„Nein zum Krieg!“ – Betriebsräte dürfen sich politisch äußern
Der Betriebsrat ist das Sprachrohr der Belegschaft. Er ist dafür zuständig, dem Arbeitgeber die Sorgen, Meinungen und Wünsche der Beschäftigten zu kommunizieren. Absolut tabu sind jedoch parteipolitische Äußerungen. Das bedeutet aber keineswegs, dass sich Betriebsräte überhaupt nicht politisch äußern dürfen. BAG, Beschluss vom 17.03.2010, Az.: 7 ABR 95/08
Worum geht es?
Arbeitsrecht. Der Betriebsrat eines deutschen Unternehmens, das zu einem amerikanischen Rüstungskonzern gehört, hatte im Jahr 2003 anlässlich des Irak-Krieges ein mit „Nein zum Krieg!“ überschriebenes Schriftstück im Betrieb ausgehängt. Im Jahr 2007 hatte er die Beschäftigten des Betriebes zur Beteiligung an einem Volksentscheid in Hamburg aufgerufen, der das Ziel verfolgte, eine Volksabstimmung einzuführen. Der Arbeitgeber wertete diese Aktivitäten als Verstoß gegen das gesetzliche Verbot parteipolitischer Betätigungen und forderte deshalb Unterlassung, indem er gerichtlich beantragte, dem Betriebsrat bestimmte politische Äußerungen zu untersagen.
Das sagt das Gericht
Das Gericht gab dem Betriebsrat Recht. Der Arbeitgeber habe keinen Unterlassungsanspruch. Zwar seien dem Betriebsrat gemäß § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG parteipolitische Betätigungen im Betrieb untersagt. Dieses parteipolitische Neutralitätsgebot erfasse aber nicht jede allgemeinpolitische Äußerung und sei zum anderen bei einem Verstoß des Betriebsrats nicht mit einem Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers sanktioniert. An der begehrten Feststellung, dass der Betriebsrat nicht berechtigt sei, im Betrieb Äußerungen zum Irak-Krieg abzugeben, habe der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse mehr. Der Antrag des Arbeitgebers, mit dem festgestellt werden sollte, dass der Betriebsrat nicht berechtigt sei, Beschäftigte zur Teilnahme an politischen Wahlen oder Abstimmungen aufzufordern, sei unbegründet. Eine Aufforderung zur Wahlbeteiligung stelle keine parteipolitische Betätigung dar. BAG, Beschluss vom 17.03.2010, Az.: 7 ABR 95/08
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Als Betriebsrat sind Sie nicht daran gehindert, für oder gegen bestimmte allgemeinpolitische Positionen einzutreten. Als allgemeinpolitische Betätigung sind nach der Rechtsprechung z. B. Meinungsäußerungen oder Aktivitäten zu den in der Übersicht aufgeführten Themen erlaubt.
Übersicht: Zulässige politische Betätigung im Betrieb
- Auseinandersetzung mit ausländerfeindlichen oder rechtsextremen Aktivitäten
- Umweltschutz und ökologische Gefährdung der Lebensgrundlagen
- Veränderungen der Arbeit durch neue Technologien, Arbeitslosigkeit und Beschäftigungspolitik
- Friedensbewegung und Abrüstung
- Anti-Atom-Bewegung
- Nutzung der Kernenergie
Gesetz kennt keinen Unterlassungsanspruch gegen den Betriebsrat
Ein Unterlassungsanspruch gegen den Betriebsrat ist gesetzlich nicht vorgesehen. Aufgrund der Vermögenslosigkeit des Betriebsrats wäre ein solcher Anspruch für den Arbeitgeber auch nicht vollstreckbar.
Hinweis
Auch Äußerungen zu tarifpolitischen, sozialpolitischen oder wirtschaftlichen Angelegenheiten, die einen konkreten betrieblichen Bezug haben oder die Belegschaft unmittelbar betreffen, sind zulässig.