20.07.2022

Personalratsgremium: Keine Alleingänge von Personalratsvorsitzenden

Wird eine neue Dienstvereinbarung in Unternehmen oder Organisationen aufgesetzt, so ist für die Umsetzung ein wirksamer Beschluss des gesamten Personalrats notwendig. Nicht ausreichend ist es, wenn allein der Personalratsvorsitzende die neue Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung unterzeichnet. Das hat das Bundesarbeitsgericht kürzlich für Betriebsräte entschieden; es ist ebenso für Personalräte gültig.

Personalratsgremium

Betriebsvereinbarung sei nicht wirksam zustande gekommen

In einem konkreten Fall ging es um die Neuordnung des Entgeltsystems in einem Unternehmen. Hierzu wurden zwei Betriebsvereinbarungen entworfen, die der Betriebsratsvorsitzende und der Arbeitgeber unterzeichneten. Die erste regelte die neuen Entgeltgrundsätze im Rahmen des Tarifvertrags, die zweite sah den Abbau der Zulagen vor, die bisher gezahlt wurden. Diese sollten nun monatlich um 200 Euro herabgesetzt werden. Einer der betroffenen Mitarbeiter klagte daraufhin gegen das Unternehmen. Durch die neue Betriebsvereinbarung reduzierte sich sein Bruttogehalt von 3824 Euro auf 3624 Euro monatlich, was er nicht einfach hinnehmen wollte. Seine Klage begründete er damit, dass die Betriebsvereinbarung nicht wirksam zustande gekommen sei, da es zum Abschluss der Vereinbarung keinen Betriebsratsbeschluss gegeben habe. Der Vorsitzende habe mit seiner Unterschrift ohne Vollmacht gehandelt.

Entlohnung sei wirksam abgeschlossen worden

Das Arbeitsgericht (ArbG) Wuppertal und das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf wiesen die Klage zurück. Zur Begründung führte das LAG Düsseldorf aus, die Betriebsvereinbarung sei auch ohne Beschluss des Betriebsrats wirksam. Nach den „Grundsätzen der Anscheinsvollmacht“ müsse sich das Gremium sein Handeln zurechnen lassen (LAG Düsseldorf, 15.04.2021 – 11 Sa 490/20).
Die Entlohnung sei wirksam abgeschlossen worden. Die Auffassung des LAG Düsseldorf, dass es um ein Entgeltsystem gehe und daher in besonderer Weise Vertrauensschutz notwendig sei, interpretierte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt schließlich anders. Die dortigen Richter hoben das Urteil des LAG Düsseldorf auf und verwiesen den Rechtsstreit an das ArbG Wuppertal zurück.

Personalrat bildet seinen gemeinsamen Willen durch Beschluss

Übertragen auf den Personalrat bedeutet diese Auffassung des BAG, dass eine vom Personalratsvorsitzenden abgegebene Erklärung zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung nicht durch Anscheinsvollmacht zugerechnet werden kann, wenn das Gremium insgesamt keinen Beschluss gefasst hat. Der Personalrat ist wie der Betriebsrat ein Kollegialorgan, das „seinen gemeinsamen Willen durch Beschluss“ bildet. Eine nicht von einem solchen Beschluss gedeckte Erklärung des Vorsitzenden könne daher keine Rechtswirkungen entfalten – das müsse auch dem Arbeitgeber klar sein, so die Position der Richter in Erfurt. Der Arbeitgeber muss sich selbst vergewissern, dass die Gremien des Personalrats bzw. Betriebsrats der Vereinbarung in einem ordnungsgemäßen Beschluss zugestimmt haben. Denn laut Betriebsverfassung kann der Arbeitgeber eine Personalrats- bzw. Betriebsratssitzung zum Abschluss der Betriebsvereinbarung beantragen und daran teilnehmen.

Personalräte sind gegen Alleingänge ihrer Vorsitzenden abgesichert

Die Entscheidung des BAG klärt unterschiedliche Fragen. Der Arbeitgeber kann kein „gutgläubiges Vertrauen“ in Anspruch nehmen, was den Abschluss von Betriebsvereinbarungen angeht. Er muss sich selbst vergewissern, dass der Personalrat ordnungsgemäß beschließt. Im Gegenzug sind Personalräte damit auch gegen Alleingänge ihrer Vorsitzenden abgesichert – was nicht ordnungsgemäß beschlossen und protokolliert ist, kann der Vorsitzende auch nicht nach außen vertreten. Denn der Personalratsvorsitzende vertritt das Gremium im Rahmen der dort gefassten Beschlüsse. Er ist nicht befugt, Entscheidungen zu treffen, für die grundsätzlich die Willensbildung des Gremiums notwendig ist.

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)