Personalrat darf bei Einführung eines Konferenzsystems mitbestimmen
Eine Kommunalverwaltung benötigt zur Installation eines Konferenzsystems, mit dem Gemeinderatssitzungen aufgezeichnet werden, auch die Zustimmung des Personalrats. Denn es handelt sich um die Einführung und Anwendung einer technischen Einrichtung, die dazu geeignet ist, das Verhalten und die Leistung der Beschäftigten zu überwachen.
Konferenzsystem kann das Verhalten der Beschäftigten überwachen
Das Verwaltungsgericht in Sigmaringen entschied bereits am 2.8.2017 (PL 11K 499/17), dass die Installation eines Konferenzsystems der Zustimmung des Personalrats bedürfe, weil es sich um die Einführung und Anwendung einer technischen Einrichtung handle, die dazu geeignet sei, das Verhalten und die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Als Begründung teilte die Justiz mit, das System zeichne nicht nur die Wortbeiträge von Ratsmitgliedern auf, sondern auch die Aussagen von Stadtangestellten, die gelegentlich in Sitzungen zu Wort kommen. Damit sei das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung berührt.
Der Gemeinderat der Stadt Überlingen beschloss in seiner Sitzung vom 09.11.2016 die Änderung seiner Geschäftsordnung dahingehend, dass zur Erleichterung der Fertigung der Sitzungsniederschrift Tonaufzeichnungen der vollständigen Sitzung zulässig sind. Mit E-Mail vom 20.12.2016 teilte die damalige Oberbürgermeisterin dem Personalrat mit, die Einführung und Anwendung solcher technischen Einrichtungen, die lediglich den störungsfreien Ablauf eines Verfahrens, hier die Erstellung der Niederschrift, überwachen sollen und nur nebenbei eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle einzelner Beschäftigter ergäben, unterlägen nicht der Mitbestimmung.
Oberbürgermeisterin sieht keine Zuständigkeit des Personalrats
In der Begründung teilte die Oberbürgermeisterin mit, dass die Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 75 Abs. 4 Nr. 11 LPVG ausscheide, weil es sich bei der Einführung des Konferenzsystems nicht um eine Maßnahme des Dienststellenleiters handle, auch nicht um eine solche, die ihm personalvertretungsrechtlich zuzuordnen sei. Es handle sich vielmehr um eine Maßnahme des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde für seinen eigenen Wirkungs- und Geschäftsbereich.
Dem Begriff der Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinn sei immanent, dass es sich um eine dem Dienststellenleiter zurechenbare, eigene Entscheidung handeln müsse, die er verantworte. Die Art und Weise und in welcher Form Niederschriften verfasst würden, seien keine Maßnahmen, die der Beteiligung der Personalvertretung unterlägen. Vielmehr handle der Gemeinderat hier kommunalverfassungsrechtlich in eigener Hoheit und Zuständigkeit.
Gericht sieht auch den Schutzbereich der Beschäftigten
Nach § 75 Abs. 4 Nr. 11 LPVG hat der Personalrat, soweit – wie hier – eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über die Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu geeignet sind, das Verhalten und die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Diese Vorschrift hat die im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung des § 79 Abs. 3 Nr. 12 LPVG in der bis 10.12.2013 gültigen Fassung – a.F. – ersetzt und unterscheidet sich dadurch, dass der Personalrat mitzubestimmen hat über Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu „geeignet“ (statt wie bisher dazu „bestimmt“) sind, das Verhalten und die Leistung der Beschäftigten zu überwachen.
Nach der Rechtsprechung des BVerwG zu dem mit § 79 Abs. 3 Nr. 12 LPVG a.F. wörtlich übereinstimmenden § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG (Beschluss vom 23.09.1992 – 6 P 26/90 –, BVerwGE 91, 45–57 ) soll dieses Mitbestimmungsrecht des Personalrats sicherstellen, dass die Beeinträchtigungen und Gefahren für den Schutz der Persönlichkeit des Beschäftigten am Arbeitsplatz, die von der Technisierung der Verhaltens- und Leistungskontrolle ausgehen, auf das erforderliche Maß beschränkt bleiben.
Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich auf solche Einrichtungen, die zur Überwachung lediglich objektiv „geeignet“ sind, ohne dass der Dienststellenleiter bei ihrer Einführung und Anwendung die Absicht hat, sie zu diesem Zweck einzusetzen. Der Schutzzweck der Vorschrift ist darauf gerichtet, den von der Technisierung der Verhaltens- und Leistungskontrolle, insbesondere vom Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung, für den Persönlichkeitsschutz der Beschäftigten ausgehenden Gefahren durch gleichberechtigte Beteiligung der Personalvertretung zu begegnen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 16.12.1987 – 6 P 32/84, DVBl 1988, 355 ff. = Juris zu § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG).
Dass der städtische Datenschutzbeauftragte keine Bedenken hinsichtlich der Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte der Redner geäußert hat, steht der Anwendung der Norm nicht entgegen.