06.09.2018

Rechtssicher Protokoll führen im Betriebsrat

Protokolle verschwinden manchmal jahrelang in der Ablage, bevor es plötzlich ums Ganze geht: Wird darin deutlich, dass Beschlüsse rechtssicher zustande gekommen sind? War der Betriebsrat überhaupt beschlussfähig? Prüfen Sie jetzt, ob bei Ihren Protokollen alles mit rechten Dingen zugeht.

Protokoll Betriebsratssitzung

Geschäftsführung Betriebsrat. Das Protokoll einer Betriebsratssitzung hat vielfältige rechtliche Bedeutungen: Das Zivilrecht, das BetrVG und sogar das Strafrecht stellen an das Schriftstück eine ganze Reihe von Anforderungen. Außenstehende sollen damit den Verlauf einer Sitzung nachvollziehen können und nicht zuletzt ist das Protokoll ein Beweisstück: Es belegt, was in der Sitzung besprochen und beschlossen wurde.

Rechtsgrundlage des BR-Protokolls

34 BetrVG: „Über jede Verhandlung des Betriebsrats ist eine Niederschrift aufzunehmen, die mindestens den Wortlaut der Beschlüsse und die Stimmenmehrheit, mit der sie gefasst sind, enthält. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied zu unterzeichnen. Der Niederschrift ist eine Anwesenheitsliste beizufügen, in die sich jeder Teilnehmer eigenhändig einzutragen hat.“

Übersicht: Inhalt des Protokolls

  1. Wichtig ist zunächst, eine Anwesenheitsliste zu erstellen. Lassen Sie eine Liste herumgehen, auf der sich jeder Teilnehmer einträgt. Der Mindestinhalt des Protokolls besteht aus:
    – Datum
    – Beginn und Ende
    – Leitung und Schriftführer der Sitzung,
    – Festhalten des vorzeitigen Verlassens bzw. verspäteten Kommens eines Mitglieds
    – dem Wortlaut der Beschlüsse sowie
    – der gesonderten Ausweisung der Ja-/Nein-Stimmen, der Stimmenthaltungen und der Stimmenmehrheiten
  2. Anträge sind auch dann aufzunehmen, wenn sie abgelehnt wurden.
  3. Als Anlage gehören die Tagesordnung, die zugesandten oder verteilten Unterlagen sowie die Anwesenheitsliste dazu.
  4. Eine Sitzungsniederschrift ist stets von zwei Personen zu unterzeichnen: dem Schriftführer und dem BR-Vorsitzenden.

Was muss in der Betriebsratssitzung protokolliert werden?

In § 34 Abs. 1 BetrVG heißt es: „Über jede Verhandlung des Betriebsrats ist eine Niederschrift aufzunehmen”. Deshalb müssen auch Ausschusssitzungen und Arbeitgebergespräche protokolliert werden. Speziell für die Protokolle der Betriebsratssitzungen – ob ordentlich oder außerordentlich – gibt es strenge Regeln. Mindestens der Wortlaut der Beschlüsse muss vermerkt sein sowie bei Annahme die Anzahl der Zustimmenden, bei Ablehnung die Zahl der Ablehnenden. Werden Anträge ohne förmliche Abstimmung angenommen, heißt es im Protokoll „Der Antrag zu (…) wurde ohne Widerspruch angenommen“. Das Protokoll muss vom Betriebsratsvorsitzenden und einer weiteren Person unterschrieben sein. Sinnvoll ist es auch, den Verlauf der Sitzung im Protokoll zu skizzieren. Das ist eine Absicherung für den Fall, dass es im Nachgang zu Streit über die Auslegung von Beschlüssen kommt. Nach § 416 ZPO ist das Protokoll ein Beweismittel, ob Beschlüsse rechtsgültig gefasst wurden. Geprüft wird hier nach § 286 ZPO nicht nur der reine Wortlaut, sondern auch der Verlauf der Verhandlungen.

Wirksame Beschlüsse brauchen ein Protokoll

Beschlüsse des Betriebsrats bleiben zwar auch dann grundsätzlich rechtsgültig, wenn kein Protokoll vorhanden ist. Jedoch dürfte es außerordentlich schwierig sein zu beweisen, dass und wie die Beschlüsse zustande gekommen sind. Beschlüsse, die schriftlich erfolgen müssen, wiez. B. die Übertragung von Aufgaben auf den Betriebsausschuss  gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 BetrVG, sind ohne Sitzungsniederschrift unwirksam.

Wer darf protokollieren?

Wer Protokoll führt, muss durch Geschäftsordnung oder einen Beschluss des Betriebsrats bestimmt werden. Der Betriebsratsvorsitzende kann das nicht allein entscheiden. Die Person kann Mitglied des Betriebsrats sein, es kann sich aber auch um eine außenstehende Person handeln. Für die ordnungsgemäße Verfassung des Protokolls trägt nicht der Schriftführer die Verantwortung, sondern der Betriebsratsvorsitzende. Das Original des Protokolls inklusive der Anwesenheitsliste verbleibt im Besitz des Betriebsrats, auch für die Aufbewahrung trägt der Betriebsratsvorsitzende die Verantwortung. Sobald ein Protokoll unterzeichnet ist, sind nachträgliche Korrekturen verboten. Ausnahme: Wenn sich die Mehrheit der Betriebsratsmitglieder einig ist, dass das Protokoll einen Fehler enthält, kann es – nur per Betriebsratsbeschluss – geändert oder ergänzt werden.

Die Anwesenheitsliste: Keine Lappalie

Schon die Anwesenheitsliste ist weit mehr als eine lästige Formalität. Sie dient der Beweisführung, wer an einem Entschluss beteiligt war. Zudem können Betriebsratsmitglieder damit gegenüber dem Arbeitgeber nachweisen, dass sie anwesend waren, und sich deshalb als teilweise freigestellter Betriebsrat vom Arbeitsplatz entfernen durften. In die Liste trägt sich jeder Teilnehmer handschriftlich ein, also auch Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertreter oder Schwerbehinderten- sowie Jugend- und Auszubildendenvertreter. Kommt ein Mitglied zu spät oder verlässt es die Sitzung früher, muss dies vermerkt werden.

Wer erhält Einblick ins Protokoll?

Den Betriebsratsmitgliedern kann, muss aber keine Kopie des Protokolls zu Verfügung gestellt werden. In der Praxis ist das aber sinnvoll, da die Beschlüsse für den Betriebsrat ja eine wichtige Arbeitsgrundlage darstellen. Auf jeden Fall haben ordentliche Betriebsratsmitglieder das Recht auf Einsichtnahme, sie können sich auch Notizen machen. Haben Außenstehende des Betriebsrates an Teilen der Sitzung teilgenommen, muss ihnen ein entsprechender Auszug aus dem Protokoll zur Verfügung gestellt werden. Ihnen kann auch das gesamte Protokoll übergeben werden, der Arbeitgeber hat kein Recht auf Einsichtnahme.

 

Autor*innen: Martin Buttenmüller (ist Journalist und Chefredakteur des Fachmagazins Betriebsrat INTERN.), Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)