19.11.2021

Nicht jede Tätigkeit ist „wissenschaftliche Hilfstätigkeit“

Hochschulen und Universitäten können befristete Verträge für Studierende nicht bei allen Tätigkeiten ausstellen. Dies ist nur für wissenschaftliche Hilfstätigkeiten rechtmäßig, die das wissenschaftliche Personal in Forschung und Lehre unmittelbar unterstützen, entsprechend dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Sekretariats- und andere Tätigkeiten organisatorischer Natur in einer Universität zählen nicht dazu.

Arbeitsvertrag

Ehemalige Studentin wollte unbefristete Stelle

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat hierzu am 2. Oktober 2021 ein Urteil veröffentlicht (Az.: 7 AZR 245/20). Eine ehemalige Studentin wollte per Klage eine unbefristete Stelle geltend machen. Die ehemalige Informatikstudentin an der FU Berlin arbeitete sechs Jahre lang mit mehreren befristeten Verträgen am „Center für Digitale Systeme (CeDiS)“, einer zentralen Einrichtung der Universität, die die Universitätsmitarbeiter bei der Nutzung digitaler Medien und Technologien unterstützt.

Klage um Entfristung

Der letzte befristete Vertrag der Informatikerin endete am 30. April 2018. Mit ihrer Klage wollte sie nun ein unbefristetes Arbeitsverhältnis erwirken. Nach ihrer Auffassung sei der befristete Vertrag auf der Grundlage des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes unzulässig. Denn laut Gesetz können Arbeitsverträge mit Studierenden „zur Erbringung wissenschaftlicher oder künstlerischer Hilfstätigkeiten“ auf maximal sechs Jahre befristet werden. Diese Formulierung bezieht sich aber auf die Unterstützung der wissenschaftlichen Arbeit anderer in Forschung und Lehre, so die Erfurter Richter. Zentral ist, dass es sich um eine wissenschaftliche Hilfstätigkeit handle und nicht um eine generelle Nebentätigkeit, etwa um Hilfstätigkeiten im organisatorischen Grundlagenbereich wie beispielsweise Sekretariats- und Verwaltungsaufgaben, allgemeine Tätigkeiten in Bibliotheken oder für den technischen Betriebsdienst. Zur wissenschaftlichen Tätigkeit zählen z.B. die Korrektur von Klausuren und sonstigen Übungsarbeiten, die Zusammenstellung wissenschaftlicher Materialien oder die unmittelbare Unterstützung von Hochschullehrern und Hochschullehrerinnen bei deren wissenschaftlicher Arbeit oder bei der Forschung.
Dies stehe im Einklang mit dem Ziel des Gesetzes, den Studierenden mit wissenschaftlichen Hilfstätigkeiten die Möglichkeit zu geben, bereits während des Studiums eine wissenschaftliche Tätigkeit auszuüben. Auch sei es nicht zulässig, dass die Landesgesetze davon abweichen, um längere Befristungen zu ermöglichen.

Keine wissenschaftliche Tätigkeit

Bei der Arbeit der Informatik-Studentin handelte es sich nach dem Erfurter Urteil nicht um wissenschaftliche Arbeit. Entscheidend seien „die Umstände bei Vertragsschluss“. Wenn die Tätigkeiten sich im Laufe der Zeit auch änderten, in Richtung wissenschaftliche Tätigkeit beispielsweise, so sei dies nicht maßgeblich für den Status. Die Klägerin habe nicht „unmittelbar für eine wissenschaftliche Einrichtung“ gearbeitet, sondern bei der zentralen CeDiS-Einrichtung, einer Abteilung, in der keine Forschung und Lehre betrieben werde. Die Studentin hat zwar wissenschaftliche Einrichtungen der FU Berlin technisch beraten, ihre Leistungen haben aber nicht mit dem wissenschaftlichen Inhalt der von ihr betreuten Fachbereiche in Verbindung gestanden.

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)