24.03.2016

Ihr Chef will zu viel gezahlten Lohn zurück: Beraten Sie als Betriebsrat Ihren Kollegen!

Es kann vorkommen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu viel Arbeitslohn überwiesen hat. Häufig fällt dies nicht sofort auf, da die Lohnabrechnungen vieler Arbeitgeber nicht besonders „durchsichtig” sind. Die Frage ist dann, ob der Arbeitnehmer den zu viel gezahlten Arbeitslohn zurückzahlen muss.

Zu viel gezahlter Arbeitslohn

Arbeitsrecht. Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich keine Verpflichtung, seine Gehaltsabrechnung zu prüfen und bis ins Detail nachzuvollziehen (vgl. LAG Niedersachsen vom 26.02.2007, Az.: 9 Sa 1560/06). Dennoch ist es natürlich äußerst ratsam, den Gehaltszettel genau zu prüfen. Schließlich kann sich der Chef auch genauso gut zuungunsten des Mitarbeiters verrechnet haben. Dies sollte ein Beschäftigter dann möglichst schnell ansprechen.

Meistens besteht eine Pflicht zur Rückzahlung

Grundsätzlich ist es so, dass der Arbeitgeber einen Anspruch auf Rückzahlung des zu viel gezahlten Lohns nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat. Juristisch spricht man dann von ungerechtfertigter Bereicherung. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall etwas bekommen, nämlich den zu viel gezahlten Arbeitslohn, ohne dass er darauf einen Anspruch gehabt hätte. Von daher ist es im Normalfall so, dass der Arbeitnehmer den zu viel gezahlten Teil des Arbeitslohnes an den Arbeitgeber zurückzahlen muss.

Gesetzlich geregelte Ausnahmen

Von der Pflicht zur Rückzahlung gibt es allerdings auch Ausnahmen. Eine Ausnahme ist die sogenannte Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB). Eine Entreicherung liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer den zu viel gezahlten Arbeitslohn verbraucht hat und dabei keine Aufwendungen erspart hat, da er zum Beispiel Luxusaufwendungen getroffen hat.

Hinweis: Entreicherung muss nachgewiesen werden

Der Arbeitnehmer muss aber die Entreicherung entsprechend nachweisen. In den meisten Fällen dürfte es dem Arbeitnehmer schwer fallen, diesen Beweis zu führen.

Auf den Einwand der Entreicherung kann sich der Arbeitnehmer dann nicht berufen, wenn er wusste, dass ihm das überzahlte Geld nicht zusteht (§ 819 BGB).

Geringe Überzahlung ist nicht zu erstatten

Macht der Arbeitgeber die Rückzahlung erst nach längerer Zeit geltend, steht der Arbeitnehmer regelmäßig vor dem Problem, dass der überzahlte Betrag längst aufgebraucht ist. Der Arbeitnehmer hat gemäß § 818 Abs. 3 BGB dann die Möglichkeit, seine sogenannte Entreicherung geltend zu machen. Von einer Entreicherung ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer die Überzahlung verbraucht hat. Bei geringfügigen Entgeltüberzahlungen im unteren und mittleren Einkommensbereich wird ohne nähere Darlegung des Arbeitnehmers davon ausgegangen, dass die zu viel gezahlten Beträge für einen erhöhten Lebensunterhalt verbraucht wurden und eine Bereicherung nicht mehr vorhanden ist (vgl. BAG vom 25.04.2001, Az.: 5 AZR 497/99). Das Bundesarbeitsgericht hat zehn Prozent für geringfügig erachtet.

Erhebliche Überzahlungen sind grundsätzlich zurückzugeben

Bei erheblichen Überzahlungen reicht die Darlegung eines höheren Lebensstandards im Zeitraum der Überzahlung nicht aus, um die Bereicherung wegfallen zu lassen. Das wäre für den Arbeitgeber nicht hinnehmbar. Der Arbeitnehmer kann aber beispielsweise darlegen, dass er von einem fälschlicherweise erhaltenen Weihnachtsgeld eine Reise getätigt hat, die er sonst nie angetreten hätte. Es hilft dem Arbeitnehmer jedoch nicht weiter, wenn er sich mit der Überzahlung Sachwerte geschaffen hat (etwa einen neuen Fernseher gekauft hat), ohnehin auftretende Ausgaben erspart (Schulden zurückgezahlt hat) oder sich andere Vermögensvorteile verschafft hat. In diesen Fällen ist er weiterhin bereichert und muss das zu viel Erlangte wieder herausgeben.

Beispiel: Arbeitnehmer erhält 500 Euro zu viel

  • Der Arbeitnehmer bekommt vom Arbeitgeber 500 Euro zu viel gezahlt und erkennt dies nicht. Er entschließt sich spontan zu einer Reise und zahlt diese mit den 500 Euro. In diesem Fall hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes. Der Arbeitnehmer hat das Geld verbraucht und hierdurch keine Aufwendungen erspart. Es handelt sich um zusätzliche Kosten, die nicht zwangsläufig angefallen waren.
  • Anders wäre der Fall, wenn der Arbeitnehmer mit dem Geld zum Beispiel die Miete gezahlt hätte oder Nahrungsmittel gekauft hatte. In diesem Fall ist das Geld zwar nicht mehr da. Allerdings hat der Arbeitnehmer auch Aufwendungen erspart, da er diese Zahlungen ohnehin hätte vornehmen müssen.
Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)