29.08.2018

Sachgrundlose Befristung mit Einschränkung

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat über die Bundesministerien alle Bundesbehörden und außerdem alle Vereinigungen und Verbände Ende Juli 2018 in einem Rundschreiben darauf aufmerksam gemacht, bei nicht erstmaliger Begründung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses wegen der vom Bundesverfassungsgericht genannten Einschränkungsmöglichkeiten äußerste Vorsicht walten zu lassen.

sachgrundlose Befristung

Befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber

In einem Rundschreiben vom 26.7.2018 – D5-31001/9#7 – an die Bundesverwaltung, aber auch an Vereinigungen und Verbände hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat auf die unzulässige sachgrundlose Befristung für den Fall aufmerksam gemacht, dass mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Es wies dabei auf Folgendes hin:

Sachgrundlose Befristung nur einmal zulässig

Den Inhalt von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG legte das Bundesarbeitsgericht (BAG) erstmals mit Urteil vom 4. Juni 2011 aus verfassungsrechtlichen Gründen einschränkend dahingehend aus, dass diese Regelung einer sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegenstehe, wenn ein vorangegangenes Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliege. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 6. Juni 2018 – 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 – die seitens des BAG vorgenommene Rechtsfortbildung für unzulässig erklärt, da sie die Grenzen vertretbarer Auslegung gesetzlicher Vorgaben und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung durch Verletzung des in Art. 2 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips überschreitet. Nach Auffassung des BVerfG gehe die bisherige Auslegung des BAG nicht mit dem Willen des Gesetzgebers einher. Den Gesetzesmaterialien sei hierbei ein klares Regelungskonzept zu entnehmen: Eine sachgrundlose Befristung zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien solle grundsätzlich nur einmal und nur bei der erstmaligen Einstellung zulässig sein.

 

Erneute sachgrundlos befristete Beschäftigung ist unzulässig

Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG stellt das BVerfG fest, dass durch die Norm zwar in die durch Art. 12 Abs. 1, Art 2. Abs. 1 GG geschützte berufliche und wirtschaftliche Berufswahlfreiheit der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer eingegriffen wird, dass dieser Eingriff jedoch grundsätzlich gerechtfertigt ist. Dabei sei zu berücksichtigen, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht nur Kettenbefristungen verhindern soll, sondern in die übergreifende Zielsetzung des Befristungsrechts eingebettet sei, die unbefristete Dauerbeschäftigung als Regelfall zu schützen. Sachgrundlose Befristungen zwischen denselben Vertragsparteien sind somit in aller Regel auf die erstmalige Begründung eines Arbeitsverhältnisses beschränkt. Jede erneute sachgrundlos befristete Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber ist unzulässig. Jedoch ist nach Auffassung des BVerfG „ein Verbot der sachgrundlosen Befristung bei nochmaliger Einstellung bei demselben Arbeitgeber unzumutbar, soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten“ (Rn 62). In Fällen, in denen eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliege, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer gewesen sei, müsse die Regelung nach Ansicht des BVerfG verfassungskonform ausgelegt werden. Das BVerfG nennt hier folgende Konstellationen (Rn 63):

  • bestimmte geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit,
  • die Tätigkeit von Werkstudierenden oder studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung oder
  • eine erzwungene oder freiwillige Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht.

Die vom BVerfG genannten Einschränkungsmöglichkeiten von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sind jedoch noch nicht durch eine fachgerichtliche Rechtsprechung unterlegt.

Autor*in: Werner Plaggemeier (langjähriger Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“)