Tor- und Taschenkontrollen: nicht ohne Betriebsrat!
Taschenkontrollen sowie Kontrollen des persönlichen Spinds des Arbeitnehmers und persönliche Durchsuchungen (z. B. Leibesvisitation) bedeuten einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Arbeitnehmers. Zwar sind diese Mitarbeiterkontrollen grundsätzlich zulässig, allerdings je nach Art der Kontrolle dem Umfang und der Intensität nach stärker oder schwächer begrenzt.
Arbeitsrecht. Der Arbeitgeber darf die Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb regeln. Er hat jedoch bei dieser Ordnung des Betriebsgeschehens, bei der er sich auf sein Direktionsrecht stützen kann, die aus Artikel 2 Grundgesetz (GG) folgenden Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu berücksichtigen.
Keine Willkür erlaubt
Tor- und Taschenkontrollen sowie Leibesvisitationen sind nur ausnahmsweise zulässig, selbst wenn sie generell jeden Arbeitnehmer treffen. Der Arbeitgeber muss einen zwingenden sachlichen Grund für derartige Kontrollen haben, so z. B. besondere Sicherheitsanforderungen bzw. Diebstahlsverluste in erheblichem Umfang. Ein weiterer Anlass ist der Umgang der Arbeitnehmer mit wertvollem Material (etwa Gold oder Edelsteine). Sind nicht gleichmäßig alle Arbeitnehmer von diesen Maßnahmen betroffen, so dürfen einzelne Maßnahmen nur nach dem Stichprobenprinzip erfolgen. Nur dann, wenn gerade gegen einen bestimmten Arbeitnehmer ernst zu nehmende Verdachtsmomente vorliegen, darf dieser gezielt herausgegriffen werden. In diesem Fall darf er dann sogar mehrmals kontrolliert werden. Schließlich dürfen die Kontrollmaßnahmen nur in dem Umfang erfolgen, der dem jeweiligen Zweck entspricht (Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips).
Leibesvisitationen unterliegen strengen Regeln
Bei Leibesvisitationen ist Folgendes zu beachten: Eine Vereinbarung, nach der Arbeitnehmer verpflichtet sind, sich unter bestimmten Voraussetzungen einer körperlichen Untersuchung zu unterziehen, ist rechtlich zulässig. Bei der Prüfung der Frage, ob Anlass für die Vornahme einer körperlichen Untersuchung (Leibesvisitation) bestand, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Immerhin ist eine körperliche Untersuchung ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers. Von einem Arbeitgeber kann in diesem Fall erwartet werden, dass er in jedem Fall gewissenhaft prüft, ob eine körperliche Durchsuchung angeordnet werden muss. Die von einem Arbeitgeber ohne hinreichenden Grund angeordnete körperliche Durchsuchung eines Arbeitnehmers stellt eine erhebliche Ehrverletzung dar, die den Arbeitnehmer berechtigt, das Arbeitsverhältnis wegen vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu lösen.
Expertentipp: Tor und Taschenkontrollen sind mitbestimmungspflichtig
Die Einführung und Anwendung von Überwachungsmaßnahmen in Form von Tor- und Taschenkontrollen sowie Leibesvisitationen unterliegt Ihrer Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Nicht mitbestimmungspflichtig ist ein Zugangssicherungssystem, das den Ein- oder Ausgang zu Betriebsräumen bzw. zum Werksgelände freigibt, ohne festzuhalten, wer wann und in welcher Richtung den Zugang benutzt.
Es gibt unterschiedliche Rechtsgrundlagen
Tor- und Taschenkontrollen und Leibesvisitationen können nicht nur durch Tarifvertrag und Einzelarbeitsvertrag eingeführt werden, sondern auch durch Betriebsvereinbarung. Die einzelvertragliche Vereinbarung kann ausdrücklich oder auch stillschweigend, d. h. konkludent, abgeschlossen werden. Eine konkludente Vereinbarung liegt in der Regel dann vor, wenn sie branchen-, zumindest aber betriebsüblich ist. Die einzelvertragliche Vereinbarung kann der Arbeitgeber grundsätzlich nicht einseitig kraft seines Direktionsrechts anordnen (Art. 2 Abs. 2 GG). Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn z. B. wegen sich häufender Diebstähle eine Notlage erwachsen ist.
Hinweis: Kontrolle hat Grenzen
Im Allgemeinen ist die Tor- und Taschenkontrolle auf das Öffnen der mitgeführten Taschen und allenfalls das Abtasten der Oberbekleidung zu beschränken.