22.02.2023

Sonderkündigungsschutz nur bei ordentlicher Kündigung

Bei einer ordentlichen Kündigung hat die Personalvertretung ein Recht auf Mitwirkung (§ 79 Abs. 1 BPersVG). Das heißt, dass Arbeitgeber oder Arbeitgeberinnen eine Kündigung erst aussprechen dürfen, nachdem der Personalrat die Möglichkeit erhalten hat, Einwendungen gegen die Kündigung auszusprechen. Eine ordentliche Kündigung ohne Mitwirkung des Personalrats ist nicht wirksam.

Sonderkündigungsschutz

Sonderkündigungsschutz gilt nicht bei fristlosen Kündigungen

Ganz anders verhält es sich bei einer fristlosen Kündigung, zumal unter Sonderkündigungsschutz. Bei einer beabsichtigten fristlosen Kündigung eines Arbeitnehmers, der z.B. als Strahlenschutzbeauftragter bestellt ist, müssen Arbeitgebende den Personalrat nicht über das Sonderkündigungsschutz nach dem Strahlenschutzgesetz unterrichten. Denn der Sonderkündigungsschutz gilt bei ordentlichen, nicht aber bei fristlosen Kündigungen.

Kündigung wegen des Vorwurfs der Untreue

Im konkreten Fall hat ein an einer Universitätsklinik beschäftigter Arzt gegen seinen Arbeitgeber, die Universität, geklagt. Im Juni 2017 wurde der nach TVöD angestellte Arzt und Kläger zum stellvertretenden Strahlenschutzbeauftragten für den medizinischen Bereich der Klinik für Nuklearmedizin bestellt. Die Universität kündigte dem Arzt bereits ein knappes Jahr später, am 9. März 2018, unter anderem wegen des Vorwurfs der Untreue, was der Arzt und Strahlenschutzbeauftragte bestritt. Zwar wurde der Personalrat zur beabsichtigten Kündigung angehört, er war aber nicht davon unterrichtet worden, dass der zu Kündigende bzw. Kläger als stellvertretender Strahlenschutzbeauftragter im Universitätsklinikum tätig war. Daher ging der Kläger davon aus, dass die Anhörung des Personalrats unvollständig und die Kündigung so unwirksam sei.

Sonderkündigungsschutz greift bei ordentlichen Kündigungen

Das BAG war allerdings anderer Auffassung als der Kläger: Gemäß § 78 Absatz 2 Hessisches Personalvertretungsgesetz sei der Personalrat umfassend über die Kündigungsgründe informiert worden. Es war nicht erforderlich, dem Gremium die Position des Klägers als stellvertretender Strahlenschutzbeauftragter mitzuteilen. Strahlenschutzbeauftragte genössen zwar den durch das Strahlenschutzgesetz (§ 70 Absatz 6 Satz 2StrlSchG) vermittelten Sonderkündigungsschutz, dieser greife aber erst für Kündigungen, die nach Inkrafttreten der Vorschrift zum 31. Dezember 2018 zugegangen seien.

Darüber hinaus schütze § 70 Absatz 6 Satz 2 StrlSchG vor ordentlichen, aber nicht vor fristlosen Kündigungen. Im Fall einer fristlosen Kündigung wie bei dem vorliegenden Fallbeispiel muss der Personalrat nicht über einen etwaigen bestehenden Sonderkündigungsschutz informiert werden, da sich dieser nur auf ordentliche Kündigungen beziehe (BAG, 24.11.2022, Aktenzeichen 2 AZR 287/22, 19).

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)