Nachrücker für freigestellte Betriebsräte werden gewählt
Scheidet ein „normales“ Betriebsratsmitglied aus dem Gremium aus, rückt das entsprechende Ersatzmitglied nach. So weit, so klar. Unklar ist hingegen oft, wie vorzugehen ist, wenn ein freigestelltes Betriebsratsmitglied ausscheidet. In diesem Fall muss das Gremium durch (Neu-)Wahl bestimmen, wer nachrückt.
Worum geht es?
Geschäftsführung Betriebsrat. Ein aus elf Mitgliedern bestehender Betriebsrat wählte in seiner konstituierenden Sitzung zwei freizustellende Betriebsratsmitglieder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. An der Wahl beteiligten sich zwei Listen mit jeweils zwei Kandidaten. Auf den Vorschlag der Liste 1 entfielen sieben Stimmen, auf den Vorschlag der Liste 2 entfielen drei Stimmen. Nach den Grundsätzen der Verhältniswahl waren damit die beiden Kandidaten der Liste 1 als freizustellende Betriebsratsmitglieder gewählt. Nach dem Ausscheiden eines der beiden freigestellten Betriebsratsmitglieder wählte das Gremium eine Betriebsrätin im Wege der Mehrheitswahl mit sechs Stimmen bei drei Gegenstimmen als ersatzweise freizustellendes Betriebsratsmitglied. Ein Betriebsratskollege erklärte in der Folge die Anfechtung der Freistellungswahl. Er argumentierte, dass seines Erachtens das ersatzweise freizustellende Betriebsratsmitglied nicht im Wege der Mehrheitswahl hätte gewählt werden dürfen. Vielmehr sei er (als an erster Stelle der Liste 2 stehender Kandidat) in entsprechender Anwendung von § 25 Abs. 2 Satz 2 BetrVG aufgrund der in der konstituierenden Sitzung erfolgten Wahl als freizustellendes Betriebsratsmitglied nachgerückt.
Das sagt das Gericht
Das Gericht erklärte die Wahlanfechtung für unbegründet. Das Gesetz enthalte eine planwidrige Regelungslücke für den Fall des Ausscheidens eines im Wege der Verhältniswahl in die Freistellung gewählten Betriebsratsmitgliedes während der Amtszeit. In diesem Fall sei die Regelungslücke durch eine entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu schließen. Danach sei das ersatzweise freizustellende Mitglied derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, der das zu ersetzende Mitglied angehört habe. Sei diese Vorschlagsliste erschöpft, sei das ersatzweise freizustellende Ersatzmitglied nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl zu wählen und nicht der Vorschlagsliste zu entnehmen, auf die bei der ursprünglichen Freistellungswahl die nächste Höchstzahl entfallen wäre. Eine entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 BetrVG komme entgegen der Auffassung des Klägers nicht in Betracht. Die Durchführung einer Nachwahl erfordere auch keinen darauf gerichteten einstimmigen Betriebsratsbeschluss. BAG, Beschluss vom 21.02.2018, Az.: 7 ABR 54/16
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Scheidet ein freigestelltes Betriebsratsmitglied während der Amtszeit aus dem Betriebsrat aus, so kommt es dadurch zu einer Unterschreitung der Mindestzahl freizustellender Betriebsratsmitglieder. Diese Unterschreitung bedarf eines Ausgleichs in Form einer Nachwahl, weil die nach dem Gesetz vorgesehene Mindestzahl an Freistellungen nach der gesetzlichen Konzeption für die gesamte Amtszeit des Betriebsrats und nicht nur für die erstmalige Freistellungswahl maßgeblich ist. Nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG werden die freizustellenden Betriebsratsmitglieder nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Diese Wahl kann entsprechend § 19 BetrVG durch ein einzelnes oder mehrere Betriebsratsmitglieder angefochten werden. Die Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG beginnt mit der Feststellung des Wahlergebnisses durch den Betriebsrat.