Personalakte: Entfernen einer Abmahnung
Abmahnungen sind für betroffene Arbeitnehmende kein erfreuliches Ereignis, auch deshalb nicht, weil sie in der Personalakte auf Dauer dokumentiert sind. Dagegen können sie sich nun wehren, d.h. sie können vom Arbeitgeber verlangen, den Abmahnungsvermerk aus der Personalakte zu entfernen. Das gilt auch für papiergebundene Personalakten entsprechend Art.17 Abs.1 DSGVO.
Personalakte analog oder digital: DSGVO gilt immer
In einem aktuellen Fall des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm hat eine Klinik einen Oberarzt abgemahnt, weil er während der Rufbereitschaft nicht schnell genug im Operationssaal eingetroffen ist. Mittlerweile ist der Oberarzt aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und erwartet von der Personalabteilung der Klinik, die Abmahnung aus seinen Personalunterlagen zu entfernen. Diese wiederum ist dem nicht nachgegangen mit der Begründung, dass die Personalakten in Papierform vorliegen und die DSGVO daher gar nicht anwendbar sei. Die Richter entschieden sich für den Oberarzt, da Arbeitnehmende nach Ausscheiden aus einem Arbeitsverhältnis nach Art. 17 DSGVO die Löschung der Daten und entsprechend die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen können. Auch bei Akten in gedruckter Form sei die DSGVO anwendbar.
Entfernung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Zu den Voraussetzungen des neu geschaffenen Löschungsanspruchs zählt zum einen, dass es sich bei den Angaben in der Abmahnung um „personenbezogene Daten“ handelt, die sich auf eine klar identifizierbare Person beziehen. Auch in einer in Papierform geführten Personalakte werden personenbezogene Daten verarbeitet, die in einem Datensystem gespeichert sind. Der Löschanspruch der DSGVO gelte daher auch bei Papierakten. Zum anderen entfalle die Warnfunktion einer Abmahnung nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, was für die Löschung spricht. Auch müsse der betroffene Oberarzt gemäß Artikel 17 DSGVO nicht konkret anführen, inwieweit ihm die Abmahnung künftig schaden könne. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wiederum bezieht sich in seiner Rechtsprechung auf einen Anspruch auf Entfernung von Abmahnungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Abmahnungen sind daher nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Personalakten zu entfernen, sowohl bei digitalen als auch bei Akten in Papierform.
Wichtig: Ist der Zweck der Abmahnung nichtig?
Für Personalräte ist es wichtig zu wissen, dass Art. 17 DSGVO einen Löschanspruch – „Recht auf Vergessenwerden“ – gewährt. Mit dem Anspruch, dass dieser auch auf Personalakten in papierner Form anwendbar ist, erhöhen sich nun die Chancen, Abmahnungen aus der Personalakte entfernen zu lassen. Arbeitnehmende müssen allerdings zeigen, dass der Zweck der Abmahnung nichtig ist. Arbeitgeber sind generell dazu verpflichtet, nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses alle Daten bis auf die Stammdaten zu löschen (LAG Hamm, 13.09.2022, Aktenzeichen 6 Sa 87/22).
Vergleichbarer Fall in Sachsen-Anhalt
Auch das LAG Sachsen-Anhalt entschied in einem anderen Fall entsprechend der DSGVO. Im konkreten Fall wurde nach mehr als sechs Jahren Betriebszugehörigkeit einem Marktleiter einer Supermarktkette gekündigt. Dieser war bereits ein Jahr vor der Kündigung von seinem Arbeitgeber abgemahnt worden. Gegen die Kündigung erhob der Marktleiter Kündigungsschutzklage. Zudem äußerte er den Anspruch, dass sein ehemaliger Arbeitgeber die Abmahnung aus seiner Personalakte entfernen solle. Dieser weigerte sich, dem nachzugehen mit der Begründung, dass die Abmahnung rechtmäßig sei und deshalb nicht aus der Akte entfernt werden müsse. Das LAG teilte diese Auffassung nicht, denn wenn die Abmahnung für den Arbeitgeber nicht mehr rechtlich relevant sei, so müsse sie auch aus der Personalakte entfernt werden (Urt. v. 23.11.2018 – 5 Sa 7/17, ArbG Magdeburg, Urt. v. 29.11.2016 – 9 Ca 1235/16).