25.10.2019

Tod eines Kollegen: So unterstützt der Betriebsrat die Angehörigen

Wenn ein Kollege stirbt, steht ohne Zweifel zunächst einmal die persönliche Tragödie im Vordergrund. Doch neben der Beileidsbekundung können Ihnen als Betriebsrat weitere wichtige Aufgaben zukommen: Unterstützen Sie die Hinterbliebenen und beraten Sie sie hinsichtlich ihrer Ansprüche und Rechte.

Betriebrat Tod Kollege

Arbeitsrecht. Mit dem Tod des Beschäftigten endet das Arbeitsverhältnis, und zwar genau am Todestag. Juristisch gesehen ist die Arbeitsleistung nämlich eine „höchstpersönliche Plicht“, d. h. sie kann nicht auf die Erben des Arbeitnehmers übergehen.

Diese Vergütungsansprüche haben die Erben

Falls der Beschäftigte Erben hat, stehen ihnen trotz der Höchstpersönlichkeit des Arbeitsverhältnisses zumindest die Ansprüche zu, für die der Beschäftigte noch Leistungen erbracht hat. So gehen noch ausstehende Lohn- bzw. Gehaltsansprüche auf die Erben über, z. B.:

  • Gehalt bis zum Todestag: Im Einzelfall können der Arbeitsvertrag oder ein für das Arbeitsverhältnis geltender Tarifvertrag eine längere Entgeltfortzahlung, so für den gesamten Sterbemonat, vorsehen. Ein solches Vorgehen könnten Sie z. B. in einer Betriebsvereinbarung regeln.
  • vereinbarte und noch nicht ausgezahlte Vergütung für bereits geleistete Überstunden

Es könnte außer dem Grundgehalt weitere Ansprüche des Verstorbenen auf der Grundlage von Arbeits- bzw. Tarifverträgen oder auch Betriebsvereinbarungen geben: Wie sieht es etwa mit flexiblen Entgeltbestandteilen (Provisionen, Tantiemen), besonderen Entgelten (Sonderzuwendungen) oder Entgeltfortzahlungen aus?

Hinweis: Abfindungen gehen nicht an die Erben

Hatte der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet und wurde die Abfindung noch nicht überwiesen, braucht der Arbeitgeber nicht mehr zu zahlen. Die Erben haben keinen Anspruch auf die Summe. Etwas anderes gilt nur, wenn dies im Aufhebungsvertrag ausnahmsweise abweichend geregelt wurde.

Erben müssen Gehalt versteuern

Der ausstehende Arbeitslohn muss von den Erben ordnungsgemäß versteuert werden. Für den Fall, dass der Arbeitgeber freiwillig, d. h, ohne hierzu arbeits- oder tarifvertraglich verpflichtet zu sein, noch Arbeitslohn über den Todestag hinaus zahlt, gelten solche Zahlungen nicht als Lohn, sondern als Versorgungsbezug. Diese sind dann nicht sozialversicherungspflichtig.

Praxistipp: Darlehen überbrücken die Zeit bis zum Erbschein

In der Regel wird das ausstehende Gehalt nur dann den Angehörigen ausgezahlt, wenn diese einen Erbschein haben. Sollte dies unerwartet lange dauern, können die Hinterbliebenen eventuell unverschuldet in Geldnot geraten. In einem solchen Fall wäre ein Darlehen an die Familie hilfreich, das bis zur Erteilung des Erbscheins befristet ist.

Urlaubsansprüche sind vererbbar

Genau wie Entgeltansprüche gehen auch bereits vom verstorbenen Beschäftigten erworbene Urlaubsansprüche auf die Erben über. Ihnen ist ein finanzieller Ausgleich für die nicht genommenen Urlaubstage zu gewähren. Dies war jahrelang in Deutschland umstritten, doch mittlerweile hat der EuGH ein Machtwort gesprochen und die Rechtslage ein für alle Mal im Sinne der Hinterbliebenen geklärt (EuGH, Urteil vom 6.11.2018, Az.: C-569/16 und C-570/16). Dabei spielt es keine Rolle, ob der verstorbene Kollege einen Urlaubsantrag gestellt hatte.

Auch Ansprüche aus Altersteilzeit stehen den Erben zu

Stirbt der Arbeitnehmer in der Arbeitsphase oder in der arbeitsfreien Phase eines Blockmodells, ist das angesparte Wertguthaben an die Erben auszuzahlen. Achtung: Dieses Guthaben unterliegt der Beitragspflicht zur gesetzlichen Sozialversicherung.

Wird Sterbegeld gezahlt?

Ein gesetzliches Recht auf Sterbegeld gibt es in Deutschland nicht. Solche Ansprüche bestehen seitens der Erben gegenüber dem Arbeitgeber nur ausnahmsweise dann, wenn dies ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart oder in einem für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder Gesamtzusage etc. geregelt sein sollte. In einigen Tarifverträgen sind Sterbegeldansprüche verankert, z. B. für Angestellte des öffentlichen Dienstes nach § 23 Abs. 3 TVöD/TV-L. Sterbegeldansprüche finden sich auch in verschiedenen Tarifverträgen der Getränkeindustrie und bei Brauereien. Je nach Regelung setzt der Anspruch Sterbegeld voraus, dass der Erbe mit dem Verstorbenen in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat. Arbeitgeber versuchen hin und wieder, die Voraussetzung der „häuslichen Gemeinschaft“ sehr eng auszulegen. Das hat dann z. B. zur Folge, dass bereits erwachsene (und ausgezogene) Kinder nicht vom Sterbegeld profitieren könnten. Das LAG Essen (Urteil vom 14.05.2003, Az.: 8 Sa 1707/02) hat in einer Entscheidung gute Gründe angeführt, um diese Einschränkung für unzulässig zu halten.

Hinweis: Sterbegeld muss versteuert werden

Weisen Sie die Erben darauf hin, dass Ansprüche auf Sterbegeld versteuert werden müssen. Allerdings besteht keine Sozialversicherungspflicht, da das Sterbegeld kein Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist.

Hinterbliebenenrenten bei Erwerbsminderungsrente

Wenn der Kollege bei seinem Tod schon in Rente war, erhält der Ehe- bzw. Lebenspartner eine Rente. Diese wird außerdem auch gezahlt, wenn der Verstorbene noch nicht im Rentenalter war, aber eine Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit bezogen hat. Allerdings greift dieser gesetzliche Anspruch nur, wenn die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft mindestens ein Jahr vor dem Tod bestand. Diese Mindestvoraussetzung gilt allerdings nicht, wenn die Hochzeit vor dem 1. Januar 2002 stattgefunden hat. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen einer „großen“ und „kleinen“ Witwen- bzw. Witwerrente: Bei der großen Variante müssen zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sein, etwa eine eigene Erwerbsminderung oder die Verpflichtung zur Versorgung minderjähriger Kinder. Ansonsten wird nur eine geringere kleine Rente gezahlt und auch diese nur für den Zeitraum von zwei Jahren.

Hinweis: Betriebsliche Altersvorsorge

Als Betriebsrat können Sie auch leicht prüfen, ob den Angehörigen Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung zustehen.

Helfen Sie den Angehörigen bei der Abwicklung

Da das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Kollegen erloschen ist, steht die unschöne bürokratische Aufgabe der Rückabwicklung des Arbeitsverhältnisses an. Das bedeutet zum einen, dass der Arbeitgeber alle persönlichen Gegenstände des Beschäftigten herausgeben muss, die sich vielleicht noch am Arbeitsplatz befinden. Zum anderen – und das ist oft der unangenehmere Teil – hat das Unternehmen auch ein Recht darauf, alles von den Angehörigen zurückzufordern, was dem Beschäftigten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses überlassen wurde. Dazu zählen Dinge wie Schlüssel, Zugangsausweise, Diensthandys, Notebooks, PCs etc. War beim Verstorbenen vielleicht sogar ein ganzes Home-Office eingerichtet, ist mit der Rückgabe besonders viel Aufwand verbunden.

Praxistipp: Nehmen Sie als Betriebsrat Kontakt mit der Berufsgenossenschaft auf

Wenn der Beschäftigte durch einen Arbeitsunfall oder aufgrund einer Berufskrankheit gestorben ist, zahlt die zuständige Berufsgenossenschaft viele weitere Leistungen: Dies reicht von Sterbegeld über Überführungskosten bis zu Hinterbliebenenrenten. Für die Angehörigen ist es eine große Hilfe, wenn ein Mitglied des Betriebsrats ihnen in diesem Behördendschungel unterstützend zur Seite steht.

Dienstwagen: Gelten individuelle Regelungen?

Im Prinzip muss auch der Dienstwagen zurückgegeben werden, und zwar mit dem Erlöschen des Arbeitsverhältnisses, d. h. direkt nach dem Tod des Kollegen. Unter Umständen können hier aber Sonderregelungen zur Anwendung kommen, die sich etwa aus dem Arbeitsvertrag oder aus Betriebsvereinbarungen ergeben. Spezielle Probleme können zudem auftreten, wenn dem Verstorbenen auch die private Nutzung des Dienstwagens erlaubt war und der Arbeitgeber ihn nicht gleich zurückfordert. Darf die Familie den Wagen z. B. bis zum Ende des Sterbemonats oder eventuell noch länger behalten und privat nutzen, ist von den Erben der auf diese Weise erlangte geldwerte Vorteil zu versteuern.

Praxistipp: Der Betriebsrat sollte eine Checkliste bereit haben

Es bietet sich für den Betriebsrat an, eine Checkliste für den Todesfall eines Kollegen zu erstellen. Diese sollte alle wichtigen Punkte wie Gehalts- und Urlaubsansprüche, die Hinterbliebenenversorgung und die Rückabwicklung des Arbeitsverhältnisses betreffen. Auch Aspekte des Steuer- und Sozialversicherungsrechts sollten berücksichtigt werden. So hat der Betriebsrat alle Informationen schnell und gut aufbereitet zur Hand, um die Angehörigen zu unterstützen, sodass sich diese nicht mit Steuerproblemen herumschlagen müssen.

Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)