aufzeichnungen wollte er sein Eigentum vor Straftaten sowohl von Kunden als auch von eigenen Arbeitnehmern schützen. Im 3. Quartal 2016 stellte der Arbeitgeber einen Fehlbestand bei Tabakwaren fest. Bei einer im August 2016 vorgenommenen Auswertung der Videoaufzeichnungen zeigte es sich, dass die Arbeitnehmerin an zwei Tagen im Februar 2016 vereinnahmte Gelder nicht in die Registrierkasse gelegt habe. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Arbeitsgericht hat der dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage stattgegeben. Das daraufhin angerufene Landesarbeitsgericht vertrat die Auffassung, die Erkenntnisse aus den Videoaufzeichnungen unterlägen einem Verwertungsverbot. Der Arbeitgeber hätte die Bildsequenzen unverzüglich, jedenfalls deutlich vor dem 1. August 2016, löschen müssen.

Entscheidungsbegründung des Bundesarbeitsgerichts

Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hob das Berufungsurteil hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück. Festzustellen vom LAG wäre noch, ob es sich – was der Senat nach den bisherigen Feststellungen nicht beurteilen konnte – um eine rechtmäßige offene Videoüberwachung gehandelt hat. Für diesen Fall wäre die Verarbeitung und Nutzung der einschlägigen Bildsequenzen nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG (alter Fassung) zulässig gewesen. Dementsprechend wäre nicht das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmerin verletzt. Der Arbeitgeber musste das Bildmaterial nicht sofort auswerten. Er durfte hiermit so lange warten, bis er dafür einen berechtigten Anlass sah.

Sollte die Videoüberwachung rechtmäßig erfolgt sein, stünden auch die Vorschriften der seit dem 25. Mai 2018 geltenden Datenschutz-Grundverordnung einer gerichtlichen Verwertung der erhobenen personenbezogenen Daten der Klägerin im weiteren Verfahren nicht entgegen.

Autor*in: Werner Plaggemeier (langjähriger Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“)