Stichtagsregelung unwirksam: Auch Ausgeschiedene erhalten Bonus
Laut einem Urteil des LAG Baden-Württemberg haben Beschäftigte, die unterjährig, also vor dem Jahresende, aus dem Betrieb ausscheiden, Anspruch auf anteilige Bonuszahlung. Eine Stichtagsklausel, die eine Bonuszahlung von einem Verbleib im Betrieb über das Jahresende hinaus abhängig macht, erklärte das Gericht für unwirksam.
Worum geht es?
Ein Arbeitnehmer war seit April 2017 als leitender Angestellter mit der Bezeichnung „HRManager Ware Wash International“ als Personalleiter für ein Unternehmen tätig. Im März 2019 kündigte er und verließ das Unternehmen Ende September 2019. Im Unternehmen existierte eine Vereinbarung über Bonuszahlungen auf der Grundlage eines sogenannten Management Incentive Plan Change Summary (MIP). In dieser Vereinbarung war geregelt, dass ein Anspruch auf eine Bonuszahlung nur dann besteht, wenn am 31.12. eines Jahres ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht. Der aus dem Unternehmen ausgeschiedene Ex-Personalleiter forderte von seinem Ex-Arbeitgeber die anteilige Zahlung eines Bonus für 2019 in Höhe von rund 13.700 €. Nachdem dieser die Zahlung mit Verweis auf die Stichtagsregelung verweigert hatte, erhob der ehemalige Personalleiter Zahlungsklage.
Das sagt das Gericht
Das LAG Baden-Württemberg gab der Klage statt. Der aus dem Unternehmen ausgeschiedene Personalleiter habe Anspruch auf die anteilige Zahlung des Jahresbonus. Die Vereinbarung auf Basis des MIP sei als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) zu werten und entsprechend zu überprüfen. Danach sei die Stichtagsregelung, die die Bonuszahlung vom Verbleib im Unternehmen zum Jahresende abhängig mache, gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 BGB unwirksam. Sie benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen, weil sie ihm rückwirkend die für die Arbeitsleistung versprochene und anteilig verdiente Vergütung versage. Aus der Auslegung des MIP folge, dass es sich bei dem Bonus um zusätzliche variable Vergütung für geleistete Arbeit handele. Die Auffassung des Arbeitgebers, dass die Ziele reine unternehmensbezogene Ziele seien, ändere daran nichts. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2021, Az.: 9 Sa 19/21
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Auf den Punkt gebracht bedeutet die Entscheidung Folgendes: Beabsichtigt ein Arbeitgeber, seine Beschäftigten durch die Gewährung eines Bonus für geleistete Arbeit zu belohnen, darf er den Anspruch auf die Bonuszahlung nicht davon abhängig machen, dass an einem bestimmten Stichtag das Arbeitsverhältnis ungekündigt besteht.
So bestimmt der Betriebsrat über Bonuszahlungen mit
Als Betriebsrat haben Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht, wenn es in Ihrem Betrieb Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, Entlohnungsgrundsätze und Entlohnungsmethoden zu klären gilt. Dazu zählen u. a. auch Regelungen über Bonuszahlungen und andere Sonderzahlungen.
Vor dem Hintergrund, dass es sich hierbei um freiwillige Leistungen vonseiten des Arbeitgebers handelt, ist das Mitbestimmungsrecht erheblich eingeschränkt. Der Betriebsrat entscheidet aber zumindest darüber mit, wie die zur Verfügung gestellten Mittel unter den Beschäftigten verteilt werden oder mit anderen Worten: wer wie viel für was bekommt.
Hinweis: BAG-Rechtsprechung Sonderzahlungen
Das LAG Baden-Württemberg hat die Rechtsprechung des BAG zu Sonderzahlungen uneingeschränkt auf Ansprüche auf Bonuszahlungen angewendet. Sonderzuwendungen, die nur an den Unternehmenserfolg anknüpften, würden regelmäßig als zusätzliche Vergütung für eine im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gezahlt. Auch ein Bonus sei in diesem Sinne eine Sonderzahlung, die letztlich eine Vergütung für geleistete Arbeit darstelle. Eine jährliche Bonuszahlung dürfe deshalb nicht davon abhängig gemacht werden, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Stichtag im Folgejahr noch bestehe.