18.05.2022

So verbessert der Betriebsrat den Zusammenhalt von Alt und Jung

In den meisten Betrieben arbeiten Beschäftigte mehrerer Generationen. Wegen der oft je nach Alter und Lebenssituation unterschiedlichen Bedürfnisse kann es beim täglichen Miteinander durchaus zu Konflikten kommen. Hier ist auch der Betriebsrat gefragt, gemeinsam mit dem Arbeitgeber Ideen zu entwickeln, damit die Beschäftigten aller Altersgruppen besser zusammenwachsen und voneinander profitieren können.

Wie Generationen gut zusammenarbeiten

Wenn in Betrieben mehrere Generationen aufeinandertreffen, sind die Unterschiede klar zu erkennen: Ältere Arbeitnehmer, wie etwa die Babyboomer, sind ohne moderne Technologien aufgewachsen. Sie sind in der Regel vom Grundsatz geprägt, dass Arbeit und beruflicher Erfolg einen hohen Stellenwert haben. Diese Generation ist oft sehr leistungsorientiert. Bei jüngeren Beschäftigen, wie etwa den Generationen X, Y und Z, ist oft eine andere Schwerpunktsetzung zu erkennen: Sie arbeiten eher, um zu leben, und messen ihren privaten Interessen und Aufgaben deutlich mehr Bedeutung bei. Wichtiger als Geld, Leistung und Status sind für sie häufig erfüllende, als sinnstiftend empfundene Tätigkeiten. Außerdem spielt eine gute Work-Life-Balance mit entsprechend flexiblen Arbeitszeit- und Arbeitsortsmodellen eine große Rolle.

Sprechen Sie etwaige Konflikte offen an

Nicht nur die (Personal-)Verantwortlichen im Unternehmen sind gut beraten, sich dem Thema möglicher Generationenkonflikte zu stellen. Auch der Betriebsrat kann hier eine aktive Rolle spielen –  und dabei muss es gar nicht so weit kommen, dass erste Kollegen wegen der Probleme Kontakt zur  Interessenvertretung suchen. Es ist sinnvoll, sich frühzeitig mit der Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu beschäftigen: Während die älteren Beschäftigten z. B. mehr Angebote beim Arbeits- und Gesundheitsschutz brauchen wie Rückenschule, ergonomische Möbel etc. und eventuell nicht mehr top motiviert sind, gibt es die jüngeren Nachwuchskräfte mit ihren Bedürfnissen nach flexibler Arbeitszeit, Homeoffice (vielleicht sogar aus dem Ausland), mobilem Arbeiten und Sabbaticals. Wichtig ist, hier keine der beiden Gruppen zu bevorzugen: Ermitteln Sie die jeweiligen Wünsche und Bedürfnisse, priorisieren Sie diese und erarbeiten Sie mögliche Lösungskonzepte.

Praxistipp: Nutzen Sie als Betriebsrat Ihre Mitbestimmungsrechte

Bei der Förderung des guten Miteinanders mehrerer Generationen kann der Betriebsrat mehrere Mitbestimmungsrechte  nutzen, z. B. § 80 BetrVG, aber auch § 87 Abs. 1 Nr. 1, 7 BetrVG

Ohne gegenseitigen Respekt geht gar nichts

Damit Beschäftigte unterschiedlicher Altersgruppen gut miteinander auskommen und gemeinsam produktiv sein können, gilt es, die dafür förderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Grundvoraussetzung ist zunächst der gegenseitige Respekt vor dem jeweils anderen. Denn Respekt hat jeder verdient, ob er nun jünger oder älter, erfahrener oder unerfahrener ist. Außerdem wichtig: Wer respektvoll miteinander umgeht, hat auch keine Angst mehr vor dem anderen. Die Zusammenarbeit funktioniert besser, wenn ältere Mitarbeiter nicht befürchten müssen, Gewohntes und Bewährtes aufgeben zu müssen bzw. nicht mehr gut genug zu sein. Für jüngere Beschäftigte ist es von zentraler Bedeutung, dass sie sich trotz ihrer mangelnden Erfahrung ernst genommen und wertgeschätzt fühlen können und nicht einfach „abgebügelt“ werden.

Kommunikation ist der Schlüssel

Wie viele Konflikte sind auch die zwischen Beschäftigten unterschiedlicher Altersgruppen oft durch gegenseitige Vorurteile verursacht. Dagegen hilft nur eine gute Kommunikation. Denn wer mehr voneinander und übereinander weiß, hat in der Regel deutlich weniger Vorurteile. Betriebsräte können einiges dafür tun, diese Kommunikation aktiv zu fördern. Dafür ist es nötig, dass junge und alte Mitarbeiter zusammen und miteinander ins Gespräch kommen. Dadurch lassen sich nicht nur Vorurteile entkräften, sondern auch Missverständnisse ausräumen und verhindern. Durch das bessere Kennenlernen steigt die Wertschätzung und auch die Bereitschaft, gegenseitig auf Ratschläge zu hören.

Man muss nicht immer einer Meinung sein

Miteinander zu sprechen führt allerdings nicht automatisch dazu, dass man die Dinge immer gleich sieht – und das ist auch nicht erforderlich. Denn eine offene Kommunikation hat zur Folge, dass unterschiedliche Meinungen akzeptiert und respektiert werden, ohne die eigene Ansicht stets durchsetzen zu wollen. In dasselbe Horn stößt auch die ebenfalls hilfreiche Kompromissbereitschaft jüngerer und älterer Kollegen gleichermaßen.

Totschlagargumente sind tabu

Wenn der gegenseitige Austausch gelingen soll, ist es unerlässlich, dass Sätze wie „Das haben wir immer schon so gemacht“ nicht fallen. Denn damit wird jede konstruktive Diskussion im Keim erstickt. Die jüngeren Beschäftigten hinterfragen viel Althergebrachtes und suchen nach neuen Lösungen und Sichtweisen. Das ist nicht nur legitim, sondern führt oft auch zu Verbesserungen. Und genau diese Innovationen sichern die Wettbewerbsfähigkeit in einer globalen Welt.

Ältere Beschäftigte können junge Arbeitnehmer gut einarbeiten

Eine gute Gelegenheit zur generationsübergreifenden Zusammenarbeit bietet der Einstieg neuer (zumeist jüngerer) Mitarbeiter. Hier sind ältere Fachkräfte oft eine sinnvolle Stütze bei der Einarbeitung, weil sie über ein enormes Wissen verfügen und wertvolle Fähigkeiten haben, die sie weitergeben können und sollten. Und selbst wenn die eigentliche fachliche Einweisung vielleicht nicht funktioniert, können ältere Mitarbeiter dennoch gute Dienste bei der generellen Eingewöhnung der jungen Kollegen leisten. So kann eine erfahrene Kraft Hemmschwellen von vorneherein abbauen und aus ihrer Perspektive heraus Tipps geben.

Praktikanten im Rentenalter können neue Sichtweisen eröffnen

Besonders in Amerika beliebt: In Betrieben werden bewusst Praktikanten eingestellt, die vielleicht sogar schon im Rentenalter sind und nun mit jüngeren Beschäftigten „gepaart“ werden. Ziel ist wiederum der gegenseitige (Erfahrungs-)Austausch. Im besten Fall profitieren alle Beteiligten und erfahren gegenseitige Wertschätzung.

Unverzichtbar: altersgemischte Teams

Vielfach bewährt haben sich seit vielen Jahren Teams, in denen Beschäftigte aus mehreren Generationen miteinander in Projekten sind. Wichtig ist hier, dass es klare Regeln im Hinblick auf die Spielregeln gibt, um mögliche Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen. Je mehr die Beschäftigten unterschiedlicher Altersgruppen miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam Aufgaben lösen, desto mehr schweißt das zusammen. Dabei sollte es zur Kultur des Unternehmens gehören, unterschiedliche Herangehens- und Sichtweisen als Bereicherung und Chance und weniger als Schwierigkeit zu sehen.

Mentoring hat sich bewährt

Fast wie von selbst intensiviert sich der Kontakt zwischen Alt und Jung beim Mentoring: Hier wird ein erfahrener Arbeitnehmer, der Mentor, einer Nachwuchskraft, dem Mentee, zur Seite gestellt. In einem längeren Prozess unterstützt der Ältere den Jüngeren und gibt sein Wissen sowie seine Erfahrung weiter. Auch dies ist ein Konzept, bei dem beide Seite gewinnen: Der Jüngere kann lernen und sich ggf. rückversichern, während sich Ältere bei den „Neuen“ Tipps holen können, was etwa den Umgang mit modernen Technologien angeht.

Wissenstransfer fördern

Ältere Beschäftigte haben in den Jahrzehnten ihres Berufslebens wertvolles Wissen und unbezahlbare Kenntnisse sowie Erfahrungen erworben. In leider immer noch zu vielen Betrieben wird nicht ausreichend darauf geachtet, dass dieses Wissen an die jüngere Generation weitergegeben wird, bevor die Älteren in Rente gehen. Doch dieser Verlust von Wissen kann für Unternehmen durchaus dramatische Folgen haben. Auch der Betriebsrat kann sich hier für die Zukunftsfähigkeit des Betriebs engagieren und entsprechende Programme mit entwickeln oder fördern. Das kann per Mentoring, Coaching, im Rahmen altersgemischter Teams oder bei der täglichen Arbeit im gemeinsamen Büro sein.

Experten-Tipp: Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber

Am besten wird das Projekt Wissensmanagement gelingen, wenn der Betriebsrat von der Geschäftsleitung von Anfang an eingebunden wird. Zwar stehen dem Betriebsrat in der Regel keine gesetzlichen Mitbestimmungsrechte zu. Sie können dem Arbeitgeber aber durchaus klarmachen, dass Ihre Einbindung einen reibungslosen Ablauf der Einführung des Wissensmanagements erleichtert.

Vergessen Sie die Älteren nicht

Für den verbesserten Zusammenhalt zwischen Jung und Alt ist es wichtig, die älteren Beschäftigten nicht zu vernachlässigen. Das kann unter Umständen auch und gerade deshalb leicht passieren, weil in der Regel die jüngeren Beschäftigten ihre Bedürfnisse klarer und lauter artikulieren. Daher ist es wichtig, die altgedienten Mitarbeiter gezielt danach zu fragen, was sie brauchen, um weiter motiviert im Unternehmen tätig zu sein.

Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)